Guten Abend in die Runde,
warum sich einzelne Personen so entscheiden oder sich so entschieden haben, kann man vermutlich nur mutmaßen, wenn man hier keine direkte Rückmeldung zur Verfügung hat. Das ist ja sicher auch individuell sehr verschieden.
Es kann einfach eine vorübergehende Station in der Berufsbiographie sein, denn bei den vielen Freiheiten, die es für uns als Lehrkräfte gibt, gibt man eben auch einiges auf. (Ich denke da z.B. an längere Reisen außerhalb der Ferienkorridore und generell wenig Fexibilität bzw. kaum Raum für Spontaneität im Jahreskalender.) Berufswünsche ändern sich ja auch während der Ausbildung, ich finde das ist ja auch durchaus legitim. Wie auch der Wunsch, sich nach einer gewissen Zeit im Beruf noch mal neu zu orientieren. Also z.B. später dann doch in den Lehrerberuf zu gehen, trifft ja auch auf einige Kollegen zu, die heute kurz vor der Pension stehen (oder gerade gegangen sind) und während Perioden des Lehrerüberschusses in der Vergangenheit eben keine Planstellen nach dem Ref bekamen.
Außerdem ist Arbeiten an der Uni ja auch superspannend (oder kann es sein): man ist häufig nah dran an aktuellen wissenschaftlichen Entwicklungen in seinem Feld, man arbeitet oft mit engagierten Studierenden und Kollegen und kommt allein schon über Veranstaltungen anderer Fachbereiche am Campus mit Dingen in Kontakt, denen man sonst vielleicht nicht begegnet wäre. Es gibt immer mal wieder Möglichkeiten, für einige Monate an anderen Orten zu arbeiten und der Öffentliche Dienst ist als Arbeitgeber auch nicht ganz schlecht (vorausgesetzt, man hat tatsächliche eine feste Stelle ergattert).
Zu den Hypothesen hatte ich dann aber noch folgende Gedanken (ich kenne beide Arbeitsfelder):
- reines wissenschaftliches Interesse und Spaß an der Forschung, sodass die Bezahlung nebensächlich ist
Ich will das nicht ausschließen, aber dies ist vielleicht doch eine etwas romantische Vorstellung. Besonders wenn man dann mal die Promotion abgelegt hat und tatsächlich im Mittelbau an- bzw. unterkommt. Einigen gelingt es sicher, die anfängliche Faszination über die gesamte Berufsbiographie zu erhalten, aber man ist eben doch in feste Strukturen eingebunden, arbeitet nicht allein sondern in Arbeitsgruppen, muss Richtlinien und finanzielle Vorgaben einhalten, etc. und das schränkt eben auch ein. Ein wirklich großer Teil (und fiese Zeitfresser) sind eben auch Verwaltungsaufgaben. Gleiches gilt auch für das Schreiben von Anträgen, Gutachten oder die Betreuung von Studierenden. Hinzu kommt noch der konstante Druck, immerfort zu publizieren. Das kann eben auch schnell dazu führen, dass man kaum noch selber forscht, sondern Forschung organisiert.
- Nebenverdienst, z.B. durch Publikationen/Gastvorträge
Das ist meines Erachtens nach auch eher eine zu vernachlässigende Größe, jedenfalls für die meisten Wissenschaftler (Nobelpreisträger jetzt mal ausgenommen). Bei vielen Publikationen im naturwissenschaftlichen Bereiche fallen tatsächlich eher Kosten für die Institute an. Reisekosten und Konferenzgebühren (auch wenn man selber vorträgt) werden für die allermeisten Wissenschaftler von ihren Instituten übernommen, da gibt es aber kein Geld für den Vortrag. Besucht man ein anderes Institut z.B. im Ausland, werden Auslagen (z.B. Flüge, Umsiedlungskosten, Unterkunft, Forschungsinfrastruktur vor Ort etc.) evtl. übernommen, aber reich wird man davon nicht, es soll ja nur anfallende Kosten abdecken. Verfasst man ein Kapitel in einem Lehrbuch, bekommt man zwar Geld, aber die Menge ist das meines Wissens auch nicht.
Also zur Beantwortung deiner Frage kann ich also eher indirekt beitragen. Vielleicht helfen dir diese Gedanken trotzdem weiter?