Beiträge von Timm

    Zitat

    Flexi schrieb am 15.10.2005 20:39:
    ups...sorry, wer lesen kann ist klar im Vorteil. ;) Ich hatte MÜnsterlandle gelesen.
    Hier in Niedersachsen oder zumindest hier vor Ort scheint die berufsbildende Schule allerdings einen anderen Wert bei den Schülern zu genießen. Sie ist nicht nur eine zweite oder letzte Chance, sondern bietet die verschiedensten Möglichkeiten. Natürlich auch die von dir aufgezählten, aber eben auch vielseitige und notwendige Anerkennungszeiten z.B. die Sozialassistenz über zwei Jahr, ohne die man nicht die Erzieherinnenausbildung machen kann.
    Die BGJ werden als Lehrjahr anerkannt, sodass z.B.ein BGJ-Tischler im Anschluß direkt im 2.Lehrjahr beginnen kann.


    Da hast du mich missverstanden. Auch - oder gerade - bei uns genießen die beruflichen Schulen und ihre verschiedenen Bildungsgänge einen sehr hohen Stellenwert. Es gibt auch die von dir erwähnten Ausbildungsgänge, die Grundlage für eine spätere Ausbildung sind.
    Ich habe ja bewusst Schularten angesprochen, die einen allgemeinen Bildungsabschluss beinhalten:
    [Über die Höhere Handelsschule in NRW]

    Zitat


    1. Abschlüsse / Perspektiven
    Dieser zweijährige Bildungsgang vermittelt auf der einen Seite berufliche Kenntnisse im Berufsfeld "Wirtschaft und Verwaltung", andererseits den schulischen Teil der Fachhochschulreife mit "erweiterten beruflichen Kenntnissen".


    http://www.uni-duesseldorf.de/Lorentz.BK/100hh.htm#3
    Bei uns in B-W heißen diese Bildungsgänge Berufskolleg und für ein eben solches bin ich Fachgruppenleiter. Ich lass auf meine Schüler gar nichts kommen, aber Fakt ist, dass es Schüler sind, die nach der Mittleren Reife weder einen Übergang an berufliche Gymnasien geschafft, noch einen Ausbildungsplatz bekommen haben. Etwas spöttisch wird diese Schulart oft als "Edel-BVJ" bezeichnet. Die Leistungen der Schüler liegen in etwa im 3er Bereich, wobei fast immer 1-2 4er und 5er darunter sind (meist in einem Hauptfach).
    Diese Schüler müssen wir in 2 Jahren von eher lustlosen Realschülern zu Absolventen mit Fachhochschulreife und in meinem Fall zu Technischen Kommunikationsassistenten machen. Ein Weg, den wir nur gemeinsam schaffen, wenn von vornherein signalisiert wird, dass das Larifari der Realschule nicht weitergeht. (Ich beziehe das nicht allgemein auf die Realschule; es gibt immer Mittel und Wege durchzuschlupfen).
    Die Schüler, die abschließen, haben danach beste Aussichten eine anspruchsvolle Ausildung oder ein FH-Studium zu bestehen. Also ist das mit dem Stellenwert etwas zweischneidig: Niemand geht einerseits 10 Jahre auf die Realschule,um zu uns zu kommen, andererseits genießen unsere Absolventen einen guten Ruf in der Wirtschaft.
    So, ich hoffe, jetzt ist alles klar.

    Ganz einfach: Keiner strebt diese Schularten an, sondern geht in die Lehre oder besucht ein berufliches Gymnasium.
    Diese Schularten sind zweite und oft letzte Chancen im Schulleben. D.h. zuvor muss bei den meisten etwas (eben das, was ich angesprochen habe) schief gelaufen sein, was sich auch beim Studium der Schülerviten meist bestätigt.


    Deine Beiträge sind mir hoch willkommen, auch wenn ich wirklich wenig zustimmen kann. M.E. machst du den (für Eltern verständlichen Fehler ), induktiv zu denken. Das heißt du schließt vom Einzelfall auf die Gesamtheit.
    Die Fragen, wie denn das System sei, verstehe ich nicht richtig, würde sie aber gerne beantworten.
    Zum Schluss: Ich komme aus dem Musterländle, d.h. Baden-Württemberg.

    Bitte genau lesen: "Ich schrieb ein Großteil solcher (sic!) Schüler..."
    Ich bezog mich damit auf die Schüler, die eine Vollzeitausbildung unmittelbar nach dem Verlassen einer allgemeinbildenden Schule machen, wie die geschilderte Schülerin. Da du das berufliche Schulsystem anscheinend nicht kennst (alle anderen haben verstanden, was ich meine), hier die angesprochenen gängigsten Vollzeitschulen in B-W:
    - BVJ (Berufsvorbereitungsjahr mit der Möglichkeit zum Hauptschulabschluss)
    - 2jährige Berufsfachschulen mit der Fachschulreife (=Mittlere Reife)
    - 2jährige Berufskollegs mit dem Berufsabschluss "Assistent" und der Zusatzquali Fachhochschulreife.

    Zitat


    Und DAS unser Schulsystem hinkt, wissen alle, da helfen einseitige Schuldzuweisungen gegen Lehrer oder Eltern in meinen Augen wenig.


    Dass unser Schulsystem hinkt, ist mir definitiv zu pauschal. Insbesondere die duale Ausbildung und die berufliche Weiterbildung (Techiker und Meister) genießt weltweit immer noch höchstes Ansehen!


    @ neleabels:

    Zitat

    Flexi schrieb am 14.10.2005 16:00:
    Mich erschreckt, deine ziemlich harte Einstellung gegenüber Schülern. Auf mich wirkt sie zumindest hart und wenig interessiert, ob der tatsächlichen Hintergründe.


    Tja, so langsam wird ein unangenehmes Muster draus: Leuten, die klare Positionen beziehen, wird sofort eins auf der Beziehungsebene übergebraten. Das funktioniert hier auch wieder mal nach dem Muster: Wer klare Regeln einfordert, wird als hart und wenig einfühlsam bezeichnet. Ich frage mich ganz ehrlich, wie du gheistersäge aufgrund des Gelesenen und der wohl nicht vorhandenen persönlichen Kenntnis so etwas unterstellen kannst?!
    Es hätte doch die einfache Frage gereicht, wie gheistersäge denn mit so einem wie von dir geschilderten Fall umgehen wird bzw. wie und ob sie ihn erkennen kann.


    Für mich beweist gheistersäge ganz im Gegenteil größtes Interesse an ihren Schülern. Wir rufen uns ins Gedächtnis: Die Schülerin - wie auch gheistersäges Schüler - besucht die Sekundarstufe II im beruflichen Schulsystem. Der Großteil solcher Schüler ist mindestens eins...
    ... ausdiagnostiziert ohne Ende
    ... kaum erzogen, weil sie weder im Elternhaus noch in der Schule die richtigen Bezugspersonen hatten
    ... Schulversager, weil sie im allgemeinbildenden System keine Chance mehr hatten und abgestempelt waren
    ... schulmüde auch aus obigen Gründen.


    Eine warmherzige, aber stringente Erziehung ist das, was diese Schüler geradezu einfordern. Dazu gehört, dass die Schüler beim Lehrer ein offenes Ohr und Hilfe finden. Dazu gehört aber auch, dass - so keine plausible Begründung vorliegt - Verhaltensregeln eingefordert und Verstöße sanktioniert werden. Ein Prinzip aus langer und kurzer Leine ist meiner und der überwiegenden Zahl der Kollegen Erfahrung nach das Richtige.


    Ums ein bisschen mit Beispielen konkreter zu machen:
    - Meine Schüler dürfen, sobald sie mir ihre erfolgreiche Bearbeitung gezeigt haben - den Raum verlassen, einen Kaffee holen oder eine Zigarette auf dem Hof rauchen, wenn sie eine Arbeitsphase früher beendet haben. 95% der Klassen schaffen es, pünktlich zurückzukommen. In den anderen 5% wird beim ersten Mal die Vergünstigung temporär gestrichen, dann ganz.
    - Meine (gerade) volljährigen Berufskollegiaten dürfen sich 3mal im Halbjahr selbst entschuldigen. Danach lasse ich von der Schulleitung Attestzwang anordnen. Unentschuldigte Fehlzeiten werden nachgeholt. Mehrmaliges Unentschuldigtes Fehlen heißt Androhung des zeitweiligen Schulausschluss und dann Vollzug.


    Ich versuche meine Schüler möglichst gut zu kennen, bei meiner eigenen Klasse studiere ich die Schülerakten (Lebenslauf, Schullaufbahn). Mit vielen Klassen unternehme ich privat etwas und lerne so Schüler näher kennen. Meine Schüler haben Handy-, Festnetznummer und email-Adresse.
    Und TROTZDEM unterschreibe ich sofort:

    Zitat


    Für ihn gelten die gleichen -fairen- Regeln wie für den Rest der Klasse, er ist nichts Besonderes, sondern ein Bestandteil der Gemeinschaft. Das kann auch helfen, Ängste abzubauen.


    Ganz ehrlich kann ich als Lehrer nicht mehr machen, als meinen Schülern Interesse entgegenzubringen und sie klar, aber warmherzig zu erziehen.


    Wenn dann mal trotzdem jemanden Ungerechtigkeit passiert, ist das Lebensrisiko (was nicht heißt, dass einem solche Fälle nicht nahe gehen und man nicht alles tut, um eine Wiederholung zu vermeiden).


    Unverantwortlich handeln meiner Ansicht nach Kollegen, die alles Problematische Therapeuten zuschieben und ansonsten mit "hartem" laisser-faire "regieren". Aber das ist ein neues Kapitel.


    So, wurde etwas länger, aber musste raus!

    Was an den jeweiligen Schulen läuft, hängt von vielerlei Faktoren ab:


    1) Schulform
    2) Engagement/Mithilfe der Lehrer und der Schulleitung
    3) Schülersprechern und anderen Mitarbeitern der SMV
    4) Verbindungslehrern
    5) Traditionen
    6) Schuleinzugsgebiet


    M.E. spielt die Schülergeneration keine Rolle, ob Engagement erfolgt, höchstens welches (z.B. das politische Engagement seit den Endsechzigern bis Anfangneunzigern).


    Ich bin seit einiger Zeit Verbindungslehrer und wir treffen uns 2x im SJ zu regionalen Dienstbesprechungen, bei denen auch die Schülersprecher anwesend sind. Ebenfalls unterstütze ich seit über 10 Jahren die SMV meiner Abitursschule im Rahmen des Fördervereins. Deswegen kommt nun eine längere Liste, dessen, was mir an SMV-Veranstaltungen bekannt ist:


    1) Skiausfahrten und Wandertage für die ganze Schule
    2) SMV-Wochenenden für Schüler- und Klassensprecher
    3) Projekt- oder Mottotage (AIDS, Fremdenfeindlichkeit)
    4) Schul- und Mottobälle (z.b. Valentinsball)
    5) Infoblatt (unabhängig von der Schülerzeitung)
    6) Videoabend
    7) Schülerdisco
    8 ) LAN-Party
    9) Podiumsdiskussionen (z.B. vor Wahlen)
    10) Spendenaktionen
    11) Blutspendeaktion
    12) Land-, Europa- Bundestagsbesuche
    13) Kaffe- und Kuchenaktionen (oft zur Projektfinanzierung)
    14) Tutorenprogramme für die Unterstufe
    15) Umweltaktionen
    ...


    Der rechtliche Rahmen der SMV ist eigentlich (in B-W) vorgegeben. Veranstaltungen der SMV sind - so vom Schulleiter genehmigt - Schulveranstaltungen. Dessen unbenommen kann die SMV selbst (außerhalb der Schule) als Veranstalter auftreten. Bei uns gibt es dazu sogar günstige Versicherung der WGV.


    Die Schülersprecher sind Mitglieder der Schulkonferenz. Sie haben das Recht, von der Schulleitung und den Lehrern gehört zu werden. Die Klassensprecher haben außerdem die Möglichkeit, eine "Verfügungsstunde" zu nehmen (d.h. eine regulüre Schulstunde abzuzweigen), in der sie Klassen- und SMV-Angelegenheit besprechen können. [Alles B-W].
    etc.


    Das sind also sehr umfangreiche Rechte und nur in der Wahrung der Interessen liegt schon eine umfangreiche Aufgabe für ein Schülersprecherteam.


    Ein Problem der Schulen, die nur Sekundarstufe I oder II haben sehe ich in der fehlenden Kontinuität. Schüler, die entsprechende Qualitäten und das passende Alter haben, sind eben in 1-2, maximal 3 Jahren wieder weg (viele treten ja im Abschlussjahr aus Zeitgründen gar nicht mehr an).
    Wenn an solchen Schulen traditionsreiche Veranstaltungen laufen, haben meistens Verbindungslehrer das Ganze ziemlich in der Hand. Man kann sich durchaus darüber streiten, ob das im Sinne des SMV-Gedankens ist, aber wir sind inzwischen auch so weit...
    [Im Übrigens gibt es in B-W einen Stundenpool für Verbindungslehrer, aus dem man mit 1/2 - 1 Stunde entlastet wird. Wer das Geschäft macht, weiß dass man sich nicht schämem muss, wenn man nach dieser Entlastung nachfragt].

    Noch unausgegoren - ich hab' noch ein paar Wochen bis zum ersten Mal Nathan - , aber wie wär's mit dem Mord am Regisseur van Gogh.
    Schau mal da: kürzerer Link


    Gerade das Thema "Parallelgesellschaften", Toleranz und Grenzen von Toleranz wäre doch herrlich problemorientiert.

    Bei uns entscheidet letztenendes der Schulleiter über einen zeitweiligen Schulausschluss. Somit sind Konstruktionen folgender Art möglich:
    Der Schüler erklärt sich bereit, in seiner Freizeit (z.B. auch Ferien) die verpasste Zeit beim Hausmeister abzuarbeiten. Natürlich ist den Fachlehrern nachzuweisen, dass der versäumte Stoff unabhängig davon nachgeholt worden ist. Das ist ein "kann". Zeigt der Schüler kein Interesse daran, wird die Klassenkonferenz den Schulleiter um den zeitweiligen bis endgültigen Ausschluss bitten (die Schülerin müsste ja schon ihre Schulpflicht erfüllt haben, so dass ein Ausschluss keine weiteren rechtlichen Schwierigkeiten mit sich bringen sollte).
    Würde etwas Änliches bei euch gehen?


    Im Übrigen stimme ich neleabels voll zu, dass ein solches Verhalten nicht "Schule" machen darf unde unser pädagogisches Bemühen auch mal ein Ende findet.

    Ich bleibe mal beim rein Disziplinarischen:
    Das mit dem Zeitnachholen wird bei uns auch so gehandhabt. Da bei uns für Techniker- und Meister Unterricht auch samstags stattfindet, bestellen wir die Delinquenten im Extremfall eben zu den Kollegen in den Samstagsunterricht - das hilft fast immer.
    Außerdem wird dem Schüler zeitweiliger Schulausschluss angedroht und bei weiterem Fehlen vollzogen.


    Zum Schluss noch eine Frage: Hast du das erste Jahr? Dann bestünde - je nach den Regelungen eures Bundeslandes - die Möglichkeit, das Nichtbestehen des Probehalbjahres als letzte Konsequenz festzustellen.

    Erstmals ein dickes Lob für die etwas quergebürsteten Meinungen von Wolkenstein und max. Auch aus Justus' letzten Beitrag ist einiges dabei, was ich unterschreiben kann. Ein paar grundsätzliche Dinge möchte ich aber noch zu bedenken geben:


    1. Die schon angesprochene Betriebsblindheit der Deutschen auf dem linken Auge ist hinzuzufügen, dass viele Punks durchaus eine geschlossene, aggressive Meinung gegenüber dem Staat haben. Dies findet Ausdruck in so "tollen" Texten wie "Haut die Bullen glatt wie Stullen, haut ihnen ins Gesicht, bis dass der Schädel bricht" (Text von einer hier sehr bekannten und noch aktiven Punkband "Normahl"). Regelmäßig sehen wir das Gewaltpotential der Linken bei "Demos" wie am 1. Mai und die RAF ist wohl das beste Beispiel eines geschlossenen gewaltbejahenden linken Weltbildes (-> Konzept der Großstadtguerilla). Desweiteren behandelt kaum ein Lehrer die kommunistischen Verbrechen, obwohl u.a. mit dem "Schwarzbuch des Kommunismus" in der neueren historischen Forschung wichtige Erkenntisse manifestiert wurden.
    Auch bewegt es die meisten deutschen Intellektuellen meist nur zu einem müden Gähnen, dass heute immer noch in der linkspartei.pds eine kommunistische Plattform tätig ist, die sich (mindestens) zu stalinistischen Versatzstücken bekennt.


    2. Wolkenstein hat sehr richtig angemerkt, dass hier ein junger Mensch erst einmal ein sehr schweres Los auf sich genommen hat: Er rebelliert gegen alles Etablierte. Dem sollte man - unabhängig der Ideologie - erst einmal Respekt entgegen bringen. Wenn ich dann "armer" Mensch in Anführungszeichen lesen, kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier das "Gutmenschentum" zur graduellen Entmenschlichung führt.


    3. Das Terrain ist äußerst heikel und ich habe es in der Schule nur selten betreten müssen(aber ich habe es!): Einerseits ist es unsere Aufgabe die Schüler in den Gedanken an die FDGO zu erziehen. Andererseits schreibt der Beutelsbacher Konsens seit den 70iger Jahren das Kontroversitätsgebot und Überwältigungsverbot vor. D.h. wir müssen uns argumentativ mit solchen Schülern auseinandersetzen, ohne dabei auf manchen Gebieten Wahrheiten ex cathedra zu verkünden (Ausnahmen sind z.B. das Gebot der Gewaltfreiheit oder die Anerkennung des Holocaust). Wichtig ist aber, diese Schüler (auch prinzipiell argumentativ) nicht zu diskreditieren.


    4. Der Mensch muss auch weiterhin im Vordergrund stehen. Ich kenne keine statistische Erhebungen, aber Einzelfälle aus den Medien und dem persönlichen Bereich: Alle diese Aussteiger hatte Bekannte als eine Brücke in die "normale" Welt gehabt. Lasst uns diese Brücke bauen, auch wenn wir es wohl nicht oft erleben werden, dass sie beschritten wird.

    Jeder zweite Jugendliche hat schon einmal gekifft. Für manche ein harmloses Abenteuer, für andere der Beginn eines Horrortrips. So wie Amon Bart, der das erste Mal mit fünfzehn an einem Joint zog und mit den Jahren vom Gelegenheitsraucher zum Dauerkiffer wurde. In diesem Buch erzählt er, wie mit gesteigerten Konsum Gleichgültigkeit und Isolation in sein Leben Einzug hielten - mit dramatischen Folgen.


    Der Autor: Amon Barth, Jg. 1984, lebt in Hamburg


    (Inhaltsangabe aus dem Buchinnenteil)


    Amon Barths Buch hebt sich wohltuend von der bisher bekannten Literatur wie Christine F. oder Cold Turkey ab. Barth folgt nie dem pädagogischen Impetus, sondern erzählt wohltuend sachlich aber auch spannend und detailliert.
    Daneben liegt die literarische Qualität darin, dass Barth Worte (und zwar die seiner Generation) für das Rauscherlebnis findet, die ein sehr eindrucksvolles, plastisches Bild des Konsums liefern.
    Gleichzeitig zeichnet er ein eindringliches Porträt der Jugend der 2000er Jahre mit all ihren Problemen vom ersten Verliebtsein, der Suche nach Sinn des Lebens und der (fehlenden) Auseinandersetzung der Erwachsenenwelt mit seiner.


    Ich hoffe, dieses Buch wird bald zum Standard, wenn es um die Darstellung von Drogen in der Literatur gehört.



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    Zitat

    Tristan schrieb am 01.10.2005 23:05:


    Und du glaubst, dass jeder Dicker/jede Dicke daran nicht denkt? Find ich seltsam...ich denke nämlich, dass jeder, der "ein drittes Kinn besitzt" von seinen Ärzten/Freunden/Verwandten das mehr als einmal pro Monat gesagt bekommt...aber es kann auch Dicke mit Adipositas geben, die keinen hohen Blutdruck haben, deren Werte absolut im Rahmen sind!


    Keiner zweifelt daran, dass es eine Krankheit ist. Aber irgendwie siehst du mir das zu schwarz-weiß!


    Sorry, etwas spitzfindig, aber meines Erachtens ein wichtiger Unterschied: Verdrängen ist nicht nicht denken, sondern anders denken (z.B. beschönigen).


    Das mit dem Schwarz-Weiß-Denken kann schon stimmen. Aber ich kämpfe ja auch darum, das Bild vom adiposen Dicken als gemütlichen Genießer zum erkrankten Menschen zu ändern. Und ehemals "Süchtige" gehen meist mit den noch Leidenden immer etwas härter ins Gericht (Ich habe absichtlich das Wort "Süchtiger" benutzt, weil ich hier auch eine Überschneidung zum Alkohol- und Nikotinabusus sehe).


    Leider besteht in Deutschland immer noch die Tendenz, Krankheiten, die auf psychische Ursachen fußen, im Peinlichkeitseck zu verstecken. Es ist nichts Schlimmes und Verwerfliches zu erkranken, aber das Nichtbehandeln(lassen) ist verwerflich.

    Zitat

    Melosine schrieb am 01.10.2005 22:24:
    Timm, m.E. kannst du dich hier in überhaupt nix einfühlen!
    Woher weißt du, wie es die Schüler in diesem Fall gemeint haben? Und wie Carla-Emilia irgendwas decodiert hat?
    Sorry, aber das ist einfach nur von oben herab!


    Was soll denn das jetzt? Weil ich mir erlaubt habe, die Kommunikationsvorgänge darzulegen (was einem in jedem ordentliches Pädagogikkurs empfohlen wird) musst du mich fertig machen.
    Ich würde schon gerne wissen, was dich so gegen mich aufgebracht hat,vielleicht per PN?


    Zitat


    Meinst du, dicke Menschen brauchen einen "Spiegel", jemanden, der ihnen endlich mal sagt, dass sie dick sind?
    Wahrscheinlicher ist doch, dass sie das selber wissen!
    Komisch, dass du es offenbar erst von anderen gesagt bekommen musstest - aber das scheint mir nicht die Regel zu sein.


    Nein, das Dicksen mit seinen negativen Aspekten (und nochmal: Ich rede von adipositas) wird verdrängt.

    Zitat


    Wie dem auch sei: ich finde die Haltung "Dicken" gegenüber erschreckend!
    Du weißt natürlich, dass sie alle im Innern leiden und maßt dir an zu behaupten, dicke Menschen könnten nicht schön sein.
    Traurig, traurig! Welche Werte vermittelst du Heranwachsenden?


    Ich denke nicht, dass du durch die Lektüre meiner Beiträge eines threads meine Kompetenz anzweifeln kannst, Werte zu vermitteln.
    Alles andere könnte man etwas mehr auf der Sachebene gerne diskutieren.
    Hatte eigentlich keinen Bock, dir und mir den Samstagabend so zu vermiesen.


    edit: Im Übrigen empfehle ich dir dringend, dich einmal über adipositas zu infomieren (http://de.wikipedia.org/wiki/Adipositas). Ich laber hier nicht irgendeinen persönlichen Müll durch die Gegend, sondern rede von einer Krankheit (unter der ich litt). Ich denke, da wäre deinerseits etwas mehr Fingerspitzengefühl angebracht.

    Zitat

    Heike schrieb am 01.10.2005 22:15:


    Es gab aber mal Zeiten, Timm, als die Dicken die Schönen waren und bestimmt nicht unglücklich, weil sie nämlich zeigen konnten, dass sie sich genug zu essen leisten konnten. Sowas ändert sich, zumeist durch einen Wirtschaftszweig, der davon lebt. Auch heute es gibt noch Orte, an denen das anders gesehen wird: ich denke da an meinen senegalesischen Freund, der immer wieder, wenn er zu Besuch ist, all die schlanken deutschen Frauen leicht angewidert als "skeletons" bezeichnet (vielen Dank, denk ich mir dann immer!) und seine richtig dicke Frau findet er hinreißend. Die ist übrigens fit wie ein Turnschuh. Und nicht im mindesten im Innern unglücklich.


    Klar spreche ich hier nicht von krankhafter Fettsucht mit Bluthochdruck und nah am Herzinfarkt. Ich gehe aber mal davon aus, dass man so fett nicht sein muss, um in unseren Breiten als "fett" bezeichnet zu werden. Als dünn gilt ja nur noch, wer so eine Bohnenstange ist, dass es auch fast schon nicht mehr gesund ist. Und unglücklich sind sie ja fast schon alle: die sich dumm hungernden Bohnenstangen und die gar-nicht-mal-so Fetten, die aber leider grad nicht in Kleidergröße 36 passen und somit schon als Dicke gelten. Das finde ich pervers.


    Ich sprach von adipositas. Auf die übliche Dick-/Dünndiskussion wollte ich mich nicht einlassen, weil ich dir da zustimme (de gustibus non est disputandum).


    Und: Denken und vermuten kann man viel, so lange es nicht hinreichend klar ist, liegt aber kein Grund zum Maßregeln und Zeigefingerheben vor.

    Ich muss erstmal remus zustimmen: Da wird von einigen etwas auf die Betroffenheitsebene geschoben und somit einer rationalen Analyse entzogen.


    Carla hat es ja schon mehrfach gesagt: "fat" heißt im Englischen eben dick und fett. Die Beschreibung, dass jemand dick sei, kann ja wohl kaum als Beleidigung empfunden werden.


    Egal, ob man mit Watzlawicks oder Schulz von Thuns Kommunikationstheorien arbeitet, kommt man zum Ergebnis, dass carla hier eine Aussage auf der Beziehungsebene decodiert hat. Wenn das so ist und sie will, kann sie das ja durchaus thematisieren. Ich halte es nur nicht für hilfreich und besonders unsinnig, wenn es jetzt nur noch mittelbar erfolgt. Die Schülerin aber deswegen anzugehen, ist vollkommen daneben. Für mich besteht kein zwingender Grund, warum man das Ganze nicht auf der Sach- bzw. Inhaltsebene decodieren sollte und somit kann man der Schülerin absolut keinen Vorwurf machen.


    Und zum Schluss: Starkes Übergewicht (BMI >30) ist eine Krankheit. Früher hieß es Fettsucht, heute Adipositas. Ich selbst wog bei einer Körpergröße von 179cm über 100kg, heute unter 80kg. Ich meine deswegen, mich in die Sache ein wenig eindenken zu können. Und da muss ich klar sagen, dass ich heute froh bin über Rückmeldungen, wie sie carla bekommen hat. Sorry, aber Dicke sehen nicht schön aus (auch wenn einige heute sogar meinen, modeln zu müssen), schaden ihrer Gesundheit und sind im tiefen Inneren unglücklich. Man muss niemanden deswegen beleidigen, aber den Spiegel vorzuhalten ist korrekt. Mehr hat meiner Ansicht die Schülerin nicht getan. Wenn jemand wirklich durch genetische Defekte zum Übergewicht neigt, zahlen die Krankenkassen Maßnahmen. Ansonsten ist jeder selbst gehalten, sein Normalgewicht anzustreben. Ernährungsbedingte Adipositas ist eine - zwar graduell verschiedene - Sucht wie Alkoholismus, ihre Ursachen sind auch psychischer Natur. Demzufolge rate ich jedem Betroffenen, sich dringend mit den Ernährungsgewohnheiten und seiner psychischen Situation auseinanderzusetzen.


    So - sorry für das Dozieren - aber das Thema berührt mich noch immer.

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