Unter deiner Quelle steht nur, dass der AG einen Notdienst mit den Gewerkschaften vereinbaren soll. Das irgendwelche Gerichte das dann entscheiden, ist deine Einschätzung als Laie und sicherlich keine Rechtsgrundlage.
Dann schau meinetwegen bei Haufe rein. Ich kann dir keine eine Rechtsgrundlage nennen, weil wir uns eben im Bereich des Richterrechts bewegen. Die Grundlagen hier sind keine schlanken Gesetze, sondern bindende Urteile. Sollte die Gewerkschaft sich gegen einen Notdienst aussprechen, können aber eben die Gerichte bemüht werden. Wir hatten erst vor einem Jahr einen sehr prominenten Fall, als die EVG streikte und verdi die Autobahn GmbH bestreiken wollte. Dies hätte den Hamburger Elbtunnel betroffen. Die Masse von Streik im Straßen- und Schienenverkehr wäre aber so stark gewesen, dass der Streik nicht verhältnismäßig war und ein Notdienst beim Elbtunnel eingerichtet werden musste, wie das LAG Hamburg dann urteilte.
Die meisten Fälle werden sicherlich nicht vom BVG und BAG verhandelt. Sicherlich ist es richtig, dass die Gerichte Rechtsprechung mit definieren. Aber dein Bild von unserem Rechtssystem würde ich nicht so unterschreiben. Es kann doch nicht unser Anspruch sein, dass Gerichte unser Rechtssystem definieren.
Warum kann der Gesetzgeber die Gesetze nicht ändern? Wenn wir nicht im Bereich der Ewigkeitsklausel sind, steht es dem Gesetzgeber selbstverständlich frei Gesetze und Verfassung zu ändern. Und das ist auch gut so. Schließlich sind wir eine Demokratie.
Gerade wenn in einem Bereich das Rechtssystem nur auf die Rechtsprechung der Gesetze beruht, ist das Parlament gefragt. Sich darauf auszuruhen, dass Gerichte schon richtig entscheiden werden, ist nicht mein Demokratieverständnis.
Du musst schon richtig lesen. Ich sprach davon, dass das BVerfG (nicht BVG) Grundsätze zur Koalitionsfreiheit aufgestellt hat. Diese sind Verfassungsrecht. Der Gesetzgeber kann aber die Verfassung nicht ändern, das kann nur der Verfassungsgesetzgeber. Ob die Koalitionsfreiheit sich direkt aus der Menschenwürde ergibt und damit auch unter den Schutz der Ewigkeitsklausel fällt, würde ich zwar grundsätzlich verneinen, eine Abschaffung der Koalitionsfreiheit oder eine Spezifizierung, dass die Koalitionsfreiheit nicht den Streik umfasst, wäre insofern wohl möglich, aber: die Mehrheiten wird es nicht geben. Nicht heute, nicht morgen und auch nicht in Zukunft. Von daher bleibt eine Diskussion über die verfassungsrechtlich geschützten Rechte im Arbeitskampf vor allem akademisch.
Und wenn ich da mal Wikipedia zitieren darf:
Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (Art. 97 Abs. 1 GG, § 1 GVG, § 25 DRiG). Aufgabe der Richter ist die Rechtsprechung, die wiederum an Gesetz und Recht gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG). Die richterliche Unabhängigkeit stellt es dem Richter frei, die bisherige Rechtsprechung anderer Gerichte im Rahmen der Subsumtion zu einem bestimmten Fall zu berücksichtigen oder nicht. Selbst „höchstrichterliche Urteile sind kein Gesetzesrecht und erzeugen keine damit vergleichbare Rechtsbindung“, urteilte das Bundesverfassungsgericht.[9] Denn durch das Abweichen von einer früher vertretenen Rechtsansicht verstößt der Richter grundsätzlich nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG.[10] Gleichwohl beachten Richter die auf einen Fall zutreffende Rechtsprechung insbesondere der obersten Gerichte.
Ja, Gesetze gehen vor Richterrecht. Insofern kann der Gesetzgeber Urteile der Gerichte dadurch umgehen, dass er die Gesetzeslage ändert. Wenn es um die Rechtsprechung des BVerfG geht, dann bedarf es aber dafür eben auch den Verfassungsgesetzgeber. Was anderes habe ich nie behauptet. Aber anders als du weiter oben sagst, wirkt die Rechtsprechung sehr direkt an der Fortbildung des Rechts mit.
Mit Demokratie hat das auch wenig zu tun. Die anglophonen Demokratien sind nicht weniger demokratisch, nur weil dort das Richterrecht einen höheren Stellenwert hat. Daher halte ich dein Demokratieverständnis auch für unbrauchbar.