Beiträge von Timm

    Bolzbold: Nein, ich halte das nicht für Hyperpädagogisieren. Es gibt eben KEINE Regeln, wo die Grenze zwischen erlaubter und unerlaubter Hilfe bei HAs endet. Bei einer KA ist es klar. Es gibt ab der Mittelstufe erlaubte Hilfsmittel und ansonsten nix. Das brauche ich natürlich in deinem Sinne auch nicht noch einmal zu erwähnen.
    Ich frage dich also explizit: Wo ist die Grenzüberschreitung bei HAs? Wenn ich das nicht festlegen kann, dann sind wir eigentlich konform: Hausaufgaben taugen nicht zur traditionellen Leistungsfeststellung von Fachwisssen. Die Möglichkeiten, mit HAs aber komplexere Handlungskompetenzen abzufragen, finde ich gut und sachlogisch.
    Ein einfaches Beispiel, das im spiralförmigen Kompetenzerwerb steht: Ich schicke meine Schüler mit einem klaren Auftrag zur Literaturrecherche in die Bibliothek. Sie sollen dort selbsttätig die vorhandenen Hilfsmittel testen, also z.B. Nachfrage bei Mitarbeitern, Katalogrecherche u.ä. Das ganze geht als Teil in die Bewertung eines umfassenden Projekts ein. Somit im eigentlichen Sinne eine bewertete Hausaufgabe. Aber auch ein erster Schritt hin zum eigenständigen, propädeutischen Arbeiten.


    Um es noch einmal zusammenzufassen:


    1. Hausaufgaben taugen kaum oder nicht zur notenmäßigen Messung von Fachkompetenz. Da wäre ein Verbot für mich okay.
    2. Bewertete Hausaufgaben können aber ein erster Schritt hin zu komplexeren benoteten Formen des propädeutischen Arbeiten sein. Insofern fände ich das Bewertungsverbot nicht gut.

    Zitat

    Original von Bolzbold
    Unter diesen Aspekten bin ich froh, dass ich Hausaufgaben nicht bewerten darf. Die Schüler, die sich ein Feedback wünschen, geben mir auch freiwillig Hausaufgaben ab. Für gewöhnlich sind das auch die Schüler, die lernwillig sind.
    Bei den anderen nehme ich zumindest in der Oberstufe keine Rücksicht mehr drauf.


    Gruß
    Bolzbold


    Naja, Feedback in Übungsphasen als Note, die auch noch in die Jahresleistung eingeht, ist pädagogisch - freundlich geschrieben - überaus zweifelhaft.
    Hier wurde eine Hausaufgabe als fakultative Leistungsfeststellung ausgegeben. Und da erwarte ich schlichtweg die gleiche Klarheit, wie bei Tests und Klausuren. Welche Hilfsmittel sind erlaubt, was genau muss der Schüler leisten... Denn wo ist denn nun die Grenze bei der Hausaufgabe? Der große Bruder ist im Englisch LK und ich frage ihn nach ein paar Sachen, die Schwester studiert Anglistik und ich lasse mir helfen, die Mutter ist Englischlehrerin und schaut den Aufsatz durch oder ich schreibe den Aufsatz mit meinem Nachhilfelehrer.
    Aber ich wiederhole mich...


    edit: Zum Thema vermuteter Nachhilfelehrer: Ich würde dann das schon einmal bei dem Schüler genauer eruieren und ggf. den Nachhilfekollegen über den Schüler bitten, Kontakt aufzunehmen. Dann lässt sich manches klarer sehen und gemeinsam an einem Strang ziehen.

    Zitat

    Original von Friesin
    Timm, warum so aggressiv ?


    Weil es mich ärgert, wenn man mit Zweizeilern, deren Sinn man recht weit interpretieren kann, auf ausführliche Beiträge antwortet.


    Fakt ist, dass man sich schon ein wenig Gedanken machen sollte, wenn man eine Hausaufgabe benotet:


    1. Welche Kompetenzen sollen meine Schüler in der eigenständigen Arbeit außerhalb der Schule zeigen? Geht es um eine breite Handlungskompetenz oder "nur" um die Abfrage von Fachwissen (Inhalt, Sprache)? Wenn ich Handlungskompetenz messen will, betone ich auch den Prozess. Dieser sollte, wie ich geschrieben habe, am besten dokumentiert sein. Ich finde es einfach billig und abwertend zu unterstellen, der Schüler habe von seinem Nachhilfelehrer die Arbeit abfassen lassen. Natürlich kann das auch passiert sein, es kann aber genau so sein, dass hier ein richtig guter Lernprozess unter Hilfe stattgefunden hat.
    2. Was will ich messen? Die rein fachliche Individualleistung? Dann, ich wiederhole mich, muss ich den Rahmen genau vorgeben. In aller Regel - und da stimmen wir doch alle überein - sind Hausaufgaben dazu ungeeignet. Dann muss ich eben im genau festgelegten schulischen Rahmen in Stillarbeit die Leistung anfertigen lassen.
    3. Wie präzise bin ich in der Aufgabenstellung? Wenn ich die Aufgabenstellung unpräzise mache und mit impliziten Annahmen versehe, messe ich alles mögliche, aber dem Aufgabenersteller ist das nicht transparent.


    Dann noch zu Hawkeye: Nein, das Beispiel ist nicht irrig. Hausarbeiten an Unis sind im Kleinen Abbilder wissenschaftlichen Arbeitens. Selbstverständlich gehört hier der inhaltliche Abgleich mit Dritten zum Arbeiten lege artis. Es wird doch niemand einen wissenschaftlichen Beitrag veröffentlichen, ohne dass ihn kritische Dritte inhaltlich quergelesen haben und ggf. darüber diskutiert worden ist.
    An Schulen, die zur (F)HSR führen, sollte ich den Schülern propädeutisches Arbeiten lehren. Wenn die Schüler nur ein wenig mehr z.B. ihre Referate inhaltlich querlesen lassen würden, müsste ich mir nicht so oft so viel Bullshit anhören.


    Ich finde diese traditionellen Auffassung einfach katastrophal, nur Fachkompetenz zu messen. Eine reliable Aussage über den Leistungsstand eines Schülers kann ich nur dann treffen, wenn ich das messe, was ich vermittle und anstrebe. Dazu gehört - das findet man inzwischen in jedem Curriculum - ein breites Maß an Handlungskompetenz. (Womit ich keinesfalls aussagen möchte, dass Fachkompetenz nicht einen sehr hohen Stellenwert haben muss).
    Da Handlungskompetenz nicht nur im engen zeitlichen Korsett der Schulen gemessen werden können, halte ich das Bewertungsverbot von (richtig gestellten) Hausaufgaben für dumm und hohl. Oder müssen dann z.B. Referate und Hausarbeiten ausschließlich in der Schule erstellt werden?


    Allem Anschein nach wollte Mariele nur Fachkompetenz messen. Die Arbeitsanweisung war unklar, Mariele hat ein Ergebnis, aus dem sich im intendierten Sinne keine Bewertung mehr vornehmen lässt. Da du allem Anschein nach nicht ausschließen kannst, dass der Schüler unter Hilfe im Rahmen eines Lernprozesses das Ergebnis erreicht hat, kannst du die Leistung nicht einfach abtun. Wie man nachhaken kann, habe andere und ich angeführt.


    P.S.: Wenn ich mich hier ein wenig echauffiere, dann liegt es daran, dass ich als Verbindungslehrer immer wieder mit solchen Problemen konfrontiert bin. Wenn ich als Lehrer einen kleinen oder großen Bock schieße, dann kann das schlichtweg nicht zu Lasten meiner Schüler gehen. Und dann muss ich eben damit leben: in dubio pro reo.

    Zitat

    Original von Friesin
    ehrlich gesagt, kann ich weder eine große Methoden-, noch eine große Sozialkompetenz erkennen, wenn ein Schüler daheim oder in der (von den Eltern organisierten und bezahlten) Nachhilfestunde sagt:" wir haben eine Hausaufgabe auf, die benotet werden soll".
    Und jemand Kompetentes dann diese HA erledigt.


    ...und ehrlich gesagt, kannst du dir solche Aussagen sparen. Im Ausgangsthread stand nicht, dass jemand Kompetentes die Hausaufgabe erledigt hätte, sondern "sicher mit Hilfe der Nachhilfe oder sonstwem geschrieben...". Bevor man andere in ihrer Beurteilungskompetenz angreift, sollte man schon genau lesen.


    Ich war selber als Studi und Ref lange Nachhilfelehrer sowohl privat als auch an verschiedenes Instituten: Nachhilfelehrer schreiben nun einmal NICHT den Aufsatz für einen Schüler. Vielmehr bringt der Schüler seinen Aufsatz mit, er wird durchgesprochen und dann erstellt der Schüler ein verbessertes Exemplar. Ggf. beginnt der Prozess von vorne.
    Sehr wohl erwirbt der Schüler hier eine Methodenkompetenz: Nämlich die des Korrekturlesen und kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Eine Kompetenz, die leider vielen meiner Sek. IIler fehlt.


    Tut mir leid, ich finde deine Zweizeiler als Beiträge wenig hilfreich. Vielleicht erschließt sich mir aber einfach auch nicht deine Intention.

    Und das ist ein Grund, warum ich froh bin, dass in B-W Hausaufgaben benotet werden dürfen!!!


    Lebensnah ist es, dass man den Schülern beibringt, sich Hilfe zu holen und sie zielgerichtet einzusetzen. Einem Studenten, der seine Seminararbeit nicht hat gegenlesen und korrigieren lassen, wird das vorgehalten. Einem Schüler genau das Gegenteil?


    Wenn ich benotete Hausarbeiten (ich erweitere den Begriff mit Absicht) gebe, steht bei mir auch immer die Sozial- und Methodenkompetenz im Fokus. Insofern ist die Benotung reliabel. Meist macht es Sinn, den Schüler auch noch benutzte "Hilfsmittel" angeben und evtl. die Arbeit in einem Tätigkeitsnachweis protokollieren zu lassen.


    Wenn ich aber in einer Hausaufgabe allein die individuelle Fachkompetenz messen will, muss ich zumindest angeben, dass Hilfen nicht erlaubt sind. Hier plädiere ich aber auch in der Tat, solche bewerteten Aufgaben erst gar nicht für die Hausarbeit zu stellen! Der Schüler hat - unter den hier bekannt gewordenen Parametern - auf jeden Fall keinen Missbrauch betrieben.


    Ich frage mich, warum nun eine unklare Ausgangsanalyse der Lehkraft für den Schülern bedeuten soll, dass die Mühe vergebens war! Ich würde die abgegebene Aufgabe auf jeden Fall bewerten UND den Schüler einen mündliche oder schriftlichen Rapport abgeben lassen, wie die Arbeit entstanden ist und ggf. fachliche Nachfragen anknüpfen. Beides zusammen ergibt dann die Endnote oder geht in die Notenbildung ein.

    Zitat

    Original von Bibo
    Das hat mit Neid nichts zu tun, mehr mit logischem Denken. Ich empfinde das schlicht und ergreifend als clevere Sparmaßnahme, die mit dem Argument der besseren Zusammenarbeit verkauft wird. Vielleicht verstehst du mich so besser:


    Die Diskussion, ob hier gespart werden soll, ist so lange müßig, wie einem Bedarf von rund 1500 Gymnasiallehrer knapp 1000 Absolventen des Vorbereitungsdienstes gegenüberstehen.


    Vernünftig fände ich es, Nägel mit Köpfen zu machen und interessierte Primarkollegen weiterzubilden, so dass sie sowohl fachlich als auch mit der entsprechenden Besoldungsstufe am Gymnasium unterrichten können. Wir haben an der BS mit solchen Aufstiegslehrgängen, in denen Sek. I Kollegen die Befähigung für Sek. II erlangen, recht gute Erfahrungen gemacht.


    Meine Berechnung basierte in der Tat für die LÄ in B-W. So sind es "nur" 9 Jahre.


    Ja, die übliche Neiddiskussion. Nur weil man aber ein wenig in der Unterstufe unterrichtet, macht man aber noch lange nicht das Geschäft eines Gymnasiallehrers.
    Fakt ist, dass Primarkollgen eine kürzere Ausbildungszeit haben, das sind im Schnitt zwei Jahre weniger (6 statt 9 Semster+1,5- statt 2-jähriger Vorbereitungsdienst). In dieser Zeit verdient ein Primarkollege etwa 67.000,- EUR brutto.
    Bei dem angegebenen Gehaltsunterschied von 300,- EUR muss ein Beamter des höheren Dienstes 18,5 Jahre arbeiten, um den Unterschied reinzuholen. Dass Lehrer des Primarschulamts außer in Schulleitungsfunktionen quasi keine Aufstiegsmöglichkeiten haben, stet auf einem anderen Blatt. Das muss sich ändern und hat sich bei uns in B-W immerhin schon für die Kollegen an der HS verbessert. Alles andere ist schlichtweg billiger, die Sachlage verkennender Neid.
    Interessant ist übrigens nebenbei, dass diese Diskussion fast ausschließlich von Kollegen geführt wird, an deren Schulen nicht unterschiedliche Laufbahngruppen arbeiten. An des Berufsschulen, in denen Kollegen des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes arbeiten, gibt es solche Äußerungen fast gar nicht. Das hat m.E. aber wohl zum einen auch damit zu tun, dass hier alle Kollegen entweder Möglichkeiten haben, in den Laufbahngruppen aufzusteigen oder sie zu wechseln. Zum anderen spielt es aber bestimmt auch eine Rolle, dass man sowohl Unterrichts- als auch Ausbildungssituation der Kollegen besser kennt.

    Zitat

    Original von Modal Nodes


    Reine Englischlehrer gibt es genug.


    Nö. Der Markt ist leer, zumindest wenn man Lehrbefähigung Sek. II will. Wir kriegen seit 5 Jahren "nur" (aus der Sicht der Unterrichtsabdeckung) Realschulkollegen (und auch das nur mit Schwierigkeiten!)
    Nachdem eine Kollegin langfristig erkrankte, konnten wir den Ausfall in Sek. II nur durch die Unterrichtsstreichungen in anderen Fächern und der Reaktivierung eines Pensionärs lösen. Das RP hat alles versucht, aber sonst ist der Markt leer!


    Ansonsten stimme ich dir aber voll zu.

    Zitat

    Original von kleiner gruener frosch



    Timm: ich denke mal, dass ich nicht der einzige bin, der die Sachlage verkennt. Betroffene Schüler (und Eltern) werden es auch als Strafe auffassen, selbst wenn es das juristisch nicht ist.
    Aber selbst wenn es keine Strafe ist? Es ist definitiv keine "Leistungsermittlung". Und nur für eine "ermittelte Leistung" kann man Noten vergeben. Deshalb bleibe ich dabei: eine 6 ist angemessen, wenn der Leistungsstand nicht entsprechend ist oder wenn (aus unentschuldbaren Gründen, also unentschuldigtes, nicht nachvollziehbares Fernbleiben) kein Wort zu Papier gebracht wurde.


    Ich akzeptiere deine Auffassung. Allerdings ist sie irrelevant. In B-W ist klar geregelt, wie zu verfahren ist:



    In Bayern scheint das ähnlich geregelt zu sein. Das Ministerium ist aufgrund des Schulgesetzes ermächtigt, eine Verordnung zur Notengebung zu erlassen. Hier teilt man deine Meinung nicht. Es ist dein gutes Recht, darüber anders zu denken, trotzdem bist du an die Verordnung gebunden.
    Übrigens interessant, dass Arztbesuche nicht einmal unter den Beurlaubungsgründen aufgeführt sind. Da mache ich jetzt ein anderes Fass auf: Aber die Pflicht zum Schulbesuch ist in den Landesverfassungen fest gelegt. Die Damen und Herren in Weiß stellen aber ihre persönliche Planung des Tagesablaufs über Verfassungsrecht. Würden wir Lehrer so etwas machen, bekämen wir da bestimmt deftig einen eingeschenkt!!!

    Zitat

    Original von Meike.
    Ich weiß, dass es ähnliche Fälle gibt, in denen Gerichte für die Schüler entschieden haben - nein, ich habe keinen Link parat.


    Liebe Meike, das kann in einem wirklich "ähnllichen" Fall definitiv so nicht passiert sein. Die Erteilung einer Note wie im vorliegenden Fall ist Verwaltungshandeln. Verwaltungshandeln ist gerichtlich NICHT überprüfbar.
    Gerichtlich überprüfbar sind nur Verwaltungsakte (Abgangszeugnisse, Prüfungen, Versetzungen, Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach dem jeweiligen Schulgesetz). WENN die Schülerin nicht versetzt würde und die Eltern dagegen klagten, könnte ein Gericht auch untersuchen, ob die Note in Nighthawks Fach korrekt zustande gekommen ist. Dazu müsste die Note versetzungsrelevant sein (also im positiven Sinne ist der Schülerin ein evtl Ausgleich entgangen, im negativen hat die Note Mitanlass zum Nichtversetzung gegeben). Dass das passiert, ist aber mehr als unwahrscheinlich. Wir haben hier schon tausend Mal erwähnt, dass es am SJ-Ende die Möglichkeit gibt, die Umstände der 6 bei der Endnotenermittlung zu berücksichtigen. Entweder ist also die Versetzung so oder so gefährdet oder die ganze Sache spielt weder rechtlich noch für die Versetzung eine Rolle. Mir geht langsam der Hut hoch, dass diese Argumentation konsequent übergangen wird.
    Gerichte überprüfen nur, ob die Note formgerecht und frei von nicht zur Sache gehörenden Erwägungen gebildet wurde.
    Nach dem bayerischen Schulrecht - so hier unstrittig dargelegt - führt das Fernbleiben ohne triftigen Grund zur Note ungenügend. Der Einwurf unseres k.g. Frosches verkennt völlig die Sachlage: Es geht hier nicht um eine Strafe, sondern um eine das Verwaltungshandeln bindende Vorschrift. Strafen in der Schule sind im rechtlichen Sinne entweder pädagogische Maßnahmen (z.B. Strafarbeiten) oder Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen (z.B. Nachsitzen, Schulausschluss). Um BEIDES handelt es sich hier NICHT! Mag sein, dass die Erteilung einer Ungenügend als Strafe empfunden wird, juristisch ist sie das nicht.


    Und Meike - unter Deutschlehrern - ein Faktenargument, das auf persönlich Erfahrung und Einschätzung beruht, ist ja nun eher schwachbrüstig. Dir müsste doch auch klar sein, dass bei der Hinnahme einer solchen Argumentationsart jeder Recht anders auslegen wird. Der eine Finanzbeamte meint dann wohl auch bald, dass man nach einem Todesfall keine Erbschaftssteuer fristgerecht abführen könne, weil die Situation der eigenen Erfahrung nach zu belastend sei. Der andere beharrt auf den Vorschriften... Irgendwie sehe ich bei einem solchen Vorgehen von Behörden mein Rechtsstaatempfinden schwinden.


    Ich weiß, wir sind als Lehrer nicht nur Verwaltungsbeamte. Aber pädagogische Überlegungen, eine bindende Vorschrift "auszusetzen", sollten aus obigen Gründen schon belastbarer sein als eine sehr umstrittene Auffassung, was 11jährige können oder nicht. Wenn die Schülerin hochgradig sensibel wäre, irgendwelche gravierenden Vorfälle im Elternhaus passiert sind usw. bestünde bestimmt die Gefahr, dass das Wohle der Schülerin gefährdet wäre. Dann kann ich auch aufgrund meine Fürsorgepflicht und pädagogischen Verantwortung (juristisch sogar belastbar) die 6 nicht erteilen. Ich sehe hier aber keine besondere Härte. Sorry - kann mich auch in das Kind reinfühlen und weiß, dass es die Note bestimmt nicht toll aufnimmt. Aber das auszuhalten, gehört auch zu unserem Job.

    Zitat

    Original von Meike.
    Viele Kieferorthopäden machen nur vormittags Termine. Ich hab mal mit einem zu dem Thema telefoniert (zumal ja mehr Schüler als Erwachsene seine Kunden sind), aber der war da eher uneinsichtig. Sei halt so.


    Eine 5. Klässlerin (!) für einen Arzttermin zu "bestrafen" oder ihr auch nur vorzuwerfen, dass sie nicht den Weitblick hatte, die Situation zu überblicken - mit 11 Jahren! - finde ich unangemessen.


    Zum Zahnarzt geht eh keiner aus Vergnügen, das ist eine schlimmere Strafe als Klassenarbeit.


    Moment mal: Die Schülerin hatte einen Termin bei einem KieferORTHOPÄDEN und nicht bei einem KieferCHIRURGEN oder Zahnarzt.
    Auch deine Argumentation, nichts für ungut, löst sich in Luft auf. Der eine meint, Kinder könnten sehr wohl feststellen, dass hier Arbeit und verschiebbarer Termin kollidieren, der andere nicht. Toll - qui bono? Wenn hier jeder nach seinem eigenen Maßstab entscheidet, haben wir über kurz oder lang reine Willkür.
    Wir haben hier festgestellt, dass es einen pädagogischen Spielraum gibt, die Besonderheiten der Ungenügend am SJ-Ende auch in Bayern zu würdigen. Ich sehe hier also nun wirklich keinen pädagogischen indizierten Notstand, mit dem man sich über die Schulpflicht und ihre Konsequenzen hinwegsetzen kann.
    Ich bin kein Regelfetischist; es gibt immer wieder Fälle, in denen die Durchsetzung von vernünftigen Regeln mit unzumutbaren Härten verbunden ist. Dann ist m.E. auch eine gewisse Flexibilität dringend erforderlich. Aber, ich wiederhole mich, ich sehe hier keine unzumutbare Härte.

    Zitat

    Original von CKR


    Also mir wurde das nicht eingeredet (um mal das 'einem' zu relativieren).


    Eben. Das ist auch statistisch hochgradiger Schwachsinn, z.B.


    - weil es bessere und schlechtere Klassen gibt; in der Summe kommt freilich eine Normalverteilung heraus, aber eben nicht bei den KAs;
    - weil es erfolgreichere und weniger erfolgreiche Lehrer/Lernsituationen gibt; auch hier kommt erst in der Summe eine Normalverteilung heraus;
    - weil auch wir mal besseren und schlechteren Unterricht machen; weil die Umgebungsbedingungen (andere KAs, Dinge, von denen wir gar nichts wissen) mal besser und schlechter sind; natürlich nivelliert sich das auch wieder in der Gesamtschau...
    usw.


    Eine KA auf die Normalverteilung zu trimmen, ist also schlichtweg nicht lege artis und lässt uns und den Schülern auch keinen Raum, Lern- und Lehrerfolge festzumachen.


    Jeder KA ist für mich in diesem Sinne Individualfeedback und dient zur Reflexion über meine Lehrtätigkeit und evtl. auch über die Lernsituation der Schüler.
    Bei Erfolg überlege ich mir, was ich verstetigen kann, bei weniger guten Ergebnissen, was ich ändern kann.

    Finde die Idee auch genial; Literaturvorlage (kann doch auch eine Kurgeschichte sein) finde ich als Umsetzung auch gut.


    Mit praktischen Erfahrungen kann ich zu dem Thema nicht direkt dienen. Aber letztes Jahr hatten wir eine Projektgruppe, die den Ablauf einer guten Bewerbung als Fotocomic visualisiert hatte. Die hatten folgendes Programm benutzt:
    http://de.brothersoft.com/Comic-Book-Creator-103856.html


    Vielleicht ein guter Tipp, dass die technische Umsetzung auch ansprechend gelingt.


    Bin jetzt auch gerade schon am Rumhirnen, wann ich diese Idee mal im Unterricht umsetzen kann :)

    schlauby: Vielen Dank für deinen Beitrag. Du bringst es auf den Punkt. Alle, die ein wenig Berufserfahrung haben, kennen unterschiedliche Klassen und unterschiedliche Charaktere der Kollegen. Was in dem einen Fall adäquat ist, muss es eben im anderen nicht sein. Welche Handlungsmöglichkeiten es gibt, haben wir ja auf der Selbstoffenbarungsebene mehr als ausreichend beleuchtet.
    Das einzige, was mir wichtig war, ist, dass man sich einen Handlungsspielraum nach oben offen lässt. Auch an Gymnasien gibt es noch größerer Probleme als dieses Pamphlet.


    Unnötig finde ich es allerdings auch, auf Teufel komm raus eine Diskrepanz zwischen den eigenen Sanktionen und den angedachten der Kollegen zu konstruieren. Wir halten alle eine Reaktion für notwendig, die neben dem Elternkontakt irgendwo zwischen erweiterter Nacharbeit und Nachsitzen mit und ohne Eintrag/schriftlichen Verweis liegt. In meinen Augen bewegt sich das genau in dem vom Schlauby benannten Korridor und wird anlassbezogen bestimmt seine Wirkung haben.

    Zitat

    Original von Brick in the wall
    [...] dann halte ich es als Pädagoge für meine Pflicht, darauf mit einer klaren Grenzsetzung zu reagieren. Ich bin ja schließlich nicht nur Fachlehrer, sondern habe eben auch einen Erziehungsuaftrag. Dazu gehört auch eine Vorbereitung auf das Leben.
    Ich rede hier nicht davon, dass ich Duckmäusertum will, aber die Einhaltung von Basiskonventionen, denn ohne deren Einhaltung landen die Kinder unter Umständen irgendwo, wo ihre Eltern sie sicher nicht haben wollen.


    Zitat

    Original von Friesin
    Und - so wie ich Pubrtierende kenne- will sie eine Reaktion des Lehrers. Auch oder gerade Pubertierende wollen Grenzen aufgezeigt bekommen !


    Das Dümmste wäre in meinen Augen, nicht zu reagieren.


    ... was nun wirklich niemand gefordert hat ?( . Es sind sich nun doch wirklich ALLE einig, dass eine Reaktion erfolgen muss. Aber verdammt noch mal, dass man wegen des billigen Geschreibsels einer pubertierende Göre so einen Zinnober macht 8o Ich betone nochmal - und das ist jetzt wirklich kollegial gemeint - dass es für den weiteren beruflichen Werdegang eine unnötig (psychische) Belastung ist, solche Sachen generell so hoch zu hängen. Und m.E. NUR darum geht es hier einigen, die so ähnlich wie ich denken.


    Zitat


    die Möglichkeit,den akzeptabklen Aufsatz abzugeben, hatte sie bereits !


    Nur war der Aufsatz wohl keine zwei Seiten lang.


    Bin gerade etwas unschlüssig, ob du den thread vielleicht nur überflogen hast, weil du gewisse Details so seltsam darstellst...


    basti zwei: Der schriftliche Verweis wäre bestimmt eine Alternative. Allerdings ist meine Erfahrung, dass Papier sehr geduldig ist. Bei einem Eintrag - in etwa das Äquivalent zum schriftlichen Verweis - verhänge ich ausnahmslos eine konkrete Maßnahme dazu, entweder eine pädagogische oder eine Ordnungsmaßnahme.


    Hm, also deine Beispiele (bis auf das erste) sind eigentlich mehr geeignet zu zeigen, dass man rechtliche Interpretationsmöglichkeiten zum Wohle der Schüler nutzen kann. Deswegen plädiere ich ja auch immer dafür, dass man die rechtlichen Regelungen drauf hat. Man wird sich wundern, wie oft es einen beachtlichen Ermessensspielraum für den Lehrer gibt.
    Im vorliegenden Fall gibt es aber schlicht keinen Ermessensspielraum. Das finde ich auch gut so, denn Schule ist schließlich kein Theaterabo.

    Zitat

    Original von Basti zwei
    Unter Schulverweis wird bei uns aber kein Schulausschluss verstanden...


    Dann solltest du erklären, was denn bitte ein Schulverweis sein soll. Im sächsischen Schulrecht gibt es die Möglichkeit, einen schriftlichen Verweis auszusprechen. Einen Schulverweis gibt es als Begrifflichkeit im sächsischen Schulgesetz nicht; wenn du aber googels, wirst du feststellen, dass unter Schulverweis ein Schulausschluss verstanden wird.


    Also, wäre nett, wenn du erklärst, was das denn sein soll.

    Zitat

    Original von Basti zwei
    Um noch eins draufzusetzen: Diejenigen, die von ihren Schülern ein hohes Maß an Respekt und Disziplin erwarten, müssen das ausbügeln, was dem "toleranten" Erziehungsstil vieler Elternhäuser (und Lehrer) entspringt. Und das ist meistens nicht mehr zu schaffen, denn wenn "die Karre einmal in den Dreck gefahren wurde...".
    Nein, wir sind NICHT die Kumpels der Kinder (was nicht ausschließt, humorvoll, nett, gelassen und verständnisvoll aufzutreten). Ein Lehrer genießt übrigens langfristig eher dann den Respekt der Schüler, wenn er sich nichts gefallen lässt. Es ist nicht hinzunehmen, dass ein Schüler einer Lehrerin so entgegentritt, wie es oben geschildert wurde! Einen Lehrer duzen, mit einem solchen Brief provozieren...? Ganz ehrlich, hier ist ein Schulverweis angebracht!
    Wir alle klagen über den schlechten Stand der Lehrer in der Gesellschaft; mit solcher "Toleranz" stützen wir ihn noch.


    Was geht denn hier ab?
    Schon der thread mit der Überschrift "massive Provokation" lässt jeden Maßstab vermissen. Der Brief ist nichts anderes als ein (ziemliche) misslungene pubertäre Provokation. Unter massive Provokation verstehe ich, wenn ein Schüler meinen Unterricht nicht verlässt (obwohl es mit dem Betrieb abgesprochen war) und erst nachdem der FAL und ich ihm drohte, dass er mit der Polizei abgeführt werde, dann doch noch reagiert. Andere Kollegen werden verbal oder tätlich bedroht. Was ist das dann? Welche Maßnahmen kommen dann noch in Betracht, wenn man bereits bei so einer Kindergartenprovokationen alle Register zieht?
    Mit Verlaub, die Schülerin ist in der Pubertät. Nach der Reaktion der Eltern scheint man zuhause wohl besonders partnerschaftlich das Grenzziehen abzulehnen. Nun probiert die Schülerin halt in der Schule ihre Grenzen aus. Gut, die bekommt sie natürlich gezeigt: Das Ganze wird noch einmal geschrieben, wahlweise in doppelter Ausführung und/oder an einem freien Nachmittag. Und dann ist der Fisch geputzt, was die Schülerin angeht.
    Der eigentliche Skandal ist natürlich die Unterschrift der Eltern. Denen würde ich schon in einem Brief Bescheid stoßen, dass man von den Erziehungsberechtigten erwartet, dass sie die Erziehungsarbeit der Schule unterstützen. Und dazu gehört eben auch, dass Aufgaben sauber erledigt und Standards im Umgangston eingehalten werden.


    Hier aber unheimlich viel Energie reinzusetzen und das Ganze noch auf die Beziehungsebene zu hieven, halte ich für mehr als bedenklich. Wenn du schon bei solchem Kinderkram so reagierst, wirst du ziemlich schnell vor die Hunde gehen. Auch an einem Gymnasium.


    Zuletzt noch zum (zeitweiligen) Schulverweis: Zeitweiliger Schulausschluss kommt nur in Frage, wenn der Schüler durch sein Verhalten die Erfüllung der Aufgabe der Schule bzw. die Rechte anderer gefährdet. So ist es in B-W geregelt und mit Schulausschluss kommst du nie und nimmer durch. Das ist auch gut so!

    Zitat

    Original von Bolzbold
    Also:
    Wäre "Gnade vor Recht" in dieser Situation als Präzedenzfall verwertbar bei einer Wiederholung und wäre eine Gleichbehandlung hier einklagbar?


    Nein, es gibt kein Anrecht auf Gleichbehandlung, wenn jemand durch Unrecht einen Vorteil erlangt hat.
    Wenn ein Polizist z.B. bei einer Alkoholkontrolle einen Verstoß gegen das Strafrecht oder eine Ordnungswidrigkeit feststellt, aber dies nicht zur Anzeige bringt, weil es ein Bekannter ist, wird ja niemand im Ernst fordern, nun dürfen alle besoffen durch die Gegend fahren.
    Allerdings wäre die Argumentation des Polizisten bei einer dienstrechtlichen Anhörung, dass aus seinem Unterlassen ja niemand ein Anrecht auf Gleichbehandlung ziehen dürfe, bestimmt keine Entlastung.


    Zitat


    Würde man so durchgängig argumentieren und seine eigene Arbeit einmal nach geltendem Schulrecht analysieren, bestünde die Gefahr, dass man noch viel öfter als bislang angenommen (und vermutlich meistens unwissend) geltendes Recht "beugt".


    Sind wir Pädagogen oder Schuljuristen?


    Diese Einstellung finde ich überaus unprofessionell. Um die rhetorische Frage trotzdem zu beantworten: Wenn ich meine Arbeit analysiere komme ich in der ganzen Zeit auf weniger als eine handvoll Ereignisse, wo ich das Recht gebeugt habe. Meistens habe ich es übrigens hinterher bereut.
    Die Annahmen, die du implizit triffst, halte ich für überaus bedenklich:


    1. Als Lehrer stehen wir über dem Gesetz und den uns bindenden Vorschriften. Unter Berufung auf die Pädagogik können wir geltendes Recht nach Belieben beugen, so lange wir über das Wohl des Schülers argumentieren.
    2. Rechtliche Bestimmungen sind in einem gewissen Maße schlecht und widersprechen dem Impetus guter Pädagogik.


    Diese Thesen, die du in den Raum gestellt hast, hast du leider nicht belegt. Welche Vorschriften lassen uns denn einen zu geringen oder nicht vorhandenen Spielraum? Welche Regelungen verstoßen gegen eine am Schülerwohl orientierte Pädagogik?


    Nighthawk hat hier betont, dass es in Bayern wohl doch einen pädagogischen Ermessenspielraum bei der Ermittlung der Endnote gibt. Was spricht also dagegen, die Note ungenügend nach den rechtlichen Bestimmungen zu geben und gleichzeitig aber mitzuteilen, dass man den pädagogischen Ermessenspielraum nutzen werde, wenn es ein einmaliger Ausrutscher war?

Werbung