Beiträge von Timm

    Zitat

    Original von Birgit
    @Superlion: Ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe, ich habe es nur so überflogen, aber ich habe Dich so verstanden, dass es am Berufskolleg kein Religion und Sport geben würde.


    Das ist nicht richtig. Zumindest in NRW gibt es in allen Bildungsgängen des Berufskollegs auch Religion und Sport.


    (Und soweit ich meine Kollegen so sehe, ist es auch durchaus beliebt, mit zwei "Nebenfächern" ans Berufskolleg zu gehen. Richtig ist allerdings, dass diese Kollegen oft in vielen Klassen tätig sind (meist dann aber mit beiden Fächern, so dass nicht nur eine Stunde pro Klasse daraus wird.) Ich weiß zudem nicht, wie es jetzt mit dem Zentralabitur aussieht, aber zumindest davor war Religion bei uns auch als Abi-Fach recht beliebt.


    In NRW ist das Berufskolleg aber nicht wie in Baden-Württemberg eine Schulart, die auf einen mittleren Bildungsabschluss eine berufsqualifizierende Vollzeitausbildung bietet, meist verknüpft mit der Möglichkeit, die FHSR mit zu erwerben.


    Korrekt ist allerdings, dass Religion in B-W in allen Schularten ein Fach mit Verfassungsrang ist und auch in den BKs des ersten Bildungsweges auf den Stundentafeln steht. Unterrichtet wird es aber oft nicht, da die dazu nötigen Kollegen fehlen.

    Zitat

    Original von das_kaddl
    Schreib mal den User "Timm" an. Der war im Ref an einem Gymnasium und ist jetzt an einer Berufsschule tätig (wenn ich mich recht entsinne).


    LG, das_kaddl.


    Schon zu spät ;)


    Ja, ich gehöre zu denjenigen, die nach der Ausbildung vom Gymnasium an die Berufsschule gewechselt haben. Ich habe es nicht einen Tag bereut, weil


    - ich zwar die kleinen Unterstüfler wirklich knuffig fand, aber ich meine Energie trotzdem lieber in andere Sachen stecke, als mitzuteilen ob das Heft quer oder längs kommt, ob man statt grün auch blau nehmen kann usw.,
    - ich die pädagogische, didaktische und fachliche Breite als überaus positive Herausforderung empfinde (Unterricht vom HS- bis zum FHSR- Niveau an meiner Schule),
    - die Kollegen freundlich und unkompliziert sind ohne den Oberstudienratsdünkel, der mir zu oft an Gymnasien begegnete,
    - die Möglichkeiten sich zu engagieren und aufzusteigen noch besser sind als an den Gymnasien,
    - bei Elternarbeit fast Fehlanzeige herrscht,
    - du einen eigenen Arbeitsplatz (=Schreibtisch, Schrank in einem kleineren Lehrerzimmer) zumindest bei uns in B-W hast,
    - bei den Schülern die oberstufenmäßige Müffeligkeit und Hochnäsigkeit (ich grüße nicht mehr, ich weiß besser als der Lehrer, wie man korrigiert...) fehlen.


    Was mir fehlt, sind außerunterrichtliche Aktivitäten wie AGs, Klassen- und Studienfahrten u.ä. Das kann aber zumindest an beruflichen Schulen mit großem Anteil an Vollzeitschülern (berufliches Gymnasium) anders sein.


    Ein Problem sehe ich allerdings bei deinen Fächern. Religion wird fast nur einstündig unterrichtet. Mein Kollege, der nur Reli unterrichtet, hat fast 500 Schüler pro Schuljahr, von einem großen Teil kann er einfach nicht den Namen wissen. Er macht seinen Job trotzdem gern, mir würde es persönlich nicht liegen. Mit Sport sieht es da nicht arg viel besser aus.


    Versetzungen zwischen den Schulformen sind möglich, allerdings kann das auch mal eine Weile dauern. Normalerweise muss für jeden Kollegen, der aufs Gymnasium zurückgeht, einer von dort kommen.
    Wie oben geschrieben sind die Aufstiegsmöglichkeiten eher besser, weil noch mehr Stellen frei werden.

    Zitat

    Original von Meike.
    Es ist ein Beruf.
    Natürlich gibt es tolle Berufe und solche, die zum K*** sind: müsste ich 8 Stunden am Tag Müll einsammeln, wär das auch ein Beruf, aber von einer ganz anderen Kategorie.
    Ich mag meinen Beruf und ich bemühe mich, mich darin weiter zu entwickeln. Ich mag Schüler. Ich habe das Glück, morgens gern zu Arbeit zu gehen (allerdings gehe ich ungern abends zum Korrigieren an den Schreibtisch).
    Dass ich allerdings immer den Drang habe, etwas Neues zu erproben, also mich im Bereich Schule in den diversen Ecken zu engagieren, die nicht nur Englischunterricht sind, zeigt mir auch, dass 26 Stunden reiner Unterricht mich auf Dauer nicht ausfüllen wird. Würde ich nur das tun, fehlte mir die Herausforderung.
    Ich mag, wie gesagt, die Schüler, sie sind mir wichtig - aber ich lebe nicht für die Schüler. Sollte es nach 20 Jahren nichts mehr geben, was ich für mich neu entdecken/erarbeiten/lernen kann, muss ich den Beruf wohl wechseln... Stagnation finde ich unerträglich.


    Ja, da kann ich Meike in vielen Punkten zustimmen, insbesondere was die Stagnation anbetrifft. Ich kann mir allerdings momentan nicht vorstellen, dass der Job für mich irgendwann keine Entwicklungsmöglicheiten mehr bietet. Das berufliche Schulwesen ist so komplex und bietet für einen Allgemeinbildner so viele Möglichkeiten (und im "schlimmsten" Fall könnte ich auch wieder an das allgemeinbildende Gymi), dass ich mir Stagnation persönlich kaum vorstellen kann. Außerdem gibt es ja noch die Möglichkeit, sich in Schulleitungs- und Fortbildungsfunktionen zu engagieren, was ich bis jetzt auch als herausfordernd empfinde. Allerdings möchte ich mindestens die Hälfte meines Deputats vor Schülern stehen; mit jedem Jahr Erfahrung mehr, macht es mir fast mehr Spaß als zuvor.


    Ist der Job deshalb Berufung? Nun ja, Berufung hört sich in meinen Ohren zu religiös an. Mir bereitet der Job eine breite Genugtuung, wie kaum eine andere Tätigkeit.

    Zitat

    Original von neleabels


    Entschuldige Kaddl, ich schätze dich sehr, aber diesen Satz finde ich jetzt etwas anmaßend und herablassend; ich kann mir auch nicht wirklich vorstellen, dass du ihn so gemeint hast, wie er rüberkommt. Wir alle hier sind Akademiker.


    Nele


    Und entschuldige Nele, nur weil man Akademiker ist, hat man nicht unbedingt Ahnung von empirischer Sozialforschung. Also das finde ich jetzt schon auf die umgekehrte Weise anmaßend. Hätte ich nämlich z.B. neben Deutsch statt Politik Englisch studiert, wüsste ich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht, wie empirische Sozialforschung funktioniert.


    Denn wenn du das Zitat im Kontext liest, hat kaddl es ja präzisiert:


    Zitat


    Vielleicht resultiert das Misstrauen und die Skepsis gegenüber Vergleichsstudien auch daraus, dass viele Lehrpersonen statistische Zahlen nur in gewissem Rahmen deuten können - wer lernt im Lehramtsstudium (oder später) schon, was Varianzen, Signifikanzniveaus, ein t-Test, Cronbachs Alpha etc. sind bzw. was diese (auch von alias beschriebenen) "marginalen Varianzen" bei einer Stichprobe von mehreren 10.000 Schülern inhaltlich bedeuten? Bei Unsicherheiten kommt ganz schnell der Spruch "Ich glaube nur einer Statistik, die ich selbst gefälscht habe" - der ziemlich sinnfrei ist, da sich das statistische Wissen vieler auf die deskriptive Statistik beschränkt, was aber für Pisa & Co. nicht ausreich


    Ich spreche das nur noch einmal an, weil es bei uns im Politikstudium nicht hieß, "glaube nur einer Statistik, die du selbst gefälscht hast", sondern "diskutiere nur Statistiken, über deren Zustandekommen du dich genau informiert hast".


    Gleichwohl bleibt uns die Metadiskussion, was denn nun die Statistik für Schlüsse zulässt und was eben nicht. Außerdem können wir hier durchaus diskutieren, wie die Aufbereitung von PISA und Co in der seriösen Presse auf die Öffentlichkeit wirkt.
    Ehrlich gesagt, finde ich das auch interessanter, als eine Pauschalkritik an Evaluation an sich.

    Zitat

    Original von das_kaddl


    Ein Gedanke von mir ist, dass Lehrpersonen neben der fehlenden Ausbildungg oder Anleitung, komplizierte Statistiken wie die Original-Pisa-Statistiken (nicht die aufbereiteten Grafiken!) zu lesen, zu wenig Einblick in Forschung haben (genauso, wie sie Forschenden z.T. zu Recht vorwerfen, die Schulrealität aus dem Auge zu verlieren) und dass die starke Ablehnung von Vergleichsstudien z.T. auch daher rührt.


    Ich denke schon, dass das Problem daher rührt, dass das Verhältnis Evaluatoren versus (indirekt) Evaluierte ein Seltsames ist.
    In der Wirtschaft ist es üblich, dass die Betriebe Forschungs- und Evaluationsprojekte selbst ausschreiben. Niemand käme auf die Idee, die Gewerkschaften mit politischer Rückendeckung eine Evaluation deutscher Unternehmen durchführen zu lassen und DAZU aus dem Ergebnis dann noch politische Konsequenzen im Schnellschuss für die Wirtchaftspolitik zu ziehen.
    Ich denke, das Verhältnis Lehrende und Theoretiker kann sich erst dann wesentlich verbessern, wenn die Schulen ggf. (im Verbund) selbst Auftraggeber für Forschungsprojekte sein dürfen. Dazu gehört natürlich auch die entsprechende finanzielle Ausstattung der Schulen. Warum sollte eine erfolgreiche Arbeit, wie sie z.B. mittelständische Unternehmer mit Unis, Hochschulen und Instituten wie dem Fraunhofer tätigen, nicht auch auf dem Bildungsbereich zu übertragen sein?
    Momentan treten - zumindest in den Augen vieler Praktiker - viele Theoretiker als (anmaßend) belehrend und praxisfern auf, wenn nicht sogar als Störfaktoren. Dabei sollten doch die Theoretiker Dienstleister sein, indem sie uns mit neuen Konzepten voranbringen. Das ist m.E. durchaus ein strukturelles Problem, denn der Erfolg in der Forschung misst sich nur sehr wenig an den erfolgreichen Umsetzung in der Praxis.


    So, genug am Rande des off-topic...

    Zitat

    Original von das_kaddl


    Es geht darum, um mit Deinen ländlichen Worten eines vorigen Postings zu sprechen, ob die Säue in Baden-Württemberg grösser als die in Brandenburg (oder: die deutschen Keiler schwerer als die Schweizer oder österreichischen oder slowakischen) sind. Das ist Lernstandsdiagnostik - warum sollte die an Klassen- bzw. Schulgrenzen Halt machen? Wir bewegen uns mittlerweile nicht nur im lokalen oder regionalen, sondern europaweiten Bildungsraum - warum sollte es da nicht einen Überblick geben, was wo "Sache" ist? ?(


    Ich stimme dir im Großen und Ganzen zu. Wenn man aber dein Bild benutzt, müsste man sich die Frage stellen, ob die Sauen auf dem Weg zum Schlachthof auf einmal noch einen Wachstumsschub einlegen. Oder - ich weiß, nicht neu, aber nie erklärt -: Warum werden aus so mittelmäßigen Schülern Angestellte, Arbeiter und Selbständige, die ein Land zum Exportweltmeister führen?
    Und da stellt sich mir die Frage, ob richtig gemessen wird. Selbst die Qualität einer Sau festzustellen ist ja nicht so einfach: Ist die gute Sau nur schwer (dafür schmeckt das Fleisch nach Antibiotikum) oder vielleicht leichter, aber hat Fleisch von exzellenter Qualität oder ist die gute Sau sogar einfach leichter und dafür ein wenig "glücklicher"?
    Aktuell habe ich z.B. den Katalysatortest gelesen: Reicht es denn nicht für eine gute Bildung und 90% der Berufe aus zu wissen, dass ein Kat Abgase durch chemische Reaktionen in unbedenkliche Stoffe umwandelt?
    Ist mein persönliches Glück und meine Ausbildungsfähigkeit davon abhängig aus einem verklausulierten Text zu errechnen, welches Rennauto zu erst ins Ziel kommt?


    Natürlich muss ich mein Wissen anwenden können. Aber das ist Aufgabe der akademischen und beruflichen Bildungsträger in Deutschland. Dass sich Peter Zwegat um PISA-Opfer kümmern musste, die durch stetiges Betrogenwerden auf dem Markt in die Privatinsolvenz gerutscht sind, ist mir bis jetzt nicht bekannt.


    Zitat


    M.E. ziehst Du hier den beliebten Graben zwischen Theorie/meinetwegen noch Bildungspolitik (obwohl das absolut unterschiedliche Ebenen, Beteiligte, Methoden, Ziele etc. sind) und den "Frontsäuen", also der Praxis. Muss das sein? Ich meine, wie hindern Dich länderübergreifende Lernstandsdiagnosen bzw.Vergleichsarbeiten, die - am Beispiel PISA - einmal aller x Jahre durchgeführt werden, an Deiner Arbeit?
    LG, das_kaddl.


    Das Hindernis sind nicht die Tests, sondern die Konsequenzen, die in aller Aufregung gezogen werden und ein stetiges Arbeiten oft unterbinden oder zumindest mit neuen Aufgaben beeinträchtigen. Das hat aber - nochmal - nichts mit dem Wiegen an sich zu tun.


    Volle Zustimmung, kaddl. Ich kann diese Sprüche langsam auch nicht mehr hören, vor allem da sie hier inzwischen fast reflexartig kommen (und auch noch von Leuten, die ich sehr schätze).
    Für mich sind alle Arten der "Diagnostik", die mich betreffen (seien es zentrale Abschlussprüfungen, ausgefeiltes Feeback über Fragebogen oder ein einfaches Blitzlicht am Ende einer Fobi, die ich erteile) die Möglichkeit, zu reflektieren und Verbesserungen oder auch Verstetigungen einzuleiten.
    Natürlich führt ein übermäßiges Messen im Extremfall zu verfälschten Resultaten, weil die Probanden die Tests nicht mehr ernst nehmen (können). Aber was hat das mit PISA zu tun - hier werden doch nicht ständig dieselben Schüler gemessen?


    Prinzipiell sehe ich jedenfalls keine Grund, so allgemein gegen Evaluation zu lästern, nur weil die Auftraggeber (angeblich) keine oder falsche Konsequenzen ziehen.


    Fatal halte ich bei PISA eher:


    - Es werden beliebige Schlüsse aus der Studie gezogen: Das sächsische zweigliedrige Schulsystem ist nun auf einmal Vorbild. Welche Indikatoren geben das bitte her? Wenn ich Arbeitshypothesen (!) aufstellen würde, dann eher, dass kleine Klassen mit geringem Migrantenanteil hohe Leistungen ergeben. Zumindest besteht hier eine messbare Korrelation.
    - Immer noch ist für mich die Diskussion nicht ausgestanden, was und wann man eigentlich misst. Warum misst man die reine Anwendungsorientierung, das ist doch sehr angelsächsisch gedacht? Warum misst man gerade bei Schülern diesen Alters und z.B. nicht bei Schülern in der Ausbildung?

    Hawkeye: Du hast richtig geschrieben, dass man als Beamter Probleme bekommt, wenn man Mitglied in einer radikalen Partei ist. Ansonsten müssen Zweifel am Eintreten für die FDGO bestehen. Wie gesagt, aus den hier aufgeschriebenen Äußerungen kann ich nichts ableiten, was diese Zweifel rechtfertigt - auch was den Straftatbestand der Volksverhetzung betrifft. Jemand z.B. als Neger zu bezeichnen ist ja nun mal weder (juristisch) eine Beleidigung oder Verleumdung.


    Ich denke, es ist in der Tat sinnvoller, die hier angesprochene selektive Benachteiligung gewisser Schülergruppen zu thematisieren. Das könnte wirklich ein dienstrechtliches Vergehen sein. Wehren sich denn die Klassen(-sprecher) nicht? Was sagen denn die Klassenlehrer zu dem Verhalten des Kollegen?


    Öhm, mein Zitat hat nun aber gar nichts mit deiner Aussage zu tun ?(
    Ich habe lediglich geschrieben, dass die öffentlich publizierten Äußerungen der NPD in der Regel nicht gegen die FDGO verstoßen.
    Ich verstehe auch nicht ganz, wie du so definitiv feststellen kannst, dass die Äußerungen den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Weil jemand alle Dunkelhäutigen als Neger bezeichnet oder türkischstämmigen einen gemeinsamen Namen vergibt? Das ist alles andere als pc, aber Volksverhetzung ?(

    Schwierige Situation.


    Die hier genannten Aussagen und der Hinweis, seine Äußerungen könnten auch im NPD Blättchen stehen, lassen nun nicht gerade auf ein dienstrechtlich relevantes Vergehen schließen (die NPD vermeidet ja gerade in ihren Publikationen offen verfassungsfeindliche Statements). Auch wenn es schwer fällt, ich sehe, bei dem was so grob von dir rüberkam, solche Aussagen durchaus noch im Bereich der freien Meinungsäußerung. Wenn der Lehrer nicht offen Schüler mit Migrationshintergrund benachteiligt, wird man wenig gegen ihn unternehmen können.


    Ich kann nur Nele zustimmen: Hier ist Zivilcourage gefragt. Ich würde aber nicht gleich so auf den Putz hauen und erst einmal versuchen, auf der Sachebene zu bleiben. Zumindest nach meinen Erfahrungen ist es nicht ganz von der Hand zu weisen, dass Schüler mit Migrationshintergrund tendenziell eher Probleme bereiten als "autochthone". Ich würde dem Kollegen aber sehr wohl klar machen, dass Verallgemeinerungen oder gar rassistische Anspielungen deswegen nicht akzeptabel sind. Ich denke, wenn man klar Position bezieht, wird sich der Kollege in Zukunft solche Kommentare verkneifen. Schließlich scheint es so, als ob er ja auf Zustimmung hofft.

    Zitat

    Original von klöni



    @ Timm, es wird nicht ganz deutlich worauf sich dein Zweifel konkret bezieht. Falls du ihren Glauben meinst, mit dem Erreichen der Volljährigkeit auch das Ende jeder Manipulierbarkeit durch die Erwachsenenwelt erreicht zu haben, gebe ich dir recht. Aber gerade diese "Selbstüberschätzung" finde ich an Schülerinnen und Schüler in diesem Alter sehr liebenswert.


    Normalerweise begründe ich meine Meinung schon, aber wollte nicht ewig off-topic schreiben.


    Meine Erfahrung ist - insbesondere bei der politischen Philosophie- , dass Schüler sehr beeinflussbar sind. Immer dann, wenn Schüler wie selbstverständlich z.B. Verteilungs-oder Mehrheitsgrundsätze proklamieren, spiele ich gerne den advocatus diaboli. Dabei schaffe ich es oft, die Schüler von Grundsätzen zu überzeugen, die sowohl jenseits unserer westlich-demokratischen als auch ihrer Ausgangsüberzeugungen liegen. Am Ende wird das natürlich reflektiert und die Problematik aufgezeigt. Ich möchte aber nicht wissen, was passiert, wenn man diese Beeinflussung missbraucht.
    Deswegen behaupte ich, dass ein klug argumentierender Lehrer bei einer Klasse, die den Lehrer achtet, immer manipulieren kann - graduell natürlich je nach Klasse sehr verschieden.
    Selbst bei denjenigen, die sich nicht mitziehen lassen, kann man Empörung hervorrufen und erreichen, dass sie sich nach und nach in ihrer Position einigeln - auch das ist m.E. Manipulation.


    Recht gebe ich dir, dass ich es auch toll finde, wenn Schüler mit Engagement Positionen vertreten, auch wenn sie die vielleicht in 10 Jahren ganz anders sehen.

    Hawkeye:


    Der Beutelsbacher Konsens wäre für Lehrer nur ein überdenkenswerter Standpunkt, hätte er nicht Einfluss in die Didaktik des Politikunterrichts (oder wie er in anderen BL auch immer heißen mag) gefunden. Er ist durchaus ein konstituierendes Element für den PU geworden. Und das meinte ich - wohl etwas unscharf ausgedrückt - mit der Gültigkeit für den PU. Ein PU lege artis muss den BK berücksichtigen, ein Englisch oder Deutschunterricht prinzipiell nicht.


    Mir fehlt auch die Begründung, warum ich in der rhetorischen Analyse einer Rede den Inhalt zum Zentrum machen sollte. Natürlich muss ich den Inhalt klären, aber im Sinne einer didaktischen Reduktion sollte das dann auch reichen.


    Im Übrigen habe ich auch starke Zweifel, ob sich klönis Schüler nicht weit überschätzen.

    Erstmal gilt der Beutelsbacher Konsens nur für den Politikunterricht. Gleichwohl ist er wertvoll, wenn immer es in der Schule um Meinungsbildung geht.
    Die Auswahl von Englischtexten folgt aber noch anderen Kriterien. Wenn ich Obama als aktuelles Beispiel polititischer Rhetorik benutze, muss ich deswegen nicht einen republikanischen Vertreter dagegen setzen. In der Schlussphase der Stunde wäre es viel mehr sinnvoller, über den Zusammenhang zwischen Rhetorik und defacto Politik zu diskutieren.


    Lehrer haben Vorbildfunktion und die können sie meines Erachtens nur erfüllen, wenn sie zeigen, dass sie eine eigen Meinung haben, aber andere auch respektieren oder sich evtl. von diesen überzeugen lassen können. Ich habe überhaupt kein Problem, meine Meinung als EINE von vielen darzustellen. Das liegt absolut im Rahmen des Beutelsbacher Konsens'.


    Andererseits stimme ich Modal Notes unbedingt zu, dass in vielen Fällen die Meinung des Lehrers einfach nichts zur Sache tut. Meistens kommen doch von den Schülern die wichtigsten Standpunkte. Ganz im Gegenteil sollte der Lehrer dann auch - wenn es gar zu harmonisch zugeht - den advocatus diaboli spielen.


    Aber wir kennen doch die Grundgesamtheit nicht. Woher wissen wir, dass monster Aussagen über eine Population machen will? Wenn ich z.B. 60 Abiturienten an einer Schule habe und diese zur Schule befrage, habe ich bei einem Rücklauf von 56 Bögen selbstverständlich eine hohe Repräsentativität...
    2. Staatsarbeiten haben doch normalerweise keine "Populationen" im Auge, sondern konkrete Lerngruppen, Schulen usw.


    Aber Genaueres können wir eh nur sagen, wenn wir den Inhalt und die Befragten von monsters Umfrage kennen.

    Zitat

    Original von neleabels
    Was auch wichtig ist: wie groß ist denn überhaupt deine Datenmenge? Mit Prozentangaben solltest du ohnehin erst mit Datenmengen von statistisch relevanter Größe anfangen, d.h. so über hundert Fragebögen müsstest du schon haben. Hast du die?


    Nele


    Hallo Nele, das ist mir unbekannt. Mir ist auch nicht klar, wie du gerade auf die Zahl 100 kommst (wegen Prozent, pro hundert?)
    Ich betreue gerade ein Projekt zum Thema Statistik und habe deswegen meinen Kromrey vor mir stehen und habe da auch nichts zu deiner Auffassung gefunden.
    Wenn ich z.B. drei Klassen befrage, habe ich z.B. eine Gesamtheit von N=63 Schülern. Wegen Abwesenheit ist die Auswahlgesamtheit 59, die meiner Stichprobe entspricht, wenn alle ihren Fragebogen ausfüllen. So, warum sollte ich jetzt keine "statistisch relevante Größe" vorliegen haben und Antworten in Prozente auswerten dürfen?


    Da geht mir doch das Messer in der Tasche auf. Der Klassensprecher wird gewählt, um die Interessen der Mitschüler zu vertreten. Es ist keine Wahl des Vorbildhaftesten, sondern mit einer Funktion verbunden. Wer als Schulleiter oder Lehrer so agiert, tritt den Gedanken der Demokratie mit den Füßen.
    Wenn die Bedenken gegen einen Schüler- oder Klassensprecher massiv sind, dann muss ich als Lehrer/SL eben die Mitschüler überzeugen, einen neuen zu wählen. Das ist der Weg der Demokratie (und der Verordnungen).


    edit und Hawkeye:


    Ich empfehle allen Kollegen, die die SMV-Arbeit ernst nehmen und unterstützen wollen, erst einmal die einschlägigen rechtlichen Regelungen zu studieren. In B-W ist das die SMV-Verordnung, die vieles regelt, aber auch Freiheiten lässt. Innerhalb dieser kann/sollte die SMV ihre eigene Satzung erarbeiten, was auch ein demokratischer Prozess ist.
    Die Arbeit der SMV ist per se gelebte Demokratie, auch wenn sie nur Partydienstleister ist. Beschlüsse müssen vorgestellt, Schüler überzeugt und Entscheidungen durch Mehrheit getroffen werden. Desweiteren wird eine aktive SMV (ich lehne mich hier an die Parteientheorie an) versuchen, den Schülerwillen zu aggregieren, zu integrieren und zu artikulieren. Die Vergabe von Ämtern (Klassen-/Schülersprecher) und Posten (zum Beispiel Einrichtung eines Referentensystems) geht natürlich auch in diese Richtung. Deswegen sind die Schülersprecher auch Mitglied in der Schulversammlung.
    Bei uns werden vielfach SMV-Tage initiiert, an denen alle wichtigen Wahlen stattfinden, die SMV Rechenschaft über das letzte SJ ablegt, Kandidaten sich vorstellen, Aktionen geplant werden usw.
    Oft organisieren die SMVen auch Podiumsdiskussionen mit Politikern und Experten zur Bildung oder anderen für die Schüler relevanten Themen.


    Und zum P.S.: Nein, als Lehrer haben wir das Recht nicht zu beugen. Es gibt aber bestimmt vielfach Interpretationsmöglichkeiten, die wir im Zweifelsfalle pädagogisch zu deuten haben.


    Für alle, die Interesse an der b-w SMV-Arbeit haben: http://www.smv.bw.schule.de/


    Richtig, in Bayern sind die Regeln zur Abwahl noch strenger; es müssen zwei Drittel der Wahlberechtigten eine Neuwahl verlangen:



    http://www.lsv-bay.de/publikationen/infos/490368.html


    Ich halte es für mehr als fragwürdig, wenn sich Lehrer über das Recht stellen. Wir sind schließlich Vorbild für die Schüler.

    So regelt es die SMV-Verordnung §5(3) für B-W:


    Ein Schülervertreter kann aus seinem Amt vor Ablauf der Amtszeit nur dadurch abberufen werden, dass von der Mehrheit der Wahlberechtigten ein Nachfolger für den Rest der laufenden Amtszeit gewählt wird.


    Wie das konkret ablaufen könnte, kann ich dir leider nicht sagen. Die Aussage, der Schüler verletze ständig sämtliche Regeln der Schule, ist mir persönlich zu vage.

    Bei mir gibt es eine Jahresplanung und eine Feinplanung der Unterrichtseinheiten (als Stoffverteilungsplan auf Stundenebene ggf. mit Methoden). Bei der zweiten, spätestens dritten Durchführung einer Klasse oder UE schaue ich selten bis gar nicht mehr auf die Planung, weil ich das genügend verinnerlicht habe.
    Bei neuen UE konzipiere ich die anstehenden Stunden mit 1-2 Stunden Vorlauf, um flexibel zu sein. Das geschieht fast ausschließlich unter der Woche, notfalls geht es auch in den späten Abend, Hauptsache Wochenende frei.
    Bei schon gehaltenen UE reichen normalerweise meine Hohlstunden, um ggf. Änderungen vorzunehmen. Gerade bei den Fächern Wirtschafts- und Gemeinschaftskunde gibt es kaum eine Stunde, die wie die andere aussieht, weil ich immer Aktualitäten- und Schülerbezug (politische Philosophie) anstrebe.
    Über 90% meine Stunde bestreite ich mit eigenen Arbeitsblättern, die ich beim Erstellen so verinnerlicht habe, dass Notizen auf ihnen reichen. Eine detaillierte Stundenplanung im eigentlichen Sinne gibt es bei mir schon länger nicht mehr. Mit meinen doch nun einigen Jahren Berufserfahrung hat sich das einfach so eingespielt. Trotz allem bleiben meine Stunden klar strukturiert: Einstieg, Arbeitsphase(n), Transfer/Problematisierung. Wobei ich im Gegensatz zum Ref. kein Problem habe, z.B. den Transfer verbunden mit einer Wiederholung als Einstieg der nächsten Stunde zu nehmen.


    Ich habe den Eindruck, dass die Poster zuvor wesentlich detaillierter planen und vorbereiten. Mich würde deshalb bei den Antworten auch interessieren, wie lange ihr denn schon so dabei seid.

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