Es zeichnet sich eine sehr ernüchternde bis ernste mittelfristige Perspektive für den Kampf gegen SARS-CoV2 ab. Es ist noch lange nicht vorbei und wer das Ende der Pandemie herbeireden will, ist genauso an der Realität vorbeigerauscht, wie die, die das letzten Sommer taten. Die aktuellen Zahlen aus Israel haben folgende Implikationen:
Der Immunschutz geht nach 6 Monaten rapide zurück / ist durch Delta derart kompromittiert, dass eine Schutzwirkung gegen Ansteckung nur noch wenig besteht. D.h. die Impfung hat als Schutz gegen LongCovid, leichte Verläufe vielleicht ein Verfallsdatum von 6 Monaten. Der Schutz gegen schw. Verläufe ist noch deutlich ausgeprägt, allerdings ist auch dieser nicht so hoch, dass man einen derartigen Verlauf als zu vernachlässigendes Risiko bezeichnen könnte.
Mit Gamma und Epsilon sind bereits Varianten unterwegs, die die Impfwirkung noch deutlich stärker herabsetzen. Im Labor zeigten sich bei künstlicher Evolution SARS-CoV2 Varianten, die noch wesentlich ansteckender sind und die generell immer unempfindlicher für die humorale Immunabwehr werden (was kreuzgefährlich ist). Umso mehr Ansteckungen wir zulassen, gerade bei laufender Impfkampagnen, züchten wir fleißig weiter Mutanten. Der Expertenrat von UK warnte kürzlich vor der Gefahr einer wesentlich tödlicheren Variante mit bis zu 35% Todesrate. Das ist durchaus eine denkbares Gefahrenszenario, denn SARS-CoV2 ist eng mit MERS verwandt und hinsichtlich des einschlägigen Rezeptors nur wenige Mutationsschritte von dessen gewebezerstörenden Eigenschaften entfernt.
Umso mehr Varianten unterwegs sind, desto schwieriger wird es schließlich auch zu Impfen (siehe Grippe, nur hier potentiell nach oben offen). Was ist wenn gesundheitliche Probleme auftreten, wenn man alle paar Monaten auf zig Varianten impft? Noch nicht absehbar.
Neue Daten aus Israel.
Der Anteil der Zweifachgeimpften liegt etwas über 50%. Es zeigt sich, dass Schutz gegen schweren Verlauf noch deutlich vorhanden ist, diese dadurch aber nicht als weitgehend ausgeschlossen bezeichnet werden können. Schutz gegen "leichte Erkrankung" (wobei bekanntlich auch da genug Langzeitfolgen drohen, sagen wir mal besser Verläufe ohne Hospitalisierung) kaum mehr vorhanden / bricht schnell weg. Trotz weit fortgeschrittener Impfkampagne Inzidenz 500 / 100.000. Es ist überhaupt nicht vorbei, wer jetzt nach allumfassender Lockerung quengelt lässt mal wieder die Realität an sich vorbeirauschen.
Neue Varianten heißt auch eine höhere Gefahr für Neuansteckung; jedes mal drohen wohlmöglich die bekannten und auf möglicherweise sehr ernste Sequelae hindeutenden Gefäß- und Nervenschäden bei einer Teilmenge der Erkrankten.
Noch haben wir die Chance glimpflich davonzukommen, aber nur wenn die Vernunft einzug hält und eine dauerhafte Niedriginzidenzstrategie folgt und Neumutationen entweder global ausgemerzt oder zumindest durch Grenzkontrollen abgehalten werden. Impfbemühungen müssen koordiniert werden, der Schengen raum muss sich gemeinsam an die Unterdrückung von Virusvarianten machen. Länder, die in laufender Impfkampagne weiterhin hohen Inzidenzen zulassen spielen mit unser aller Zukunft und sollten entsprechend ihren eigenen Weg (hinter dem geschlossenen Schlagbaum) gehen.