Inzwischen habe ich festgestellt, dass sich das Mädchen beim Umziehen vom Sport von den anderen absondert und die integrierte Lehrerumkleide nutzt. Das ist mir bisher deswegen nicht aufgefallen, weil normalerweise immer die Schulbegleitung mit in der Mädchenkabine war und ich eher die Jungs im Blick hatte. Da diese nun fehlt, ist mir das aufgefallen. Ich habe sie daraufhin angesprochen und sagte: "Ich muss." Ich denke, da muss ich jetzt doch einmal mit der Mutter sprechen.
Ich war in mehreren islamgeprägten nordafrikanischen Ländern und ich habe bezüglich der Religion immer mitbekommen, dass Frauen unter sich überhaupt kein Problem sind.
Ich wollte auf diesen Beitrag nochmal eingehen, weil dieser Teil mir sehr wichtig erscheint und mich zuallererst, Caro07 bei dir dafür bedanken, dass du das Gespräch suchst. Weil ich es persönlich, neben allen kulturellen/ religiösen Aspekten wichtig finde, die Situation beim einzelnen Kind/ Jugendlichen und dem direkten Umfeld abzutasten und Lösungen zu finden.
Eine meiner besten Freundinnen in der Grundschule war beispielsweise auch muslimischen Glaubens, ich bin christlich - keine von uns beiden ist radikal oder fundamentalistisch. Wir haben uns in der vierten Klasse auch beide beim Schwimmen möglichst aus den Sammelumkleiden zurückgezogen, weil wir beide früher in die (körperliche) Pubertät gekommen sind als die meisten anderen der Klasse. Ich habe in deinen weiteren Beiträgen dann gelesen, dass du die Familie wohl gut kennst und das "Ich muss." in diesem Fall auch so verorten kannst und damit finde ich es absolut richtig und angemessen, wie du damit umgehst, danke dass du so sensibel auf die Kids achtest! Ich möchte nur mit diesem Beispiel den Blick allgemein etwas weiten und aufzeigen, dass Lehrkräfte auch von uns beiden vermutlich "Wir müssen." zu hören bekommen hätten. Aber in dem Fall nicht, weil wir familiär gezwungen worden wären, sondern einfach, weil der soziale Druck in der Klasse und das Anschauen und Kichern dieses Gefühl ausgelöst hat.
Ergänzend leben wir auch unabhänging von allen Religionen in einer Zeit, in der medial vermittelt wird, dass eine "Bikinifigur" erst erarbeitet werden muss, sowieso nur ganz dünne Mädchen und junge Frauen in Bikinis oder Badeanzügen gut aussehen und Fatshaming leider auch in den Schulen an der Tagesordnung sind. Vielleicht in einer eher bei Jugendlichen, aber ich hätte mich spätestens in der Mittelstufe viel wohler gefühlt, wenn ich von (als Schwimmkleidung zugelassenen) Schwimmanzügen (wie sie ja auch im Profi-Schwimmsport durchaus eingesetzt werden) oder -kleidern gewusst hätte und diese auch genauso normal gewesen wären wie andere, knappe Badebekleidung. Damit würde man vielen etwas übergewichtigen jungen Mädchen, mit anderen körperlichen Merkmalen, Menschen, die sexuelle Gewalt erfahren haben oder auch denjenigen, die sich schlicht und ergreifend in knapper Badebekleidung unwohl fühlen entgegen kommen und ihnen die freie Entscheidung ermöglichen, womit sie sich am wohlsten fühlen.
Für mich persönlich hat das auch wenig mit anderen Aspekten von vorgeschriebener Kleidung im Sportunterricht zu tun: die zusammengebundenen Haare dienen der Sicherheit ähnlich wie das Abkleben oder entfernen von Ohrringen und Piercings. Helle Sohlen sorgan dafür, dass der Hallenboden nicht kaputt geht oder ständig gereinigt werden muss. Es gibt aber ausreichend lange Schwimmkleidung auf dem Markt, welche die Bewegungsfreiheit nicht einschränkt und somit weder das Schwimmenlernen erschwert oder verhindert, noch eine Bewertung unmöglich macht.
Viele Grüße an euch alle , JoyfulJay