Ich verstehe die Kritik an Bolzbolds Modell nicht. Ganz offensichtlich wurde einvernehmlich und ganz pragmatisch entschieden, dass er VZ und seine Frau TZ arbeitet und das auf Grundlage sehr pragmatischer Gründe finanzieller und zeittechnischer Art (VZ würde für seine Frau, auch wenn beide exakt gleich verdienen würden, aufgrund ihrer Fächer ungleich mehr Arbeit und somit mehr Stress, mehr Belastung usw. usw. bedeuten als für Bolzbold, der Stundenlohn wäre also mies gewesen).
Davon ausgehend, dass seine Frau
1. zum Zeitpunkt jener Entscheidungen volljährig und
2. intelligent genug war, um in der Lage zu sein, die Konsequenzen abzuschätzen und
3. nicht unter dem Einfluss von irgendwelchen Substanzen stand, also Herrin ihrer Sinne war,
verstehe ich nicht, warum man hier mit dem moralischen Zeigefinger wedelt und es so darstellt, als habe Bolzbold auf dem Rücken seiner nahezu wehrlosen Ehesklavin seine Karriere vorangetrieben. Die Entscheidung wurde von zwei erwachsenen Individuen gemeinsam gefällt: "Sowohl finanziell als aus vom zeitlichen Aufwand her macht es mehr Sinn, wenn du VZ arbeitest und ich TZ. Auf diese Weise bekommen wir eine Familie mit 3 Kids und ein abzuzahlendes Haus gewuppt. Andersrum hätten wir deutlich weniger Zeit, weniger Geld und insgesamt mehr Stress."
Ich finde es geradezu anmaßend, seiner Ehefrau implizit zu unterstellen, sie hätte sich von Bolzbold verarschen lassen. Was ein Unsinn.
Beispiel von uns:
Mein Mann (A13) und ich (A13Z) arbeiten derzeit beide TZ (~75%), um mal auszuprobieren, inwiefern sich dies spürbar auf unser Leben hier auswirkt. Normalerweise arbeitet er VZ und ich TZ (75-80%). Ich habe zwei Korrekturfächer, er keines. Mit 75-80% TZ arbeite ich DEUTLICH mehr und länger als mein Mann in VZ, sogar mit freiem Tag im Stundenplan. Jetzt, wo wir beide TZ arbeiten, macht sich das sogar noch mehr bemerkbar, mein Stundenlohn ist im Vergleich zu seinem beschissen.
VZ kommt derzeit für mich aufgrund des enormen Zeitaufwands für Korrekturen, Vorbeireutung (und freier Tag weg) schlichtweg nicht in Frage. Ich WÜRDE GERNE, aber es würde aufgrund meiner Fächer und Einsatzmöglichkeiten faktisch dazu führen, dass ich monatelang über dem Schreibtisch abtauchen würde und absent wäre. Umgekehrt bedeutet VZ für meinen Mann kaum einen Mehraufwand. Er hätte keine weiteren spürbaren Korrekturen, sein Stundenplan würde sich nicht merklich ändern und unser Leben hier vor Ort würde deutlich weniger negativ beeinflusst.
DAS ist dann Lebensrealität. Mein Mann macht keine Karriere auf meinem Rücken (er hat auch eine A13 Beförderung an seiner Schule), sondern es gibt ganz prakmatische, rationale Gründe, warum man sich so oder so entscheidet. Toll finde ich das auch nicht, aber das hat absolut null damit zu tun, dass der Mann irgendetwas schaffen kann/ausleben kann/arbeiten kann, nur weil "die arme Frau" in TZ arbeitet.
Ich würde den allermeisten Menschen zunächst erstmal unterstellen, dass Sie diese Entscheidungen einvernehmlich und ganz bewusst getroffen haben und zwar immer abhängig von der eigenen Lebenswirklichkeit und unabhängig von gesellschaftlichen Einflüssen. Ich kenne niemanden, der nicht darüber nachdenkt, welche Konstellationen möglich und sinnvoll sind, und sich dann dagegen entscheidet, nur um nicht als "konservativ antifeministisch" angesehen zu werden. Bei den meisten Paaren spielen ganz andere Überlegungen eine Rolle: "Wie können wir sicherstellen, dass wir uns dies und jenes leisten können, ohne zu knapsen? Was ist für uns, in unserer Familienkonstellation, mit unserem (familiären) Netzwerk und in unseren Beruf realistisch umsetzbar?".
Die meisten meiner Freundinnen (Lehrerinnen und NIcht-Lehrerinnen) nehmen alle mindestens 1 Jahr, eher 3 Jahre Elternzeit. Warum? Weil sie es so wollen, und da habe ich nicht drüber zu urteilen. Im Gegenteil, zwei Jahre unbezahlt daheim bleiben ist bei mir derzeit einfach nicht drin.
Bei uns im Kollegium arbeiten zwei Elternteile VZ: Eine alleinerziehende und einer, der sich gerade in der Scheidung befindet. Beide gehen am Stock. Fraglich ist, was daran nun so erstrebenswert ist.