Nochmal eine ganz kurze Anmerkung bzgl. GdB: das Antragsverfahren kann sich durchaus auch in die Länge ziehen und ist auch viel Papierkram, den du organisieren musst und ich würde dir dringend eine Rücksprache mit deinen behandelnden Ärzt*innen empfehlen, ob es für deine Erkrankung realistisch ist, dass du einen GdB bekommst. Wichtig: dieser ist aber für alle Nachteilsausgleiche, die du im Studium bekommen kannst auch KEINE Voraussetzung. Es reicht dafür aus, dass es eine chronische Erkrankung ist und ein GdB ist dafür definitiv nicht nötig & hilft dir auch nicht zwingend weiter - auch mit einem GdB wirst du die geforderten Nachweise trotzdem erbringen müssen, weil Nachteilsausgleiche einschränkungsspezifisch sind und die Uni logischerweise einen Nachweis über die Einschränkungen braucht, um die Nachteilsausgleiche anpassen zu können. Das ist aber u.a. in der Broschüre, die ich dir weiter oben verlinkt hatte, auch alles beschrieben.
Zu deinen Attesten/ Nachweisen: auch, wenn du das als sehr unfair empfindest, ist das formale Vorgehen der Uni rechtlich korrekt. Die Fristen, wann Nachweise da sein müssen und welche Form sie haben müssen, sind geregelt und die Pflicht, dass sie fristgerecht da sind, liegt bei dir. Wenn deine Abschlussarbeit irgendwo auf dem Weg zur Uni verloren geht, ist auch das dein Problem und nicht das Problem der Uni. Du bist hier, auch bei einer Erkrankung in der Bringschuld. Es hilft dir nicht weiter, dich in "die Uni schikaniert mich" weiter reinzusteigern, auch, wenn ich das emotional verstehen kann. Es ist aber schlicht das normale Vorgehen, das alle chronisch erkrankten und/ oder behinderten Studierenden mit Nachteilsausgleichen betrifft - ja, auch mein querschnittsgelähmter Kommilitone muss 1x/ Semester eine fachärztliche Bescheinigung bringen, dass er immer noch querschnittsgelähmt ist. Unnötige Bürokratie, ja, aber keine persönliche Schikane. Auch für Ärzt*innen ist das keine absolute Seltenheit; dass für diese Zeit auch sehr kostbar ist und ein Attest eventuell mal länger dauert, kann ich mir vorstellen, aber insbesondere mit dem Hintergrund "Ist leider so Vorschrift an der Uni und ich brauch es bis zum Zeitpunkt X, damit ich es fristgerecht zum Tag Y einreichen kann" funktioniert das in aller Regel auch. Wenn dein Hausarzt da querschießt, weil er nicht verstanden hat, wofür und wie die Uni das Attest braucht, lässt du es dir in Zukunft eben vom Neurologen ausfüllen. Es ist nicht die Aufgabe deiner Uni, Rücksicht auf Ärzt*innen zu nehmen, die ihr Zeitmanagement nicht auf die Reihe kriegen. Es ist nicht unzumutbar für Ärzt*innen, solche Bescheinigungen auszustellen, sondern Teil ihrer Arbeit.
Und es ist nicht so selten, wie du denkst, sondern viele Studierende sind davon betroffen. Ich habe das in der ersten Antwort schon aufgeführt, auch ich wurde mit einer schweren chronischen Erkrankung während des Studiums diagnostiziert und vollständig aus meinem damaligen Leben gerissen. Deshalb kann ich deine Wut, deine Unsicherheit und deine Sorgen nachvollziehen. Als gut gemeinter Rat, weil ich das selbst schon durch habe, auch inklusive Facharztatteste einreichen während ich am anderen Ende von Deutschland in einer Rehaklinik saß: du wirst das System an der Uni nicht ändern. Du hast vermutlich Anspruch auf Nachteilsausgleiche, dafür hast du aber auch gewisse Pflichten (Form und Frist der Nachweise), die du erbringen musst. Das ist zusätzliche Arbeit für dich, das ist belastend und es kann sich unfair anfühlen. Du wirst aber nicht damit weiterkommen, wenn du dich schikaniert siehst und dich so dagegen sträubst, weil es nichts daran ändert, welche Nachweise du erbringen musst.
Ich sehe deine Schwierigkeiten und ich sehe auch sämtliche Emotionen die damit einhergehen und gerade deshalb ist es vielleicht auch eine gute Idee, das zweite Krankheitssemester zu nehmen (und ja, ich meinte im ersten Beitrag nicht dein 2. Studiensemester, sondern dein zweites Semester mit Erkrankung/ nach Diagnosestellung - wenn dir das Verfahren bekannt ist & sich alles mit dir und der Uni eingespielt hat. Es wird einfacher.) Solche krassen Erkrankungen in dieser Lebensphase sind extrem herausfordernd, kräftezehrend und einfach beschissen. Mit deinem Kampf gegen eine vermeintliche Schikane, die aber absoluter Standard von Abläufen ist (wie dir hier auch schon mehrere User*innen erklärt haben), machst du dir einen zusätzlichen Kampf auf, der zusätzliche (u.a. emotionale und zeitliche) Ressourcen bindet und der bereits jetzt verloren ist, weil - auch wenn der menschlich-kommunikative Umgang deinen Schilderungen nach nicht in Ordnung ist. In der Sache bzgl. der Nachweise/ Atteste handelt deine Uni aber formal richtig und der Kampf gegen die Uni wird dir weder für deine Erkrankung noch für dein Studium weiterhelfen. Im Übrigen schikaniert dich deine Uni allein deshalb schon (formal!) nicht mit den Nachweisen/ Attesten, weil das:
schon sehr kulant war (ja, der Situation angemessen, aber keine Verpflichtung der Uni).
Long story short: nimm das zweite Krankheitssemester, da du zum aktuellen Zeitpunkt ja deiner eigenen Aussage nach wg. der Medikamente und Schmerzen nicht in der Lage bist zu studieren. Wenn in diesem Zeitraum eine OP erfolgen kann, die deutlich lindert oder heilt, umso besser - dann kannst du danach weitestgehend normal starten. Wenn nicht, hattest du zumindest ein Semester Zeit, dich mit den verschiedensten Institutionen (Uni, Studiwerk, ggfs. externe Beratungsstellen, evtl. krankheitsspezifische Gruppen/ Verbände) und Menschen auseinanderzusetzen und einen Plan bzw. Perspektive zu entwickeln. Die Rücksprache mit deinen Ärzt*innen hinsichtlich Prognose der Studierfähigkeit erscheint mir auch wichtig, da hattest du oben geantwortet, dass es bisher nur um deine akute Erkrankung ging. Die Pflegesituation wirkt auf mich auch nicht gesundheitsförderlich, auch hier gäbe es im Krankheitssemester die Möglichkeit, in Ruhe eine Lösung anzugehen um auch dich perspektivisch zu entlasten.
Ich wünsche dir alles Gute, eine gute Klinik, die sich die OP zutraut, und eine schnellstmögliche Linderung deiner Symptome! Halt die Ohren steif.
Viele Grüße