Welche "vielen Gesellschaften" sollen das denn sein? Im PISA-Ranking ist China 3 x vertreten in Form von VR China, Macau und Hongkong (man könnte auch Taiwan noch dazunehmen, aber sei's drum). Deren Ergebnisse halte ich für keinesfalls repräsentativ für die chinesische Gesellschaft, das zeigt ja schon die tendenziöse Auswahl der Städte und Regionen, in denen der Test überhaupt durchgeführt wird. Dann sehe ich da nur noch Japan, Südkorea und Vietnam auf den oberen Plätzen. Zahlreiche andere ostasiatische Länder wie die Philippinen, Indonesien, Thailand und Malaysia landen weit abgeschlagen auf den hintersten Plätzen. Vielleicht sollte man mal zur Kenntnis nehmen, dass dort auch einige europäische Länder wie Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Albanien zu finden sind. Während Länder wie Deutschland, Frankreich und die Schweiz immerhin über dem OECD-Durchschnitt rauskommen. Vielleicht sollte man sich also insgesamt sehr viel weniger darum kümmern, wie die Chinesen ihre Kinder nun zu den festgestellten Matheleistungen drillen.
Spannender sind da schon die Langzeittrends bezogen auf das jeweilige Land. Da darf man sich durchaus die Frage stellen, was dazu geführt hat, dass die deutschen Ergebnisse z. B. erst mal besser und dann wieder schlechter wurden. Ich kann mich nicht erinnern, dass man gross darüber diskutiert hätte, warum's besser geworden ist, schlechter ist hingegen immer den ganz grossen Skandal wert. Vielleicht ist das die falsche Sichtweise auf die Dinge. Ein ganz grosser Kritikpunkt an der PISA-Studie ist ausserdem immer schon, dass sie immer die drei gleichen "Kompetenzen" abfragt und grosse Teile der Allgemeinbildung völlig ausblendet. Ich würde mich fast wetten trauen, dass unsere mitteleuropäischen Jugendlichen im Bereich politische Bildung erheblich besser abschneiden, als die indoktrinierten Chinesen. Würden wir dann immer noch über "dysfunktionale Familien" diskutieren lamentieren, wenn's eine solche Erhebung gäbe?
Was ich für die Schweiz feststellen kann: Der PISA-Trend zeigt für die Leistungen in Mathematik bereits seit 2012 nach unten, die Studienerfolgsquote, auch im Bereich MINT, z. B. blieb im gleichen Zeitraum hingegen unverändert. Aus unserem aktuellen Bildungsbericht lese ich heraus, dass die Studienabbruchquote im Bereich der Geisteswissenschaften seit den 1970ern um 25 % zurückgegangen ist. Ich dachte aber, früher sei alles besser gewesen? Es heisst in den Schlussfolgerungen des Berichts übrigens, der Trend sei im benachbarten Ausland genau der gleiche. Glaube ich jetzt einfach mal, ohne selbst die Primärquellen rauszusuchen.