Ging es da vielleicht irgendjemandem von euch auch so? Habt ihr euch durch das Studium gequält
Hier! Ich bin zwar noch nicht im Beruf (mein Ref startet jetzt dann zum Halbjahr), deshalb kann ich dir deine Ausgangsfrage nicht so wirklich beantworten, aber ich kann dir versichern, dass mein Studium wohl so ähnlich "unstrukturiert" verlaufen ist, wie deines.
Du hast nach Erfahrungen gefragt, also erzähle ich dir einfach mal wie ich mein Studium empfunden habe und wieso ich mich trotz ähnlicher Probleme/Zweifel dazu entschieden habe jetzt ins Referendariat zu starten:
In den ersten Semestern (sagen wir mal bis zum 3. Semester) hatte ich wahnsinnig mit dem Arbeitspensum und der Organisation zu kämpfen, von der Schule war ich es überhaupt nicht gewohnt mich für gute Noten anstrengen zu müssen und jeden Tag pflichtbewusst Lernstoff vor- und nachzubereiten.
Semester 4-7 hatte ich dann meinen Rhythmus gefunden (jeden Tag um dieselbe Uhrzeit aufstehen, von 8-16 Uhr an der Uni sein, ggf. zwischen den Veranstaltungen in der Bib sitzen und arbeiten).
Semester 8 war dann das Sommersemester 2020 und das hat mich ganz schön straucheln lassen, denn das "von zu Hause aus" hat mich sehr aus der Arbeitsroutine geschmissen und mich stark in Prokrastination verfallen lassen.. Allerdings muss ich auch sagen, dass das Arbeitspensum durch die Zoom-Veranstaltungen deutlich angestiegen ist. Auch viele meiner Kommiliton:innen haben das so gesehen. Was früher "Kleinigkeiten" waren, z.B. einen Text für das Seminar lesen, war auf einmal viel aufwändiger, da die Dozierenden uns nun auch zu beantwortende Leitfragen geschickt haben, welche wir vor dem Seminar abgeben mussten.
(Nicht falsch verstehen: Ein normales Durcharbeiten eines Textes frisst schon auch Zeit und möchte man im Seminar ordentlich mitdiskutieren bereitet man sich auch selbst auf Leitfragen vor. Jedoch ist es schon noch mal ein anderer Zeitaufwand und Druck das Ganze für die Dozierenden aufzubereiten und schon einen Tag vor Seminarbeginn abzusenden).
Semester 9+10 waren dann wieder ziemlich okay, da ich die Bib wieder besuchen konnte. In diesen Semestern hatte ich keine Veranstaltungen mehr, sondern habe nur noch selbstständig meine Zulassungsarbeit verfasst und mich auf das Staatsexamen vorbereitet. Hier kam nur folgendes Problem besonders zum Tragen:
Wenn ich meine Zeit vollkommen frei einteilen kann, bin ich auch unglaublich unproduktiv. Stichwort: Prokrastination. Ich könnte z.B. niemals eine Doktorarbeit verfassen, weil mir da die Struktur fehlen würde: Ich brauche regelmäßige Termine bzw. Deadlines!
Es war für mich wahnsinnig anstrengend produktiv zu Arbeiten mit Deadlines, die in weiter Ferne (10 Monate) lagen. Irgendwie hab ichs hinter mich gebracht, mit selbst gesetzten, kleinen Deadlines, aber rückblickend muss ich schon sagen: Es war eine Qual.
Ich bin sehr gespannt wie es bei mir im Referendariat weiter geht, aber ich hoffe dass die vielen "kurzen Deadlines" mir ein gutes Rahmengerüst für meine Arbeitsplanung geben.
das liegt mir einfach nicht, genauso wie das wissenschaftliche Arbeiten. Ich lerne Dinge lieber aus praktischen Erfahrungen. Irgendwie haben mich die paar Stunden, die ich im Orientierungspraktikum unterrichten durfte mehr gelehrt als 2 Jahre Fachdidaktik und Bildungswissenschaften. Dazu kommt noch, dass alles online stattfindet und ich mit meinem Studium so überhaupt keine Freude verbinden kann, nur unendlich lange Aufgaben, für die ich mich nicht motivieren kann, weil ich die Inhalte nie im Leben brauchen werde. Es war etwas besser, als zu Semesterbeginn endlich mal wieder Präsenzlehre war, da fiel es mir auch leichter, mich zu motivieren.
Mit diesem Aspekt habe ich auch sehr lange gehadert, habe deswegen neben den (wenigen) vorgeschriebenen Praktika freiwillig noch 2 weitere (je 4 Wochen) in den Semesterferien gemacht und versucht so viel vor Klassen zu stehen wie nur möglich. Das hat mich dann immer wieder "auf die Bahn" gebracht und ich war wieder motiviert mein Studium durchzuziehen und überzeugt, dass ich mich für die richtige Laufbahn entschieden habe.
Jetzt bin ich fertig mit dem Studium und kann sagen: Wissenschaftliches Arbeiten macht mir immer noch nur sehr begrenzt Spaß.
Wenn du also schreibst, dass deine Zweifel vor allem durch das "System Universität" und "Corona-Studium" aufkommen, dann weiß ich dass du mit diesen Gedanken auf keinen Fall alleine bist!
Für mich persönlich war ausschlaggebend:
Solange dir die Praktika Spaß gemacht haben und dir Sicherheit geben, den richtigen Beruf gewählt zu haben und du ein gewisses Maß an Interesse für deine Fächer aufbringen kannst, ist die Wahrscheinlichkeit im Lehrberuf glücklich zu sein definitiv gegeben!
Ich bin auf jeden Fall Feuer und Flamme für das Referendariat und versuche mich auch nicht von den ganzen Horrorgeschichten verunsichern zu lassen. Für mich fühlt es sich definitiv nach "Endlich kann ich da hin, wo ich immer hinwollte!" an und ich bin sehr froh, dass ich mich dazu entschieden habe das Studium durchzuziehen.