hm. also angesehen davon, dass ich nicht sehe, dass die Kombination "Recht und Wirtschaft" in irgendeiner Art objektiv "besser" zusammenpasst, als jede andere Kombination, ist die Auswahl der Kombination nunmal auf ein bestimmtes (Kompetenz/Ideologie/Fachdidaktik)-Ziel ausgerichtet. Ich finds aber gut, dass Du nachfragst - so eindeutig ist die Besonderheit des Faches Sowi ist, wird Außenstehenden offenbar garnicht unmittelbar klar und bedarf anscheinend einer expliziteren Vermittlung.
In NRW war das vornehmliche Ziel bislang nicht die stumpfe Anhäufung von Sachkompetenz - wobei die genannten Gegenstände Bedarf/Bedürfnisse/Güterarten/Ziele von Unternehmen/Rechtsformen von Unternehmen/Ökonomisches Handeln/Kaufvertrag bei Jugendlichen/Mitbestimmung/ VerbraucherInnenschutz etc. - natürlich unterrichtet werden. Ziel des Fachs Sowi war es, die politische Urteilskompetenz zu fördern, i.e. die Befähigung zu einer selbstständigen, begründeten und möglichst kriterien- oder kategorienorientierten Beurteilung politischer Akteure, Ereignisse, Probleme und Kontroversen und das Verständnis, das für politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenhänge erforderlich ist, die die Bereitschaft sich dafür öffentlich zu rechtfertigen mit einschließt.
Die gesselschaftlichen Probleme sind mE nicht nur aus einer Perspektive (i.e. der ökonomischen) zu betrachten, sondern benötigen, um die von Dir geforderte Multiperspektivität einzubeziehen, mehrere Blickwinkel mit ihren jeweilig unterschiedlichen Logiken. Andere, neben den von Dir genannten Themen Arbeits- und Sozialpolitik, wären da zB. Wirtschaftspolitik, Umweltpolitik, Außenpolitik (International, EU) etc. In allen diesen Feldern stehen sich angesichts knapper Ressouren Effizienz und andere Werte gegenüber, und müssen abgewogen werden. Dieser Umgang mit Ambiguität ist, finde ich, eine große Stärke des Faches, und das Schöne daran ist, dass es auf diese Weise durch KollegInnen jeden politischen Geschmacks unterrichtet werden kann - schließlich sind wir dem Beutelsbacher Konsens verpfflichtet.
PS: Jule13 hat nochmal von einem anderen Fach gesprochen "GL"= Gesellschaftslehre. Das ist eine Mischung aus dem Fach Sozialwissenschaften, Erdkunde und Geschichte, die an Gesamtschulen und Sekundarschulen unterrichtet wird - die Schulen können die Fächer entweder getrennt, oder eben integriert unterrichten. Integriert ist bei den FachkollegInnen nicht so superbeliebt, weil die Fachdidaktiken der drei Fächer wirklich sehr unterschiedlich sind. Dh. Erdkunde- und GeschichtskollegInnen weigern sich, Wirtschaft fachfremd zu unterrichten, weil sie sich schon mit Sozialwissenschaften nicht wohl gefühlt haben und sich somit immer weiter von ihrem eigentlichem studierten Fach entfernen. (Jedoch habe ich neulich gelesen, dass die KuK in Berlin sogar
Oberstufenkurse quasi fachfremd unterrichtet werden müssen, also ich
müsste als Sowi-Lehrer nen LK Geschichte unterrichten - hab ich das
richtig verstanden?) Nicht das Fach selbst ist also ne Ideologiefrage, sondern, ob das Fach von allen zT fachfremd unterrichtet werden soll (= integriert), oder eben die Erdkundekollegin nur die Erdkundeeinheit macht, während der Geschichtskollege die Geschichtseinheit macht usw.
aber da Du schreibst, dass "Ein Fach Wirtschaft bedeutet nicht [bedeutet], dass dann neoliberale Anzugträger vor der Klasse stehen und irgendwelche marktradikalen, kapitalistischen Thesen verbreiten." möchte ich kurz daran erinnern, dass fehlende Zertifikatskurse zur Nachqualifizierung durch Fortbildungen bei entsprechenden marktliberalen Institutionen ergänzt werden sollen."