Zitat
Original von erdbeerchen
Ja, sehe ich ein, aber meint ihr ernsthaft, dass es möglich ist, in diesen "schweren Zeiten" noch mehr zu erhalten??? Durch eine Ablehnung und Streiks .
Ja, natürlich. Und zwar aus zwei Gründen:
1. Auch für Lehrer gibt es einen Arbeitsmarkt und der ist in vielen Bundesländern und Bereichen der Sekundarstufe bereits leer gefegt. Der aktuelle Spiegel meldet, dass bis 2015 jeder zweite Kollege in den Ruhestand geht und ausreichend Nachwuchs (schon jetzt) nicht zur Verfügung steht. Krankheitsvertretungen können - wie bei uns aktuell geschehen - nur durch die Reaktivierung pensionierter Kollegen geregelt werden. Auch für unseren Arbeitsmarkt gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Prinzipiell müssten die Gehalter der Lehrer also steigen, da einer wachsenden Nachfrage ein sinkendes Angebot gegenüber steht. Hier sind m.E. die Bemühungen der Gewerkschaften völlig unzureichend, speziell für den Lehrerstand Zulagen auszuhandeln. Wenn man sieht, wie in anderen Mangelberufen (Ärzte) abgesahnt wurde, machen unsere Verbände schlicht eine lächerliche Arbeit.
2. Der Zusammenhang Haushaltslage und Besoldung/Entlohnung der Lehrer bzw. Staatsdiener wird immer so gewendet, wie er für den Fiskus vermeintlich sinnvoll ist. Jetzt sind wir in schlechten Zeiten, also geben die Haushalte keinen großen Spielraum vor. In guten Zeiten müssen dann aber die Schulden der schlechten beglichen werden, so dass die Staatsdiener wieder keine großen Sprünge machen können. Wenn man ein wenig von Wirtschaftspolitik Ahnung hat, wäre es jetzt (da das Konzept der Nachfrageorientierung ja gerade auf breiter Seite neu entdeckt wird) sinnvoll, die Nachfrageseite in Form der zur Verfügung stehenden Gehälter der Staatsbediensteten zu erhöhen, um stärker Nachfrage zu kreieren. Das müssen keinen unvernünftigen Summen sein wie in den 70igern, aber immerhin so viel, dass es zu realen und gefühlten Nettolohnzuwächsen kommt. Denn vergessen wir nicht, was von der Bruttolohnerhöhung schon allein wieder von der kalten Progression gefressen wird!
Gerade auf den zweiten Punkt haben sich die Gewerkschaften gestürzt und gestützt. Nun müssen wir sogar hoffen, dass durch die zweijährige Laufzeit des Tarifvertrags 2010 die Konjunktur nicht zu schnell anspringt. Sollte das der Fall sein, werden wir mit stark steigenden Rohstoffpreisen rechnen müssen. Da die EZB nicht sofort beim Anspringen der Konjunktur die Geldmenge verringern wird (Zinserhöhung=Abwürgen des Wachstums) müssen wir in diesem Fall mit einer hohen Inflation rechnen und gehen wohl wieder mit einem Reallohnminus nach Hause. Also bitte alle beten, dass 2010 kein merklicher Wirtschaftsaufschwung stattfindet! Wie pervers, aber wahr!
Zuletzt zur Schlagkraft der Gewerkschaften: Man ist nun jedem echten und längeren Konflikt ausgewichen. Durch die Tarifunion mit verdi hätten schnell einmal in den letzten Wintertagen durch Streik in den Straßenmeistereien wirklich Druck aufgebaut werden können. Stattdessen hat man geplante Streiks sogar zurückgezogen - unzumutbar, dass Autofahrer zu spät ins Geschäft kommen. Hätten die Lokführer so ihre Tarifauseinandersetzung begangen, würden sie wohl jetzt einen ähnlichen Abschluss erreicht haben...