Wenn es kein Verbotsverfahren gibt, ist die AfD damit eine demokratische Partei wie alle anderen Parteien auch. Entsprechend haben sie dann auch moralisch einen Anspruch auf Gleichbehandlung, was die Finanzierung, die Besetzung der Bundestagsausschüsse, Die Koalitionsfähigkeit etc. angeht.
Was die Finanzierung angeht, ja. Aber da wird die AfD auch nicht ausgegrenzt. Sie wird ja jetzt auch für ihre politische Stiftung entsprechend Gelder erhalten.
Aber was Personalien im Bundestag und Koalitionsfähigkeit angeht: es gibt hier keine Ansprüche. Niemand ist gezwungen, mit jemand anderes zu koalieren, auch nicht moralisch (was soll das überhaupt sein?). Es ist auch niemand gezwungen, einen AfD-Abgeordneten zum Ausschussvorsitzenden oder Bundestagsvizepräsidenten zu wählen. Abgeordnete sind in der Ausübung ihres Mandates frei und nur ihrem Gewissen unterworfen, nicht den moralischen Vorstellungen anderer verpflichtet.
Tatsächlich sehe ich den Aspekt der Potenzialität bezogen auf die AfD anders und gehe davon aus, dass diese- anders als die NPD- diesen problemlos erfüllt. Das habe ich zuletzt auch dementsprechend bei einem Staatsrechtler gelesen, der dennoch 2024 noch davon ausgegangen ist, dass ein Verbotsverfahren voraussichtlich erfolglos bleiben würde, da es schwierig wäre den Nachweis zu führen, dass die Partei in der Breite auf die Abschaffung der freiheitlich- demokratischen Grundordnung ausgerichtet wäre. Ich gehe davon aus, dass mit der Neubewertung des Verfassungsschutzes jetzt auch dieser Nachweis gerichtsfest möglich sein wird.
Die Potenzialität im Sinne des BVerfG erfüllt die AfD, davon gehe ich auch aus. Der EGMR ist da in seiner Auslegung aber strenger. Da geht es unter anderem um den Einsatz von Gewalt. Das sehe ich bei der AfD als Partei nicht, bei der Anhängerschaft nur vereinzelt. Und der EGMR nimmt auch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor. Ein pauschaler Verlust aller Sitze in den verschiedenen Organen des Staates, wie es das Grundgesetz vorsieht, ist mit dem EGMR nicht zu machen. Das Parteienverbot des Grundgesetzes ist durch die völkerrechtliche Verpflichtung aus der Europäischen Menschenrechtskonvention deutlich weniger schnittig geworden.