Dann sind wir uns ja einig. Ich denke die ganze Zeit, dass du ein angeborenes, neurologisches Phänomen vermutest (
Es ist auch angeboren oder durch die Geburt erworben. Darin ist sich die Wissenschaft einig. Dass durch Erziehung und/oder Umgebung die Symptome verstärkt oder abgeschwächt werden, das ist für mich auch unbestritten. Allerdings bezweifel ich (und auch die Wissenschaft), dass es ausschließlich durch die Unwelt ausgelöst wird. Es gibt Verhaltensauffälligkeiten, die aufgrund der Umwelt ausgelöst werden, diese sind dann eben kein ADHS.
Zur Psychotherapie: In der Psychotherapie (nochmal, es geht mir nicht (!!) um Medikamente) würde man mit den Symptomen umgehen und nur bedingt mit der Diagnose. Lediglich in der Verhaltenstherapie gibt es für unterschiedliche Erkrankungen konkrete Manuale, nach den man mehr oder weniger starr vorgeht. Und auch hier werden die Verfahren aufgeweicht. Man geht in der Therapie auf die Symptome ein, die nur bedingt etwas mit der Diagnose zu tun haben. Schließlich gibt es Einzelsymptome, die zu verschiedenen Diagnosen passen. Erst die Kombination aus unterschiedlichen Symmptomen führen zu einer konkreten Diagnose (so wie dies eben auch bei ADHS der Fall ist).
In dem von mir oben empfohlenen Podcast gibt es eine Folge zur Systemischen Therapie. Da wird es ganz gut erklärt.
Also, wie ich bereits schrieb, bin ich für eine multifaktoriale Beahndlung von ADHS. Ich bin kein Fan von Ritalin. Aber, wenn es die aktuelle Lebensqualität von Kindern verbessert und den perspektivischen Lebensweg erleichtert würde ich es aus meiner heutigen Sicht (früher war ich absolute Gegnerin), dem Kind nicht vorenthalten. Und ja, ich glaube, dass die Kinder, deren Umwelt sehr schlecht mit den ADHS Symptomen umgehen kann, besonders von der Medikation profitieren:
-Sie werden weniger gemaßregelt.
-Sie werden seltener geschlagen.
-Sie dürfen Selbstwirksamkeitserfahrungen machen, weil sie endlich etwas auf die Kette kriegen.
-Sie finden leichter Freunde.
-Sie haben (mehr) schulischen Erfolg, was zu einem Schulabschluss führen kann.
usw.
Warum zur Hölle sollte man es ihnen vorenthalten?
Man kann es jederzeit absetzen, wenn man merkt, dass die Nebenwirkungen in keinem Verhältnis stehen.
Depressiven gibt man auch Antidepressiva, auch wenn klar ist, dass die Depression in den seltensten Fällen ausschließlich organisch bedingt ist, und eine Psychotherapie begleitend sehr wichtig wäre. Dennoch gibt es Depressive, die keine Psychotherapie machen (wollen). Soll man ihnen das Antidepressivum dann wegnehmen?