Liebe Mr Happy,
zunächst einmal möchte ich dich dafür loben, dass du so viel Durchhaltevermögen und Kraft zeigst, weiter zu kämpfen. Dies zeugt von charakterlicher Stärke.
Anders als andere KuK denke ich, dass das Fliehen keine Lösung des eigentlichen Problems darstellt. Wenn du weg bist, wird der nächste Quereinsteiger eingestellt, der vielleicht zwei, drei Jahre durchhält, ohne auch nur ansatzweise was zu bewirken, um dann wieder zu kündigen.
Man darf nicht vergessen, dass auch diese Schülerschaft das Recht hat, adäquat beschult zu werden. Zudem stehen wir vor einem gesellschaftlichen Problem, wenn sich keiner bereit erklärt, etwas an jenen Standorten verändern zu wollen. Wohin mündet die Flucht eigentlich? Viele Schüler verlassen die Schule ohne Abschluss und suchen Wege der Kriminalität.
Auch die genuinen Ursachen mit m.E. sinnfreien Fortbildungen zu bekämpfen, ist meiner Meinung nach nicht zielführend.
Viel wichtiger ist es m.E. aus der Resource der Kollegialität mehr Nutzen zu schöpfen. Zusammenhalt muss dahingehend gestärkt werden, um gemeinsam nach möglichen Lösungen zu suchen. Ihr dürft dabei niemals auf utopische Ziele setzen, wie die Gesamtsituation ins Positive zu verändern. Sucht Bausteine, die man realistisch ankämpfen kann.
Baut Krisenteams auf, die die größten Baustellen anvisieren. Ein Team aus Lehrern kümmert sich um direkte Gespräche mit dem Schulrat oder anderen leitenden Personen.
Außerdem empfehle ich auch, nicht nur Eltern einzubeziehen, sondern auch andere einflussreiche Personen innerhalb des Schülermilieus. Beispielsweise holt ihr den Imam einer Moschee direkt mit ins Boot bei Elterngesprächen. Diese haben einen erheblichen Einfluss auf Eltern, die die Lehrkräfte nicht ernst nehmen.
Bei einem kurdischen Schüler beispielsweise, der sehr gewaltbereit war und der Vater aufgrund seiner Selbstständigkeit kaum die Kraft investieren wollte, etwas zu ändern, besuchten wir den Vereinsvorstand eines kurdischen Vereins, der beim Elterngespräch mit dabei war. Der Vater fing seit dem an, erzieherisch gegen seinen Sohn vorzugehen.
Mein Bruder, der Sozialarbeiter ist, half einem Kollegen, der stets damit zu kämpfen hatte, dass SchülerInnen aus dem Milieu der Roma kaum am Unterricht teilnahmen und gar den Unterricht sabotierten, indem er den Clanführenden aufklärte und darum bat, für Besserung zu sorgen. Zum Ende der zehnten Klasse hatten mehr als ein Dutzend Romaschüler den Hauptabschluss erlangt.
Natürlich sind derartige Wege mit einem enormen Zeitaufwand verbunden. Gleichzeitig gehen sie mit einem kräfteraubenden Engagement einher, aber sie sorgen immerhin für realistische Lösungen.
Ich wünsche dir nichtsdestotrotz weiterhin viel Kraft und Erfolg ! Halte durch !