Deswegen finde ich es wichtig, dass man im Großen und Ganzen auch mit seinem Beruf zufrieden ist. Die Tatsache, dass du, Salzkristall, schon 10 Jahre mit dem Studium rummachst, zeigt in meinen Augen, dass es dir schwerfällt, dich fürs Lehrerdasein zu entscheiden. (Als ich studierte ging es denjenigen, die unbedingt Lehrer sein wollten, nicht schnell genug, das Studium zu beenden.)
Danke dir. Das ist genau das, was ich im Ausgangsthread auch auszudrücken versucht habe, was mir dann aber als "Deuten auf äußere Umstände" ausgelegt wurde. Ich würde selbst von mir trotz aller Demut und Bescheidenheit behaupten, dass ich nicht unbedingt auf den Kopf gefallen sein dürfte und ich mir natürlich in all den Jahren Studienzeit durchaus kritisch und selbstreflektiv versucht habe, meine gegenwärtige, mäandernde Zick-Zack-Linie zu erklären. Auch ich bin immer wieder auf den Gedanken gekommen, dass sich das Rauszögern des Studiums quasi indirekt als eine Art Sträuben vor dem Ref und dem nächsten Schritt zeigt. Ich hatte auch jene Kommilitonen, die gar nicht schnell genug wieder weg sein konnten und endlich an der Schule ihr Ding machen konnten. Ich selber konnte gar nicht lange genug an der Uni bleiben und diesen Zustand so lange wie möglich vermeiden. Natürlich unbewusst, nicht bewusst. Es ist nicht so, als hätte ich absichtlich jedes Semester nur 1 Kurs belegt.
Aber es waren solche Dinge wie Fachwechsel, Auslandsaufenthalt, Wechsel der Prüfungsordnung, die alle Zeit kosteten und mich inhaltlich wieder etwas zurückgeworfen haben, die ich aber gerne in Kauf genommen habe, um einfach noch nicht da stehen zu müssen, wo ich jetzt stehe: nämlich unweigerlich vorm Abschluss und der notwendigen Entscheidung: wie geht's nun weiter. Irgendwas muss jetzt folgen.
Wie interpretiert man dieses Sträuben nun? Angst? Unsicherheit? Falsch eingeschlagener Berufsweg, hinter dem man gar nicht so wirklich steht, sondern ihn nur aufgrund eines neurotischen Bedürfnisses nach Sicherheit, geregelten Arbeitszeiten und gutem Einkommen gewählt hat?
Zitat von Samu
Hab jetzt nicht alles gelesen, aber das Lehramt ist doch gar nicht dein Problem, oder? Sag, wenn ich falsch interpretiere: Kurz, du traust dich nicht auszuziehen und ein Leben anzufangen.
Doch, das hast du wohl etwas falsch interpretiert. Ich bin quasi seit Beginn des Studiums mehr oder weniger von zuhause ausgezogen gewesen, denn der Studienort ist ca. 120km vom Elternort entfernt. Ich schrieb ja auch von einer kleinen Studentenwohnung, die ich dort habe. Aufgrund von Corona finden dieses Jahr aber keine Präsenzveranstaltungen statt, sondern alles online. Da bin ich dann natürlich wieder zu den Eltern heim ins größere EFH, denn wieso sollte ich dann mutterseelenalleine in meiner 30m² Bude versauern?
Ich kann sehr gut selbstständig und alleine leben - das ist nicht das Problem. Auch ein eigenes Leben kann ich führen - das habe ich ja quasi die ganze Zeit schon, seit ich fürs Studium weggezogen bin. Nein, es plagt mich aktuell einfach die Unsicherheit bezüglich des eingeschlagenen Wegs und die, ja, Angst vor dem Referendariat. Denn momentan bin ich emotional sehr instabil, leide täglich unter psychosomatischen, körperlichen Beschwerden, die mir ständig Angst vor einer möglicherweise tödlichen oder unheilbaren Krankheit einflößen. Ich komme zurzeit kaum dazu, überhaupt meinen Studienkrams zu erledigen. Würde ich morgen mit dem Ref beginnen, wäre das so sicher wie das Amen in der Kirche, dass ich da nach 2 Wochen wieder draußen wäre.
Zitat von Alterra
An wen man im Ref gelangt, kann man sich in den seltensten Fällen aussuchen. Klar kann man jetzt argumentieren, dass man als Erwachsener in der Lage sein sollte mit allen irgendwie zurechtzukommen, aber ich kann für mich sprechen: Wäre mehr als eine, im Ref relevante Person so gewesen wie Person X für mich, hätte ich das Ref vermutlich nicht geschafft. Und ich war damals psychisch wirklich stabil. Geht man nun so unsicher ins Ref wie der TS und gerät ebenfalls an eine (oder vielleicht sogar mehrere) solche Person, kann das den Abbruch bzw die Aufgabe bedeuten.
Genau diese Befürchtung habe ich nämlich aktuell auch. Ich hatte es weiter oben ja schon gesagt: schon für einen emotional komplett gesunden und selbstbewussten Menschen kann das Referendariat zur Psycho-Qual werden - das wurde mir selbst schon von Kommilitonen berichtet und das liest man ja auch oft in Foren wie hier.
Natürlich muss das nicht die Regel sein, aber irgendwas in mir sagt mir, dass ich das Ref vielleicht erst dann anpacken sollte, wenn ich soweit emotional wieder gut-gestellt bin, dass ich selbst auch so viel Sicherheit und Mut habe, es packen zu können. Und bis dahin vielleicht erst einmal etwas anderes hören und sehen sollte. Daher auch meine Idee mit der Ausbildung.
Was schadet es, eine Ausbildung als Plan B zu absolvieren und danach das Ref anzufangen? Entweder das Ref läuft dann gut und ich hätte danach dann 2 berufliche Möglichkeiten, zwischen welchen in wählen könnte (Lehramt oder Ausbildungsberuf), oder aber das Ref läuft nicht so, wie geplant, muss abgebrochen werden oder wird nicht bestanden und ich hätte dann aber immer noch eine Ausbildung, auf die ich zurückgreifen kann.
Mir scheint so ein Weg logischer, als jetzt alles auf die Ref- und Schul-Karte zu setzen, und im Worst Case dann nochmal 3 Jahre älter zu sein und am selben Punkt zu stehen wie jetzt. Manche von euch rechnen anscheinend nicht mit dem "Worst Case", so wohl MrsPace, das ist schön und gut. Aber in meiner Welt der großen Unsicherheiten und Zukunftsängsten muss möglichst alles an Eventualitäten auf dem Schirm sein. Das war schon immer so, auch wenn das Leben natürlich nicht planbar ist. Aber ein stückweit kann ich es planen und kontrollieren.
Ihr müsst meine Situation auch mal von meinen Augen aus betrachten: ich stehe nun kurz vor Beendigung des Studiums, das andere vor 5 Jahren bereits abgeschlossen haben, schon längst in Lohn und Brot sind, wissen, was sie wollten und wollen und alles paletti ist. Ich war von Anfang an unsicher ob dieses Weges, aufgrund dieser Unsicherheit entwickelte sich eine umso größere Furcht vor diesem Referendariat, mit Blick auf (wie man mir mal im beruflichen Seminar mitteilte) meine "Todeskombination" an Fächern und des damit verbundenen, wegfallenden Lebens wächst ein Unmut in mir, ob ich mich damit wirklich fortan bis zur Pension (falls ich bis dahin überhaupt komme) rumschlagen möchte, da ich ja eh nicht so 100% von den fachlichen Inhalten überzeugt bin.
Andererseits stehe ich nun mit 30 da und habe quasi noch nichts, außer ein Studienabschluss im Gymnasiallehramt und einigen 450€-Nebenjobs aufzuweisen. Sollte ich diese lange Zeit und das viele Geld, das in diese Ausbildung investiert wurden, jetzt einfach so über den Haufen werfen und mich zwingen, mich einfach in diesem Berufsfeld "zurechtzufinden", nach dem Motto: "wird schon irgendwie klappen"? Dann die Anreize eines gut bezahlten Berufs, einer Verbeamtung (die ich vermutlich aufgrund meiner angefangenen Psychositzungen nun aber eh nicht mehr kriegen werde) und all den Sicherheiten, die mir eigentlich als sicherheits-liebender Mensch wichtig sind?
Es ringen hier 2 Seiten sehr stark mit mir. Andererseits sage ich mir: es gibt auch zig andere Berufe neben dem Lehramt, die auch nicht schlecht verdienen und die auch nicht am Hungertuch nagen müssen. Vielleicht sollte ich mich da auch etwas von den durch meine finanziell erfolgreichen Eltern stark geprägten Gehaltsvorstellungen auch etwas lösen. Denn natürlich behauptet mein Vater, nur verbeamtete Lehrkräfte hätten ein einigermaßen tolerables Einkommen und angestellte Lehrkräfte könnten keine großen Sprünge machen und über die Sommerferien gar zum Sozialamt, wenn er durch seine Selbstständigkeit natürlich ganz andere Gehaltswelten gewohnt ist.
Vielleicht ist da auch seine Sichtweise etwas verzerrt und ich mache mir natürlich einen unnatürlich hohen Druck dadurch. Erwartungsdruck. Wenn ich aber so an die bevorstehende Zeit denke, die durch meine Fächerkombination ohnehin sehr zeit- und stressintensiv sein wird und ich weiß, dass ich emotional sehr stressanfällig bin, dann sehne ich mich ehrlich gesagt einfach lieber nur nach einem geregelten 8-17 Uhr-Job im oben angesprochenen Telekommunikationsbereich, wo ich abends heimkommen kann und weiß, jetzt ist Feierabend. Und wenn ich da dann auch "nur" meine 2,5k dafür habe monatlich, ja mein Gott, da gibts noch viele, die schlechter dran sind finanziell.
Mir ist allerdings wichtig, dass ich das Studium abschließe, denn das Ref kann ich quasi jederzeit beginnen, die Tür zum Lehramt wäre dadurch ja nicht zu, oder? Aber mit steigendem Alter geht die Tür für Alternativberufe und Ausbildungen zu, deswegen scheint es für mich logischer, sich lieber jetzt noch breiter aufstellen und dann das Ref irgendwann anpacken, als jetzt alles auf die Lehramtskarte zu setzen und in 3, 4, 5 Jahren im worst case am gleichen Punkt zu stehen wie jetzt, nur mit weiteren 5 Jahren auf dem Buckel und im Lebenslauf...