Zitat
carla schrieb am 11.04.2006 12:07:
Interessant fand ich die Definition eines Kollegen: Karriere sei für ihn, wenn er in Bereichen arbeiten könne, in denen er Einfluss auf die Gestaltung und Entwicklung seiner (oder auch anderer) Schulen habe und es sei aus diesem Grund auch für einige Jahre in NRW in der Lehrerausbildung (Seminar) und der gewerkschaftlichen Weiterbildung tätig gewesen. Wer das Besoldungssytem in NRW kennt, weiß, dass Arbeit am Seminar dort im SekI-Bereich keinerlei finanzielle Verbesserung bedeutet, Karriere war für ihn also eher weniger mit finanziellen Auszeichnungen verbunden.
Eine überaus sympathische Definition, die ich so fast unterschreiben kann. Das etwas in Bewegung Bringen ist für mich auch die wichtigste Perspektive als Lehrer. Ganz ehrlich möchte ich aber auch mittelfristig eine Anerkennung in Form einer angemessenen Besoldung bekommen.
Irgendwie ist das "Karrieremachen" ein ziemlich tabuisiertes Thema unter Lehrern. Zum einen wird unterstellt, man strebe die ruhige Funktionsstelle an, um nicht mehr unterrichten zu müssen, zum anderen steht man in Verdacht, den pädagogischen Idealismus gegen schnöden Mammon und ein höhres A zu verraten.
Die Meinung des Artikels, hervorragende Lehrer sollen sich auf das Unterrichten konzentrieren und dafür besser bezahlt werden, kann ich aber nicht teilen. Es ist für mich eine Verschwendung, wenn die besten Lehrer sich allein auf das Unterrichten konzentrieren. Die besten und in bestimmten Gebieten eingearbeiteten müssen doch unbedingt ihr Wissen und ihre Erfahrungen an die Kollegen weitergeben.
Ich habe schon früher das Konzept der Multiplikatoren in B-W erwähnt: Kollegen, die in bestimmten Gebieten sich bewährt oder besonders eingearbeitet haben, werden nochmal extra geschult, entwickeln in Dienstbesprechungen ihre Konzepte gemeinsam im Team weiter und gehen dann in Tandem an Schulen, an denen sie ihr Wissen an die Kollegen weitergeben. Dafür sind nun keine A15er notwendig, sondern es gibt je nach Anzahl der betreuten Schulen eine Deputatsentlastung.
Ich selbst arbeite als Multiplikator und finde an diesem Konzept - außer dass man Schulentwicklung mitbestimmen kann - vor allem den kollegialen Austausch und die Möglichkeit, aber auch Notwendigkeit, den eigenen Unterricht in diesem Gebiet stetig weiterzuentwickeln, faszinierend.
Auch die Annahme von Funktionsstellen sehe ich für den höheren Dienst positiver, als dies allgemein hier wohl getan wird. Tätigkeiten als Schulleitungsassistent oder Fachbereichsleiter (die inzwischen zum Teil mit A 14, zum Teil mit Deputatsentlastungen verbunden sind) implizieren für mich nicht eine Abkehr vom Schüler. Seit ich als Fachbereichsleiter für eine Schulart verantwortlich bin, bekomme ich zum Beispiel viel unmittelbarer mit, wo die Schüler der Schuh drückt. Mit einem guten Kollegium werden dann erzieherische und unterrichtliche Konzepte angepasst und weiterentwickelt. Auch als Fachabteilungsleiter oder Fachberater (A15, Deputat bei uns noch so um 50-60%) ist man noch in der Unterrichtsrealität verankert, hat aber gleichzeitig die Möglichkeit, Schule weiterzuentwickeln.
Bedauerlich finde ich für die Kollegen im gehobenen Dienst, dass es an der Schule außer den eher verwaltungsnahen Rektoren und Konrektorenstellen keine Aufstiegsmöglichkeiten wie oben erwähnt gibt. Die Trennung beim Aufstieg von gehobenen und höheren Dienst gehört schleunigst vom Tisch!
Im Großen und Ganzen gibt es aber m.E. einige Möglichkeiten, an der Schule "Karriere"zu machen, ohne das Unterrichten und die Bedürfnisse der Schüler aus den Augen zu verlieren.