Mal was anderes, es ist ja gerade eine Petition im Umlauf, Höcke die Grundrechte entziehen zu lassen. Hat sich jemand von den Auskennenden damit auseinandergesetzt? RosaLaune oder CDL zum Beispiel? Der Weg ist zwar wohl zu spät für kommende Wahlen aber von ernstzunehmenden Menschen in der Öffentlichkeit für durchaus unterstützenswert erwogen worden.
Der Vorschlag, Björn Höcke nach Art. 18 GG die Verwirkung der Grundrechte auszusprechen, wird im Grunde ernsthaft diskutiert seitdem die ehemalige Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff das im Zeit-Podcast Das Politikteil erwähnt hat. Die Folge (vom 6. Oktober [Link]) ist empfehlenswert, da ging es grundsätzlich um Parteiverbote, insbesondere um ein mögliches Verbot der AfD.
Art. 18 GG ermöglicht es, natürlichen und juristischen Personen bestimmte Grundrechte zu verwirken, sofern diese Grundrechte genutzt werden um die freiheitlich-demokratische Grundordnung abzuschaffen.
Zitat
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
Es können nur die genannten Grundrechte verwirkt werden, die vor allem politischer Natur sind, d. h. die Menschenwürde, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und die Religionsfreiheit sind von einer Grundrechtsverwirkung ausgenommen. Es geht hier also ganz konkret darum, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen. Nun kam es bisher in der Geschichte der Bundesrepublik nicht zu einer solchen Grundrechtsverwirkung. Die Bundesregierung hat aber vier mal entsprechende Verfahren in die Wege geleitet:
- Nach dem Verbot der NSDAP-Nachfolgepartei Sozialistische Reichspartei 1952 gegen deren Vorsitzenden Otto Ernst Remer, das 1960 vom Bundesverfassungsgericht negativ beschieden wurde,
- 1969 gegen den rechtsextremen Politiker Gerhard Frey (NPD, DVU), das 1974 negativ vom Bundesverfassungsgericht beschieden wurde,
- 1992 gegen zwei Neonazis, hier sah das BVerfG keine Begründetheit der Anträge, da beide zuvor aus der Strafhaft auf Bewährung entlassen wurden.
Aus den Verfahren lässt sich auch wenig über die Erfolgsaussichten schlussfolgern, da anders als bei den bisherigen Parteiverbotsverfahren vom Gericht keine Kriterien herausgearbeitet wurden, die erfüllt sein müssen, damit ein solcher Antrag Erfolg hat. Ich persönlich halte eine Grundrechtsverwirkung aber für sehr viel wahrscheinlicher als ein AfD-Verbot, da es einer einzelnen Person sehr viel einfacher nachzuweisen sein dürfte, gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu kämpfen als einer Partei. Nehmen wir nur das Beispiel der neuen Wannseekonferenz zur Remigration genannten Deportation von Millionen von Deutschen. Der AfD kann hier nicht nachgewiesen werden, dass sie diesen vorgetragenen Vorschlag mitträgt, da nur einzelne Parteimitglieder an dieser Konferenz teilgenommen haben, aber insbesondere nicht die offizielle Parteiführung. Den einzelnen Mitgliedern, die dort aber dabei waren, kann man es womöglich nachweisen und – sollte von ihnen eine realistische Gefahr ausgehen – womöglich die Grundrechte verwirken.
Wie so eine Verwirkung dann konkret aussieht, weiß wohl keiner. Der Betroffene dürfte wohl nicht mehr an Versammlungen teilnehmen oder publizistisch wirken. Wie genau das kontrolliert wird, kann ich mir nur schwer vorstellen. Viel entscheidender ist aber die Möglichkeit des Bundesverfassungsgerichts nach §39 II Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Dort heißt es nämlich, dass das Gericht für die Dauer der Grundrechtsverwirkung das Wahlrecht, die Wählbarkeit und die Befähigung zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkennen kann. Damit könnte Höcke dann auch von der Wahl ausgeschlossen werden oder, so er denn schon gewählt ist, als Abgeordneter sein Mandat oder gar als Ministerpräsident sein Amt verlieren.