Hallo Hermine,
ich gebe dir prinzipiell Recht, dass wir hier in einem Fachforum sind und uns als Lehrer aufgetragen ist, Lehrpläne umzusetzen.
Aber die Ausgangsfrage bzw. das Problem von skydep ruft doch gerade nach der Metaebene. Deswegen zwei Gedanken dazu:
1. Die empirischen Befunde sind so, dass Kinder und Jugendliche heute immer weniger Bewegung haben. Daraus folgt dann u.a. die große Anzahl an übergewichtigen und adipösen Kindern. Dazu kommt, dass Gesundheit und Sport hauptsächlich bei den finanziell und bildungsmäßig besser gestellten Familie Beachtung finden. Das ist erst einmal der Befund. Die Frage ist, wie reagiert man als Sportlehrer darauf - wohl kaum mit "Lehrplan durchziehen".
2. Persönliche Erlebnisse von Personen, die mit Sport Probleme hatten/haben, helfen beim Perspektivwechsel. Mir war der Umgang mit deutscher Sprache und Literatur fast immer eine Wonne. Dementsprechend ist es für mich aber auch wichtig zu verstehen, wie sich andere fühlen und anstellen, wenn sie mit meinen Selbstverständlichkeiten umgehen. Ich denke, einem Sportlehrer wird es ähnlich gehen.
Leider findet bei uns in der BS Sport fast gar nicht statt. Deswegen bin ich auch mit Sportdidaktik und Lehrplänen weder theoretisch noch durch Austausch mit Praktikern auf dem Laufenden. Aber wie sieht es denn z.B. mit Binnendifferenzierung, individueller Schwerpunktsetzung oder auch Lernen durch Lehren aus?
Zu meiner Zeit mussten beispielweise im Sommer alle die gleiche Anzahl an Runden im Stadium laufen, die gleiche Strecke in faktisch gleicher Geschwindigkeit (notfalls hinter der Gruppe hinterherhechelnd) joggen usw. Also zumindest im Erwachsenenfreizeitsport wäre so etwas heute ein absolutes no go...
Genau so wie wir Deutschlehrer heute wesentlich stärker mit Lesetechniken und der Vermittlung der Freude am Lesen beschäftigt sind, sehe ich auch die Sportkollegen in der Pflicht, gesellschaftliche Änderungen und auch Lehren aus der Vergangenheit (Sport war in meiner Zeit ein reines Fach, heute sollte es m.E. auch der individuellen Gesundheit dienen) umzusetzen. Zumindest aus meinen Fächern kann ich den Schluss ziehen, dass Lehrpläne genügend Freiräume bieten, so lange keine zentrale Abschlussprüfung steht. Deswegen muss man die Curricula nicht gleich entsorgen Das heißt natürlich im Umkehrschluss keinesfalls, dass jeder das macht, worauf er Bock hat.
edit und P.S. Dalyna: Hat sich da etwas geändert? Sport konnte zu meiner Zeit aus dem Abi gestrichen werden. Übrigens sprechen wir hier von einer HS-Klasse. Auch gibt es in B-W die umgangsprachliche KuMuTu-Bestimmung, dass ggf. zur Versetzung nur das beste Fach aus "Kunst, Musik, Turnen" zählt.