So uninteressant ist die Frage gar nicht mal.
Warum wollen so viele nach Berlin, wenn "anderswo im Osten" so viele abbrechen/verschwinden?
Tja, woran mag das wohl liegen?
Vielleicht daran, dass es eben "der Osten" ist, wo viele der Auffassung sind, dass da keine Zukunft ist/der Hund begraben ist/zuviele Neonazis rumlaufen/...?
Vielleicht sollte dann "der Osten" mal was an seinem "Image" arbeiten.
Ich kenne einige Leute, die zwar zB in Sachsen aufgewachsen sind, aber quasi mit Schulabschluss "froh waren, da raus zu sein".
Ich kanns verstehen.
Gegenfrage - sehen die Werte im Westen ähnlich schlimm aus? Wenn nein, bestätigt das meine These.
Da du ja gerne Statistiken liest und zitierst, hast du da mal eine sinnvolle Hausaufgabe.
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Hallo,
die Frage liegt mir sehr am Herzen, und die Reaktionen, die dafür bekommen hast, symbolisieren das Problem. Ich bin selbst ein "Ossi" post Wende.
Ich habe meinen Dienst in West und Ost verrichtet und war immer sehr offen für verschiedene BL. Naiverweise dachte ich auch als Jugendlicher, dass es keine Unterschiede mehr gäbe in Ost und West. Ach, wie naiv ich war. Ich verstehe sehr gut, warum es viele Menschen aus dem Osten wegzieht und nicht mehr hinzieht.
Eine Sache, die gern vergessen wird, ist der Einfluss, den die alte Generation auf das System hat. Autoritäre Strukturen und Muster sind immer noch verhaftet, und das macht es gerade jüngeren Lehrern, die die Werte der Bundesrepublik gelernt haben und leben wollen, schwierig. Kollegien in der tiefsten Ostprovinz sind hoffnungslos überaltert (natürlich nicht in den urbanen Gegenden). Dort herrschen Diskussionen darüber, wie überlegen EOS und Ost-Abi gewesen seien, wie schlaff es heute sei, hinterrücks wird doch sehr unangenehm über SuS mit Migrationshintergrund gesprochen, und teilweise herrschen noch hierarchische "Benimmregeln" unter Kollegen, die aus der Kaiserzeit stammen könnten. Natürlich werden sich jetzt ältere Kollegen angesprochen fühlen, aber bitte, graue Haare schützen vor Kritik nicht.
Für ein sehr gutes Angebot bin ich in eine Gegend gezogen, die man als "strukturschwach" im Osten bezeichnen könnte. Es ist tatsächlich so, dass es hier hinsichtlich Infrastruktur etc. gar nicht so schlecht ist und sogar ein zivilisiertes Leben möglich ist. Aber es ist auch eine Gegend, in der CDU und AFD gleich stark sind. Ich glaube, ich kann gerade deswegen etwas mitreden. Jeder fragte mich, warum ich denn in diese Gegend ziehen wolle, ob ich keine Angst habe - jeder. Das Image, wie Du schreibst, ist schlecht. Und das hat Gründe. Ich habe hier sehr nette Menschen gefunden, aber unter der Oberfläche ist es teilweise "tiefbraun".
Ich denke aber auch, dass es gerade Input von außen braucht, um die Dinge langsam zu ändern. Ich empfinde es als befriedigende Aufgabe, frischen Wind und andere Ansichten zu bringen. Es gibt hier tolle SuS, die sich politisch einsetzen. Es gibt aber auch SuS, die meinen, dass z.B. Black Lives Matter nicht nach Deutschland gehöre uvm., das ich jetzt nicht anführen will.
Die neuen BL müssen sich ferner der Kritik stellen und nicht empört darauf reagieren, dass das Image schlecht sei. Es gibt da manche, die sich in sich selbst zurückziehen und sich isolieren, von der Landesregierung bis hin zum Kollegium. Gerade Gegenden, die sehr vom rechten Radikalismus/Extremismus betroffen sind, führen oft die Listen der unbesetzten Stellen an.
Auch liegst du richtig, dass dem Pessimismus ein Ende bereitet werden muss. Es gibt hier Lebensvorteile, die man im Westen nicht bekommt. Aber das sieht man nicht, da eine traumatisierte Generation am Hebel der Macht sitzt: Das Wende-Narrativ lähmt alles. Die Wirtschaftskrise der 90er war hart, keine Frage, aber sie hat keine Bedeutung mehr für SuS, die 2000 geboren wurden. Sie brauchen eine neue Orientierung jenseits von "alles ist schlecht und verloren", "die Außenwelt ist böse" und "früher war alles besser". Es lähmt, es lähmt...