Ich bin etwas erstaunt, wie wenig Verständnis und wie viel "Hab dich nicht so, das liegt nur am Selbstbewusstsein"- Einstellung hier vorherrscht.
Ich denke, dass die ganze Vergleiche mit weiblichen Lehrkräften dem Threaderöffner nicht wirklich weiterhelfen werden. Es ist logisch und nachvollziehbar, dass ein großer Teil der weiblichen Belegschaft unter 1,70 groß sein dürfte und dennoch in der Schule bestens klarkommt. Allerdings sind Frauen seit jeher daran gewöhnt, sich trotz geringerer Körpergröße usw. durchzusetzen, sich eine Präsenz zu erarbeiten und es ist gesellschaftlich akzeptiert, dass Frauen klein sind und dennoch Respekt bekommen. MÄnner haben das zumeist nicht nötig und somit gibt es auch vergleichweise wenige Vorbilder für kleine Männer, wie das zu handhaben ist. Weibliche Vorbilder hilfen einem nur wenig, wenn man sowieso schon an der eigenen MÄnnlichkeit zweifelt.
Sein Problem ist, dass er, als Mann, ziemlich klein ist. Als Mann ist das durchaus ein Problem, dass das eigene Selbstbewusstsein zerfressen kann, denn ein Mann gilt seit jeher unter anderem dann als besonders durchsetzungsfähig und männlich, wenn er groß und breitschultrig ist und bestenfalls noch eine tiefe Stimme (plus ein paar weitere Merkmale hat). Eine Frau gilt als weiblich, wenn Sie...sehr verkürzt dargestellt...schön ist. Die Größe ist da eher zweitrangig.
Es ist wohl kaum abszustreiten, dass die Größe eine Mannes, sowohl für seine Selbstwahrnehmung als auch für seine Wahrnehmung durch andere Personen, eine größere Bedeutung hat als die die Größe einer Frau. Nicht umsonst gibt es massenhaft Witze über kleine Männer (Napoleon-Komplex --> je kleiner der Mann..usw.). Armin Laschet wird wegen seiner Größe als Hobbit bezeichnet, Olaf Scholz bezeichnet man gerne als Schlumpf. Ständig gibt es mehr oder minder bewusste Wortwitze über kleine Männer ("Armin Laschet zeigt Größe"). Studien belegen, dass bei Männern die Körpergröße implizit durchaus eine Auswirkung darauf hat, wie erfolgreich sie im Beruf sind und wie respektvoll man ihnen begegnet. Bei Frauen ist das in viel geringerem Ausmaß der Fall, was aber auch damit zu tun hat, dass Frauen die Strategien, geringere Größe zu kompensieren und Präsenz zu zeigen, von klein auf erlernen während die wenigsten Männer mit dem Gedanken aufwachsen, nur mit einem Sitzkissen unterm Hintern über's Lenkrad schauen zu können. Kleine Männer gelten allgemeinhin, bei MÄnnern und bei Frauen, als unattratkiver und weniger erfolgreich als große MÄnner, ob bewusst oder unbewusst tut dabei wenig zur Sache. Man schauen sich nur in den gängigen Medien und Filmen um, die junge Menschen interessieren (und somit beeinflussen): Selten ist der Held ein kleiner, womöglich sogar noch rundlicherer Typ.
Ich kann also gut verstehen, dass der Threaderöffner unglücklich ist und sich Gedanken darüber macht. AbER. Diese Problematik würde ihm auch in den meisten anderen Jobs, in denen er mit Menschen zu tun hat, begegnen, und zwar unabhängig davon, ob er mit Erwachsenen oder Kindern zu tun hat.
Da hilft nur am eigenen Selbstbewusstsein zu arbeiten und zu erkennen, dass letztens Endes der erste Eindruck, den man macht, eben zwar optisch ist, aber nicht endgültig und durch das, was man allgemeinhin als Charisma kennt, locker kompensiert werden kann. Mein extremst cooler Mitreferendar war ~ 1,60 groß, selbst ich war größer. Er war aber einfach so genial drauf, dass er NIE auch nur ansatzweise Probleme hatte, und er hat stets an Schulen mit ziemlich schwierigem Klientel gearbeitet. Und er ist bei Weitem nicht das einzige positive Beispiel dafür, dass kleine Männer völlig problemlos erfolgreich in der Schule sein können. Aber: Unsicherheit ist ein Killer. Sobald diese bemerkt wird, kann man schnell zur Zielscheibe werden, ob nun wegen der größe, wegen der großen Nase oder der fernglasartigen Brillengläser auf der Nase.