Beiträge von mimmi

    Zitat

    Original von Scooby


    Warum eigentlich nicht?


    Klar, jetzt ließe sich trefflich darüber streiten, ob es am eigenen Anspruch an die Qualität seiner Arbeit liegt, ob man es einfach "lockerer" sehen muss oder was auch immer....


    Ich für meinen Teil habe mir mehrfach Neles Anti-Burnout-Tipps durchgelesen und versuche nach Kräften, das so umzusetzen, schaffe es aber trotzdem nicht. Teils aus eigener Unzulänglichkeit, teils deshalb, weil mir mein Schulleiter immer mehr und immer verantwortungsvollere Aufgaben überträgt, die in ihrer Summe eine Zeitbelastung mit sich bringen, die nicht nur auf Kosten von Freizeit, sondern auch auf Kosten von Schlafzeit gehen.
    Ich arbeite in einem generell sehr humorvollen und angenehmen Kollegium, Jammerei ist bei uns nicht der "gute Ton", den man nutzen muss, um akzeptiert zu werden. Trotzdem kenne ich an meiner Schule keinen Kollegen, der von sich sagen würde, dass er zufrieden ist mit seiner Arbeitsbelastung bzw. mit seinem "Qualitätsoutput". Ich scheine also nicht die einzige Kollegin zu sein an meiner Schule, die dieses Problem hat...

    Zitat

    Original von Scooby


    [...] Klappt dann mal was nicht, schlägt einem teilweise schon heftiger Unmut entgegen. Natürlich sind das Einzelfälle; trotzdem kommt das vor.
    [...]
    Schule als moderner Arbeitgeber muss natürlich den berechtigten Ansprüchen der Eltern, die Familie und Beruf vereinbaren müssen, Rechnung tragen. Ich sehe aber auch die Kehrseite: diejenigen, die nicht "um 12 wegmüssen, weil da der Kindergarten schließt", machen eben häufig die Arbeit der anderen mit, die dann liegen bleibt. Ich will das nicht verallgemeinern: Wir haben auch sehr engagierte Teilzeit-Leute, die extrem gut organisiert sind, sich sehr für die Schule engagieren und deshalb verdient auch schon in jungen Jahren befördert worden sind. Aber ich kenne eben auch einige Fälle, die ihre Teilzeit-Mentalität sehr bestimmt vertreten...


    Ok, solche Fälle gibt es in der Tat. Ich kenne solche Fälle aber auch bei Vollzeit-Leuten. Neulich erlebt beim Vertretungsstundenplaner:
    Ein Vollzeit-Kollege (mit Funktionsstelle) beschwert sich darüber, dass er eine Vertretungsstunde am nächsten Tag halten soll. Aussage: "Wenn es dabei bleibt, bin ich die nächsten Tage krank!"


    Ich glaube, dass ein solches Verhalten einerseits natürlich immer eine Sauerei gegenüber den Kollegen ist. Letztlich spricht es aber andererseits auch dafür, dass da jemand einfach am Ende seiner Kräfte angelangt ist. Seitdem muss er keine Vertretungsstunden mehr halten, während andere mit teilweise 2 Vertretungsstunden am Tag "dabei" sind. Und dank G8 mit seinem vielen Nachmittagsunterricht ergeben sich auch für Vollzeitkräfte eine Menge Lücken, in denen man sie zur Vertretung schicken kann....


    Es ist meiner Meinung nach nicht entscheidend, ob jemand Vollzeit oder Teilzeit arbeitet, jeder von uns hat seine persönliche Grenze, was die Arbeits- oder Zeitbelastung betrifft. Diese Grenze überschreiten wir alle häufiger als uns lieb ist.
    Sei es, weil es die äußeren Umstände erfordern ("Eigentlich bin ich krank, aber ich muss noch unbedingt das-und-das im Unterricht behandeln, weil dann-und-dann Abitur/Klassenarbeit/mündliche Prüfung ist, also komme ich trotzdem zur Arbeit....") oder aus anderen Gründen. Wir halten den Laden am Laufen und unser Dienstherr (der mit der Fürsorgepflicht) weiß das. Er kann sich darauf verlassen, dass wir alle aus Pflichtgefühl arbeiten bis zum Umfallen und uns lieber gegenseitig an die Gurgel gehen... und genau das ist es, wenn man anderen ihre Beförderung missgönnt.


    Btw: Glückwunsch, Hasi!

    Zitat

    Original von Melosine
    Da macht es ja wohl keinen Sinn, auf denjenigen herumzuhacken, die den Schritt bereits getan haben, ihr Gehalt zu kürzen.


    Sehe ich genauso. Es hat insgesamt keinen Sinn, auf Kollegen herumzuhacken. Sei es, weil sie vermeintlich weniger Arbeit haben, die "netteren" Fächer unterrichten, jünger oder älter sind oder sonstwas. Letztlich versucht jeder, im Rahmen seiner Möglichkeiten mit den Anforderungen irgendwie zurecht zu kommen. Da halte ich Neid für fehl am Platz. Denn es ist ja auch so, dass wir alle belastet sind bis zum Abwinken und auch der individuelle Belastungsgrad stark von der Persönlichkeit abhängig ist. Während sich der eine von großen Klassen stärker belastet fühlt, leidet der andere eher unter einem höheren Lautstärkepegel und der nächste wieder unter Korrekturmengen, während ihm laute Klassen keine Probleme bereiten. Jeder von uns hat sein Päckchen zu tragen und da ist es ziemlich sinnlos, den anderen um sein "Päckchen" zu beneiden.


    Zitat

    Original von Melosine
    es muss einen Weg geben, diesen Job auch in Vollzeitstellung bewältigen zu können.


    Ja, das sehe ich genauso. Aber ich merke auch, dass bei mir die Gesundheit massiv darunter leidet, vor allem deshalb, weil mein Schlafdefizit exorbitant hoch ist. Andererseits sehe ich aber auch nicht ein, auf Geld und Pension zu verzichten, um alle Anforderungen zu erfüllen.


    Zitat

    Original von Melosine
    Dazu müssen sich sicher auch Arbeitsbedingungen ändern, aber nicht zuletzt auch die Einstellung in Kollegenköpfen...


    Sicherlich auch das.


    Jeder von uns geht mit dem Stress anders um. Die einen haben die finanzielle Möglichkeit zur Reduktion, die anderen haben sie nicht oder sehen es nicht ein. Das sollte man unter Kollegen akzeptieren, wenn sich nicht jeder so entscheidet wie man selbst.
    Was ich nicht akzeptieren kann, sind Entscheidungen des Arbeitgebers, die dazu führen, dass wir quasi voll arbeiten, aber nur ein Teilzeitgehalt dafür erhalten, weil es nicht mehr leistbar ist, die Anforderungen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses so zu erfüllen, dass man ein zufrieden stellendes Ergebnis ablieferen kann. An dieser Stelle halte ich Ärger für mehr als angebracht.


    edit: noch'n Vertipper...

    Zitat

    Original von Liselotte
    Und was spricht dagegen, dass Schüler Lehrer haben, die keinen Vollzeitstress haben, sondern mit weniger Stunden evtl. auch entspannter im Unterricht stehen?



    Dagegen spricht, dass die eigentliche Ursache dieser ganzen Neid- und Vollzeitstress-Debatte die ist, dass unser Job für viele von uns in Vollzeit häufig nicht mehr leistbar ist. Und mir kann keiner erzählen, dass dies unserem Arbeitgeber (bzw. unseren Arbeitgebern) nicht bewusst ist. Unser Job ist von seinem Umfang her einfach so angelegt, dass die KuMis darauf bauen, dass wir auf Gehalt und Pension verzichten, um das leisten zu können, was von uns erwartet wird, selbst wenn man keine Kinder oder pflegebedürftige Angehörige hat.
    Das hat dann die Auswirkung, dass LehrerInnen, die es nicht einsehen, einen finanziellen Verlust hinzunehmen, mit zahlreichen Negativpunkten leben müssen.
    Z.B.:
    - Schüleraussagen: "Bei der Frau xy (Teilzeit) bekommen wir die Klassenarbeiten aber immer spätestens nach einer Woche wieder zurück! Warum nicht auch bei Ihnen?"
    - Permanent schlechtes Gewissen, weil man weiß, was man eigentlich für viele schöne Dinge mit den Schülern im Unterricht machen könnte, wenn man nur die Zeit für die Vorbereitung hätte.
    usw.


    Der Punkt ist doch der, dass wir es hier mit der Debatte um Neid zwischen Kolleginnen und Kollegen zu tun haben, während die eigentliche Ursache für den ganzen Frust darin liegt, dass unsere Arbeitgeber den zeitlichen Aufwand für alle zu erledigenden Tätigkeiten immer weiter hinaufschrauben und dabei darauf bauen, dass man sich in Lehrerkreisen lieber gegenseitig zerfleischt, weil wir in einem Punkt schon völlig resigniert haben: eine Veränderung dieser Arbeitsbedingungen zu erwirken, weil wir dafür die Öffentlichkeit bräuchten, die aber nur eine Lehrerbashing-Debatte eröffnet, wenn sie "die faulen Säcke" wieder jammern hört, denn jeder kennt ja einen Lehrer, der jeden Nachmittag im Schwimmbad und jede Ferien auf den Malediven verbringt. Damit wird der Zustand, dass sich die Kollegen überlegen, ob sie sich in den Burnout/ins Grab arbeiten oder eben Teilzeit beantragen, weiter zementiert. Ja, ich weiß, das ist jetzt sehr schwarz/weiß-malerisch dargestellt, aber letztendlich ist doch die Zahl derer, die ihren Beruf ohne schlechtes Gewissen in Vollzeit ausüben können, sehr gering. Und da liegt meiner Ansicht nach der Hase im Pfeffer. Unsere Arbeitgeber bauen darauf, dass wir in Teilzeit gehen, um bei geringerer Bezahlung eigentlich einen Vollzeitjob zu machen. Denn jeder weiß ja, dass man auch in Teilzeit wesentlich mehr arbeitet.


    Das finde ich eben das Perfide an unserem Beruf. Unser Arbeitgeber hat kein Interesse daran, unseren Arbeitsaufwand in der Öffentlichkeit mal realistisch darzustellen, weil sich dann für uns die Option ergäbe, für bessere Arbeitsbedingungen zu mobilisieren. So lacht man sich in den KuMis ins Fäustchen, dass wir auf Geld verzichten, um die Arbeitsanforderungen stemmen zu können, und uns dann gegenseitig zerfleischen, anstatt darauf aufmerksam zu machen, dass nicht jeder mal so mir-nichts-dir-nichts auf das Geld verzichten kann und deshalb massive Probleme entstehen (z.B. gesundheitliche Belastungen).


    Just my 2 cents....
    (btw: ich arbeite Vollzeit....)


    edit: Vertipper

    Hallo Bibo! :)


    Schön, dass ich mich (wenn auch spät) ein bisschen revanchieren kann, da ich ja mal im Primarbereich eine ähnliche Frage gestellt habe, auf die du dann geantwortet hast. Generell: Meine Antworten gelten für die Besonderheiten in Bayern.


    Also, zu deinen Fragen:
    vorab: Die genannten Punkte sind nicht alles Dinge, die mich persönlich "stören", sondern auch Punkte, die mir gegenüber von Kollegen geäußert wurden.


    - Viele neue Fünfties sind es aus der -sehr freiarbeitsorientierten- Grundschule gewöhnt, sofort zum Lehrer nach vorne zu rennen, wenn sie ein Problem haben / mit einer Arbeit fertig sind / etwas sagen wollen, was regelmäßig zu chaotischen Zuständen führt. Wir sind halt im engen 45-Minuten "Korsett" und da ist es ziemlich anstrengend, wenn man den Kindern erstmal beibringen muss, dass man auf seinem Stuhl sitzen bleibt, bzw. dort sitzt, wenn die Stunde beginnt und sich nicht 30 Kinder vor dem Pult "stapeln", weil jeder dem Lehrer etwas sagen will und man dann eben die anderen 29 "überbrüllen" muss, damit der Lehrer einen wahrnimmt.


    - Viele Fünftklässler duzen ihre Lehrer und scheinen völlig überrascht, warum man Lehrer siezen soll (kommt gerade bei den älteren Lehrern regelmäßig sehr schlecht an).


    - Besonders in Deutsch ist es regelmäßig eine Katastrophe, dass viele mit dem Aufsatzschreiben nicht sehr vertraut sind, bzw. sehr überrascht sind, dass dort auch Rechtschreibung und Stil mitbewertet werden. Ist besonders deshalb tragisch, weil die Aufsatznoten 2/3 der Zeugnisnote ausmachen. Zum Teil haben die Kinder in der Grundschule Dinge gelernt, die definitiv falsch sind. Da werden Adverbiale zu Objekten, da bestehen Erlebniserzählungen nur aus wörtlicher Rede, da wird von allen die Regel zitiert, dass jedes "das" nach einem Komma prinzipiell mit Doppel-S zu schreiben ist usw. Solche Dinge sind den Kindern kaum wieder auszutreiben in den wenigen Stunden, die wir für den Mega-Lehrplan haben....


    - Die Englischlehrer jammern jedes Jahr wieder aufs Neue darüber, dass ein paar rudimentäre Vokabelkenntnisse bei vielen Schülern dazu führen, dass sie entweder bei Grammatik und englischem Satzbau nicht mehr aufpassen ("In Englisch war ich schon in der Grundschule gut") und dadurch anfänglich viel verpassen, oder dass sich sogar Fehler bereits in der Grundschule massiv manifestiert haben und diese dann mühevoll "abtrainiert" werden müssen. Tenor: "Hoffentlich schaffen sie das Grundschulenglisch bald wieder ab! Früher war's einfacher!"


    - Problematisch ist oft auch die individuelle Bewertung der Noten selbst. Dass am Gymnasium eine Note 3 im Aufsatz durchaus eine respektable Leistungsbewertung ist, ist vielen Grundschülern (und deren Eltern!) absolut nicht einsichtig. Da haben viele in der dritten Klasse einmal eine kleine Minierzählung geschrieben und erwarten dann, dass sie im Gymnasium in der ersten Schulaufgabe gleich eine 1 erhalten. Alles andere ist eine Katastrophe.


    - In letzter Zeit besonders diskutiert wird bei uns die kaum noch vorhandene Fähigkeit, Tafelanschriebe halbwegs fehlerfrei und in einer akzeptablen Zeitspanne ordentlich in sein Heft zu übertragen. Auch das richtige Führen eines Hausaufgabenheftes ist bei vielen ein Ding der Unmöglichkeit. Tafelanschriebe, die aus mehr als einem Satz bestehen, werden kommentiert mit "Oh, am Gymnasium muss man immer so viel schreiben!", auf Nachfrage wird dann erklärt, dass man an der Grundschule (angeblich) immer nur Arbeitsblätter mit Textlücken gehabt hätte, also nur einzelne Worte abschreiben musste, keine vollständigen Sätze. (Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das prinzipiell so ist.)


    Deshalb: Was ich mir persönlich anders wünschen würde (aus gymnasialer Sicht): Wesentlich mehr Aufsatzpraxis, selbstständigeres Arbeiten und die Einsicht, dass Deutsch am Gymnasium bedeutet, dass man gut im Aufsatzschreiben sein sollte, weil man ansonsten auf keinen grünen Zweig kommt.
    Deutsch (und mit Abstrichen auch Englisch) scheinen als Fächer am problematischsten zu sein (zumindest jammern diese Fachkollegen bei uns am meisten).


    Ich hoffe, das klingt jetzt nicht zu schlimm. Generell herrscht bei uns sehr viel Anerkennung der Arbeit, die die Grundschulkollegen leisten.

    Ergänzung zu dem, was magister geschrieben hat:


    Stell' dir vor du fährst zum Skifahren und brichst dir das Becken, womöglich noch nicht mal schuldhaft. Resultat wäre, dass du dir sehr wahrscheinlich die Lebenszeitverbeamtung von der Backe putzen könntest - aus gesundheitlichen Gründen. Da bist du ganz schnell raus und wirst nachversichert. Solange du nicht auf Lebenszeit verbeamtet bist, trägst du hier noch immer ein Risiko, dass etwas schief gehen könnte. Allein schon deshalb ist es besser, je früher man die Lebenszeitverbeamtung erhält.
    (So wurde es mir mal von einer Personalrätin erklärt.)


    Hinzu kommt die Geschichte mit der Beförderungsstelle. Ich weiß nicht, ob es die in eurem Bundesland auch automatisch nach Wartezeit gibt, aber je früher diese Wartezeit beginnt, desto früher gibt es dann auch die höhere Eingruppierung...

    Ob mein Vorschlag wirklich "spritzig" ist, weiß ich nicht. Aber ich habe es letztes Mal einfach so begonnen, dass ich die Klasse etwas in "Bewegung" versetzt habe und jeden aufgefordert habe, sich einen Begriff zu überlegen, der symbolisch für etwas steht, wodurch sich unsere heutige Gesellschaft von der Gesellschaft(sordnung) im Mittelalter unterscheidet. Dieser Begriff sollte an die Tafel geschrieben werden (schweigend).
    Da kamen recht schnell solche Begriffe wie "Menschenrechte" usw.


    Ich habe dann einfach mal die Frage in den Raum gestellt, wodurch dieser Wandel kam und da waren wir dann ganz schnell bei der Aufklärung (und dabei, dass es das in manchen Kulturkreisen eben nicht gab, in denen heute noch das Indivuduum nicht besonders viel zählt).
    (Ich bin dann direkt weiter zur "Emilia" und habe die erste Szene des ersten Akts gelesen und habe mit der Klasse das despotische Verhalten des Hettore herausgearbeitet - mit Übertragung/Umschreibung der Szene in den heutigen schulischen Kontext durch die Schüler. Hat Spaß gemacht und es kamen tolle Ergebnisse dabei heraus). Kant habe ich mit ihnen dann erst später gelesen.


    War keine Lehrprobenstunde, aber die Klasse hat trotzdem begriffen, dass die Aufklärung für unsere heutige Situation noch immer von enormer Bedeutung ist. Die Klasse war aber auch sehr diskussionsfreudig, politisch interessiert und richtig fit.

    @drucker03:
    Deine Äußerungen kann ich nur unterschreiben. Als ich an die Schule wechselte, war dies der größte "Kulturschock", den ich erlebt habe. Nicht mal die übelste Firmenklitsche, in der ich zuvor gearbeitet hatte, hatte eine derart mangelhafte Ausstattung.


    Zitat

    Original von drucker03 Wenn ich das so lese, drängt sich mir der Gedanke auf, dass man schon mit einer intuitiv bedienbaren, modular aufgebauten, dennoch gut integrierten und dabei praxisnah programmierten Branchensoftware für Lehrer einen gewaltigen Markt angraben könnte.


    Auf den ersten Blick gesehen: ja.
    Ich bin dennoch der Überzeugung, dass es so etwas leider nie geben wird, weil einfach die Anforderungen zu unterschiedlich sind und die Schulen kein Geld haben. Nicht nur zwischen den einzelnen Schularten, sondern auch zwischen den einzelnen Bundesländern und den einzelnen Fächern sind die Anforderungen an eine solche Software derart unterschiedlich, dass die Entwicklung einer solchen zu teuer wäre und die wenigen Verkaufszahlen ein solches System nicht amortisieren würden. Schon deshalb nicht, weil es keine Personalkosten gibt, die man einsparen könnte, denn Lehrer können die Überstunden, die sie leisten, ja nicht abrechnen.


    Beispiel:
    Bei uns ist es so, dass man als Klassenlehrer einer fünften Klasse den "Joker" gezogen hat, weil man dann nicht nur mehr Elterngespräche führt (normalerweise kommen die Eltern von Fünftklässlern einfach noch häufiger in die Sprechstunde als die der älteren Schüler), sondern auch noch die "Mantelbögen" für die Schülerakten anlegen darf. Da darf man dann handschriftlich das in einen DINA3-Bogen eintragen, was bereits bei der Anmeldung des Schülers (ebenfalls handschriftlich) in ein anderes Formular eingetragen wurde. Namen, Geburtstag, Anschrift, Telefonnummern, Namen der Eltern, Adresse der Eltern, Erziehungsberechtigung und weitere sorgende Personen (Großeltern z.B.), besuchte Schulen mit Datumsangabe und Klassenbezeichnung, Besonderheiten wie Allergien usw. Das kostet pro Schülerbogen ca. 10 Minuten - mal 30, macht eine völlig sinnfreie Arbeitsbeschaffungsmaßnahme von 5 Zeitstunden, die man eigentlich dadurch einsparen könnte, dass man die Daten einmal bei der Anmeldung gleich in einen Rechner eingibt und anschließend für den jeweiligen Bedarf in der erforderlichen Reihenfolge in die Formblätter eindruckt. Da man aber weder das Geld für eine solche Software noch für einen DINA3-Drucker hat, wälzt man das einfach auf die Lehrer ab, denn für uns gibt es ja keine Arbeitszeiterfassung und keine Überstundenabrechnung, also machen wir die Tätigkeiten umsonst.


    Derartige Verwaltungstätigkeiten gibt es zuhauf. Sie fressen eine irrsinnige Zeit, die man so gerne für sinnvolle Dinge aufwenden würde. Und ja, das sind die Dinge, die mich aggressiv machen, weil ich es aus meiner Zeit aus der freien Wirtschaft eben anders kenne. Genau das meine ich mit Rahmenbedingungen, die dir als Lehrer das Leben erschweren. Es zeigt diese mangelnde Wertschätzung unserer Arbeit gegenüber, dass man uns ständig derartig sinnfreie Tätigkeiten zusätzlich aufdrückt, die nur Zeit fressen, die wir nicht haben, weil's dann so schön billig ist. Müßig zu erwähnen, dass wir noch nicht mal einen eigenen Arbeitsplatz/Schreibtisch in der Schule haben, jeden Stift selbst bezahlen müssen und für über 100 Lehrer ganze 2 altersschwache, ständig ausfallende Computer und ein Drucker zur Verfügung stehen und ca. 20 völlig vermüllte Tische, auf denen man manchmal arbeiten kann, wenn man sich den Platz freiräumt und dadurch den Ärger der Kollegen zuzieht, die sich dort zuvor ausgebreitet hatten. Zuhause darf man das Zeug aber auch nicht erledigen, weil die wichtigen Akten die Schule nicht verlassen dürfen. Das empfinde ich wirklich als Schikane und mangelnde Wertschätzung.


    Am unglaublichsten war's mal, als wir die externe Evaluation im Haus hatten. Vorbereitung, Organisation, ständige Besprechungen der Steuerungsgruppe, Durchführung und Auswertung der Fragebogen etc. haben eine Menge Leute extrem viel Zeit gekostet. Was war der Output? Es gab eine Ergebniskonferenz mit allen Betroffenen (d.h. Unterrichtsausfall, weniger Zeit für Korrekturen und Vorbereitungen etc.), auf der dann bekannt gegeben wurde, dass eigentlich alles soweit ok ist, die Evaluatoren aber empfahlen, mehr Arbeitsplätze für die Lehrer einzurichten und dunklere Vorhänge für die Klassenzimmer anzuschaffen, weil man die Overheadfolienprojektionen in den Klassenzimmern auf der Sonnenseite so schlecht sehen kann, weil die Vorhänge so wenig Sonne draußen halten. Das war's. Dafür wurden ca. 450 Arbeitsstunden aufgewendet. Für ein Ergebnis, das jeder klar denkende Mensch nach einer 30-minütigen Schulführung genauso hätte verkünden können. Es ist zum schreiend Davonlaufen.
    Dieser Irrsinn ist derart auf die Spitze getrieben, dass ich immer froh bin, wenn ich im Unterricht bin. Da habe ich wenigstens normale Menschen vor mir sitzen, die sich zur Wehr setzen, wenn man Schwachsinn von ihnen verlangt. Das gibt mir den Glauben an die Menschheit zurück.

    Zitat

    Original von neleabels
    Der Stress im Beruf entsteht durchaus nicht nur durch "Katastrophenkids." :) Das hat sich in der Diskussion ein bisschen so angehört


    Zitat

    Original von lehrerseb
    Mir ist grad beim nochmaligen lesen des Threads aufgefallen, dass manche Lehrer Abends/Nachmittags von ihren Schüler besucht werden? Ich wußte in meiner Schulzeit von keinem Lehrer wo er wohnt.


    Sorry, mag sein, dass ich jetzt schon völlig deppert bin (was ich nicht ausschließen kann, bei mir senken Dauerkorrekturen definitiv den IQ), aber ich suche gerade verzweifelt die Textstellen, auf die ihr euch mit euren obigen Aussagen bezieht.


    Könnt ihr mir mal helfen und mir zeigen, wo dazu (also zu "Schüler sind der Stressfaktor" und "Schüler besuchen abends ihre Lehrer") in diesem Thread etwas steht?


    Danke vorab!

    Danke nochmal für eure Hinweise. Die Threads in der Verlinkung werde ich mir gleich mal durchlesen.


    Ich würde fürchterlich gerne mal an einer Grundschule hospitieren. Bisher ist es immer daran gescheitert, dass die leider gleichzeitig zu meinen Arbeitszeiten unterrichten.... Mein Chef war jedenfalls leider nicht gerade begeistert von meiner Idee....


    Vielleicht habt ihr ja recht und der Lehrer hat tatsächlich vor dem Übertritt gewarnt. Ich muss wirklich mal zumindest mit ihm reden, denn die größten Problemfälle in meiner Klasse haben alle die gleiche Unterschrift auf dem Übertrittszeugnis. Wie gesagt, bei den dramatischsten Fällen steht im Übertrittszeugnis überall die "2" im Zeugnis und bei uns ist die beste Note, die bislang erteilt wurde, die "5" - und zwar fächerübergreifend. Das ist wirklich ein traumatisches Erlebnis für die Kinder.... Da gehen sie jahrelang zur Grundschule, alles ist gut, dann wechseln sie aufs Gymnasium und kassieren nur noch 5er und 6er und das jetzt schon seit den Sommerferien. Wie man so etwas verkraften soll, ohne dass man einen "Knacks" wegbekommt, das weiß ich nicht....



    Liebe Grüße nochmal euch beiden und Danke für eure hilfreichen Beiträge!

    Zitat

    Original von lehrerseb


    Zumal das Material einen guten Eindruck macht, vor allem die ganzen "Spielen Lernen" und "Mathe - Zaubertricks" Reihe.


    Wenn man auf sowas zurück greift scheint man ja eine Menge an Arbeit zu sparen, auch beim korrigieren.


    Diese Logik erschließt sich mir nicht. Wenn ich mit "Mathe-Zaubertricks" unterrichte, spart mir das Arbeit beim Korrigieren der Klassenarbeiten? Hä?


    Mal ganz provokativ geantwortet:
    Glaubst du im Ernst, dass du der einzige bist, der auf die Idee kommt, zur Entlastung auf vorgefertigtes Material zurückzugreifen?


    Die Unterrichtsvorbereitung ist rein zeitlich gesehen nicht das große Problem, wenn man ein bisschen Erfahrung hat.


    Das Problem sind die Rahmenbedingungen, unter denen du dann arbeiten wirst (siehe mein obiger Beitrag). Hinzu kommt, dass z.B. Schüler große Schwierigkeiten mit dem haben, was dir völlig einleuchtend erscheint. Dass sie von dir Erklärungen haben wollen, die für ihren Verständnis- und Wissensstand die richtigen sind und sie ein Stück weiter bringen, während gleichzeitig andere Schüler in der selben Lerngruppe schon wesentlich weiter sind, während wieder andere pubertieren und in dir denjenigen sehen, den man jetzt mal richtig hochnehmen könnte, weil sie in deinem Fach schon längst aufgegeben haben. Natürlich kannst du es dann mit Zaubertricks-Material versuchen. Ich wünsche dir viel Spaß dabei.


    Du hast hier nach Erfahrungen gefragt, weil du dein Bild des Berufes (stressfrei, wenig Arbeit, hohes Maß an Selbstständigkeit, viel Urlaub und Freizeit) von anderen bestätigt bekommen wolltest. Es haben dir eine Menge Leute geantwortet, die die von dir verlangten Qualifikationen (Einblick in andere Tätigkeiten in der freien Wirtschaft, Fähigkeit zum Vergleich der Anforderungen und Arbeitsbedingungen) mitbringen und dir ihre Sicht der Dinge dargestellt haben, z.T. mit hohem (zeitlichen) Aufwand. Diese Einschätzungen kommentierst du jetzt mit der Idee, auf Fremdmaterial zur Unterrichtsvorbereitung zurückzugreifen.


    Deine Antwort jetzt zeigt, dass dir die Dimension deiner neuen Tätigkeit entweder immer noch nicht bewusst ist oder dass es dir nicht darum ging, mit dem Thread hier dein eigenes Bild des Berufes zu überdenken und den "Realitäts-Check" zu machen, sondern dass du tatsächlich nur eines wolltest: Bestätigung und Zuspruch für deine bereits getroffene Entscheidung.


    Der Punkt ist, dass der "Realitäts-Check" unweigerlich kommen wird. Wenn du es also hier nicht zur Kenntnis nehmen möchtest, dann wird dir die Schulrealität früher oder später schon zeigen, wie weit man mit den Zaubertricks von Klett kommen wird.

    Herzlichen Dank euch beiden für die Erläuterungen!
    Jetzt ist mir klarer, wie es passieren kann, dass deutlich leistungsfähigere Schüler mit schlechteren Übertrittsnoten zu uns kommen.
    Noch nicht ganz klar ist mir, wie es dazu kommen kann, dass man Schüler ans Gymnasium schickt, die dort keine Chance haben werden und das dem Lehrer (in diesem Fall war es ein Mann) auch noch bewusst sein müsste, wie aus der Verbalbeurteilung des Übertrittszeugnisses hervorgeht.
    Eigentlich müsste ich (wenn es erlaubt wäre) seine ehemaligen Schüler mal in der Situation filmen, wenn sie die Schulaufgaben zurückbekommen und ihm das vorspielen. Da spielen sich Dramen ab, mit ans Hysterische grenzenden Heulkrämpfen, davon hat er wahrscheinlich keine Vorstellung. Die Kinder tun mir so unendlich leid. Aber ich kann leider nicht das Niveau des Gymnasiums an die Leistungsfähigkeit dieser Schüler anpassen....
    Die Eltern kümmert das übrigens überhaupt nicht. Trotz Bitte kommen sie noch nicht mal zur Sprechstunde oder signalisieren Bereitschaft zum Gespräch an einem anderen Termin. Dass die Noten also aufgrund von Druck der Eltern zustande kamen, kann ich mir in diesem Fall nicht vorstellen. Dabei wären die Schüler an einer Realschule oder einer Hauptschule deutlich besser aufgehoben und hätten dort die Chance auf Erfolgserlebnisse.


    Ich denke, es wird wahrscheinlich kein Weg daran vorbeigehen, mal ein Treffen mit den betreffenden Lehrern der besagten Grundschule anzustreben, damit wenigstens anderen Kindern dieser Leidensweg erspart bleibt.


    Ich danke euch nochmal für eure Mühe und die ausführlichen Erklärungen!


    edit: Vertipper

    Hallo,


    ich habe heute mal eine (ok, eigentlich sind's mehrere...) Frage, die mich schon einige Wochen beschäftigt.
    Vorausschicken möchte ich, dass es ausschließlich um die Verhältnisse in Bayern geht.


    Also nun zu meiner Frage an die bayerischen Grundschullehrer und -lehrerinnen:


    Inwiefern ist es bei euch geregelt, wie die Noten für die Übertrittszeugnisse -speziell im Fach Deutsch- zustande kommen?


    Mir geht es darum, herauszufinden, inwieweit es bayerneinheitliche Verfahren und Vorschriften gibt, inwiefern die einzelne Schule ein Verfahren für alle Parallelklassen festlegt oder ob man da als Klassen- bzw. Deutschlehrer einer vierten Klasse doch eher einen großen Spielraum bei der Bewertung hat.


    Wie läuft das bei euch?


    Bei uns am Gymmi ist es so, dass (grob gesagt) die Durchschnittsnote der Aufsätze 2/3 gerechnet wird und die Durchschnittsnote aller anderen Noten 1/3. Heraus kommt der Durschnitt, bei dem man zwischen n,40 und n,59 einen Spielraum hat, ob man die bessere oder die schlechtere Note im Zeugnis gibt. Schüler, die Probleme mit dem Aufsatzschreiben haben, haben bei uns wenig Chancen auf eine halbwegs gute Note. Gibt es so eine Bestimmung bei euch auch?


    Hintergrund meiner Frage ist, dass ich sehr häufig fünfte Klassen bei uns unterrichte und dieses Jahr wieder überrascht bin über die Unterschiede im Leistungsstand und der zugehörigen Bewertung.
    Während im letzten Jahr meine neuen Fünftklässler extrem fit waren und ich viele schöne Sachen mit ihnen machen konnte, mangelt es dieses Jahr an den rudimentärsten Grundlagen. Während letztes Jahr wortgewandte, grammatikalisch fitte, begabte kleine Erzähler mit einer 3 in Deutsch zu uns kamen, habe ich dieses Jahr Kinder, die schwören, in der Grundschule nie einen echten, vollständigen Aufsatz geschrieben zu haben, von Grammatik und Rechtschreibung nicht die leistesten Schimmer haben und leider nicht in der Lage sind, einfachste Sätze grammatikalisch korrekt zu bilden. Bei manchen ist es derart verheerend, dass auch die Kollegen zum Teil nicht verstehen können, was das Kind ihnen mitteilen möchte (nicht nur bei schriftlichen Abfragen, sondern auch während des Unterrichts). Schaut man aber ins Übertrittszeugnis, sind die Schwächen dort zwar verbal genannt, in Noten heißt es aber von dieser Grundschule dann "2".


    Ich möchte hier niemandem einen Vorwurf machen. Ich bin nur völlig ratlos und kann es mir nicht erklären, wie so etwas zustande kommen kann. Hat jemand einen Rat oder eine Erklärung? Oder vielleicht auch eine Empfehlung?


    Danke schonmal vorab!


    P.S. Ich sitze gerade an der Korrektur einer Erlebniserzählung und verzweifle.... da gibt es einige Kinder, die im sprachlichen Bereich derart viele Fehler machen, dass der gesamte Korrekturrand so rot ist, dass kein Platz mehr existiert, um noch Bemerkungen zum Inhalt an den Rand zu schreiben. Es ist uferlos und frustrierend....

    @ Lehrerseb


    Ich kann Meikes Aussagen nur unterschreiben.
    Auch ich habe - nach dem Lehramtsstudium und vor dem Referendariat - lange Jahre hauptberuflich in der "freien Wirtschaft" gearbeitet, sowohl einige Jahre fest angestellt als auch einige Jahre selbstständig.


    Ich bin deshalb doch noch ins Referendariat, weil ich im alten Job die Sinnkrise hatte, nicht aus Sicherheitsgründen oder Arbeitszeitgründen. Ich wollte endlich etwas wirklich Sinnvolles tun und bereue deshalb meine Entscheidung nicht, obwohl der Lehrerjob bedeutend anstrengender ist, als alles, was ich zuvor gemacht habe (und da waren schon einige sehr anstrengende Dinge dabei, u.a. z.B. Vollzeittätigkeit in einer Werbeagentur, um nur eine Sache zu nennen, die dafür bekannt ist, dass man dort Höllenarbeitszeiten hat).


    Im Vergleich zu dem, was ich jetzt tue, war das (für mich!) ein lockerer Job. Warum?
    Weil
    - ich mehrmals pro Woche tatsächlich Feierabend hatte und abschalten konnte
    - ich häufiger mal ein freies Wochenende hatte
    - ich immer dann zur Toilette konnte, wenn ich mal musste
    - ich etwas trinken konnte, wenn ich Durst hatte
    - ich etwas (zuende) essen konnte, wenn ich Hunger hatte
    - ich Lob vom Kunden bekam, wenn ich meinen Job gut gemacht hatte
    - dringende Arbeit während einer Krankheit von Kollegen übernommen wurde
    - ich in meinen Pausen nicht auch noch die Aufsichtspflicht über eine Horde Halbwüchsiger hatte
    - nicht ständig 30 Leute gleichzeitig etwas von mir "wollten"
    - es selbstverständlich war, dass man einen Schreibtisch im Büro hatte, der Arbeitgeber das Arbeitsmaterial bezahlt hat und der Drucker in der Regel funktioniert hat und wenn nicht, konnte man das schnell in Ordnung bringen (lassen), man also kurzum überhaupt in die Lage versetzt wurde, seinen Job anständig machen zu können
    - man in halbwegs sauberen Räumen arbeiten konnte
    - die Kunden einem nicht jede Erkältung und Grippe ins Gesicht genießt haben
    - man mit Kunden zu tun hatte, die die Leistung auch tatsächlich haben wollten, für die sie bezahlt hatten
    - man nicht alle 45 Minuten mit seinem gesamten Arbeitsmaterial den Raum wechseln musste (meist über mehrere Stockwerke und danach wieder zurück)
    - man keine Kunden hatte, die der Meinung waren, man hätte doch so viel Urlaub, obwohl man den "Urlaub" durchkorrigiert, äh, gearbeitet hat
    - man keine nächtelangen Korrekturen hatte....


    Also kurzum:
    Meiner Meinung nach bist du auf dem besten Weg, vom Regen in die Traufe zu kommen. In meinen Zeiten in der Werbeagentur hatte ich Arbeitzeiten von ca. 60 Stunden pro Woche, im Durchschnitt gesehen.
    Da liege ich jetzt bei Weitem drüber. Und ich mache den Job schon ein paar Jahre. Doppelstunden sind eine Seltenheit, auch bei uns. Parallelklassen hatte ich ab und an mal, der Entlastungseffekt war gering, da die Klassen einfach zu unterschiedlich waren.
    Nach meinem Eindruck unterschätzt du die tatsächliche Arbeitsbelastung eines Gymnasiallehrers massiv. Korrekturen, Konferenzen, Elterngespräche, Protokolle, Aufsichten, Vertretungen, schwierige Schüler usw. - das alles kommt in deinen Überlegungen nicht vor.


    Das klingt jetzt vielleicht sehr hart, aber ich habe an meiner Schule in den letzten Jahren schon viele Aushilfslehrer und Seiteneinsteiger erlebt, die aus der freien Wirtschaft kamen und allesamt (ja, es gab leider nicht eine Ausnahme) nach kürzester Zeit das Handtuch geschmissen haben, bzw. mit Pauken und Trompeten untergegangen sind. Für die meisten waren natürlich die "blöden, unerzogenen" Schüler daran schuld, die auf schlecht vorbereiteten Unterricht entsprechend reagiert haben und deren Eltern irgendwann Sturm gelaufen sind. Manche haben selbst die Notbremse gezogen, bei manchen ist die Notbremse gezogen worden.


    Zudem solltest du dir auch bewusst machen, dass es durchaus auch eine Belastung darstellt, wenn man extrem hohe Arbeitzeiten hat, auch gesundheitlich auf dem Zahnfleisch geht, und einem alle Welt erzählt, dass man doch über den eigenen Halbtagsjob bei Vollzeitbezahlung und so vielen Ferien glücklich sein kann. Wenn einem Beziehungspartner verlassen, weil es doch nicht sein kann, dass man als Lehrer so viel arbeitet, das macht doch sonst keiner, dann ist das ebenfalls keine Seltenheit.


    Die Burnout-Raten im Lehrerjob sind extrem hoch. Wenn ein Fußballnationaltorwart unter Depressionen leidet, spricht ganz Deutschland davon, dass im Spitzensport zu viel Druck und unerfüllbare Erwartungshaltung herrscht. Wenn unzählige Lehrer das Pensionsalter aufgrund von Burnout, psychosomatischen Erkrankungen und/oder Depressionen nicht im Dienst erreichen, dann liegt das aber daran, dass die Lehrer ja allesamt ungeeignet sind. Bei denen liegt es selbstverständlich nicht an den Rahmenbedingungen, denn jeder Mensch weiß ja, was für einen lockeren Job wir alle haben. Da muss man natürlich nichts ändern, sondern kann weiter in der Öffentlichkeit alle Lehrer als Deppen hinstellen.



    So. Das klingt jetzt so, als wäre ich sehr frustriert. Ich bin es nicht. Ich liebe meinen Job, weil ich einfach saugerne mit Jugendlichen arbeite. Das mochte ich schon in meiner Zeit in der ehrenamtlichen Jugendarbeit. Womit ich in der Tat schwer klarkomme, ist das öffentliche Bild meines Berufes und den damit verbundenen Fehleinschätzungen. Mein größter Wunsche wäre es, dass das, was ich tue, endlich mal von der Öffentlichkeit realistisch wahrgenommen wird und ich mir nicht ständig erzählen lassen muss, dass sie doch genau weiß, wie wenig Arbeit ich doch habe, obwohl es kaum machbar ist, ohne dabei gesundheitlich auf der Strecke zu bleiben. Da braucht man ein hohes Maß an Eigenmotivation, eine feste Überzeugung, warum man seinen Job trotzdem gern macht.


    Deshalb kann ich nur nochmals das wiederholen, was zuvor gesagt wurde: Wenn du gerne mit Jugendlichen arbeitest, dann werde Lehrer und kündige den bisherigen Job. Ansonsten lasse -dir zuliebe und auch den Schülern zuliebe- lieber die Finger davon.


    So, und jetzt gehe ich mal wieder an meine Korrekturen. Grundkurs 13, danach Leistungskurs 12, vielleicht schaffe ich auch noch die anderen beiden Klassenarbeiten in den "Ferien"....

    Sacaste:
    Das mag an einer Grundschule mit Klassenlehrer funktionieren, an einem Gymnasium, also einer Schule, an der man froh sein muss, wenn man als Klassenlehrer 4 Stunden pro Woche Unterricht in seiner eigenen Klasse hat, funktioniert das nicht.


    Warum ich aber eigentlich schreibe:
    (etwas OT, aber in dem Zusammenhang für mich erwähnenswert:)


    Ich dachte früher auch immer, dass es am Lehrer liegt, wenn ein Raum aussieht wie Sau. Dann ist mir (im Referendariat) Folgendes passiert:


    Zuckersüße 7. Klasse, brave Lämmer, tolle Atmosphäre, alles paletti.
    Ich lasse leider meinen CD-Player im Klassenzimmer stehen, merke das erst, nachdem ich schon zwei Stockwerke weiter bin, drehe aber nochmals um, um das Gerät zu holen. Ich betrete das Klassenzimmer, die nachfolgende Kollegin ist noch nicht da, dafür sind meine braven Siebtklässler gerade dabei, den Inhalt des Mülleimers fein säuberlich möglichst überlegt im Zimmer zu verteilen, über die einzelnen Lagerplätze wird sogar diskutiert.
    Ich, völlig entgeistert, frage, was um alles in der Welt das werden solle und erhalte als Antwort eine Aussage, die deutlich macht, dass es den Schülern durchaus peinlich war, von mir bei dieser Aktion erwischt zu werden, allerdings sei der Unterricht bei der nachfolgenden Kollegin derart unerträglich und die Kollegin immer bereit, 10-15 Minuten ihres Unterrichts für Putzaktionen zu opfern, dass man mittlerweile dazu übergegangen sei, diese Zeit der körperlichen Aktivität im Raum herbeizuführen, da alles besser sei als diese Form des Unterrichts, die ansonsten auf sie zukäme.


    Also soll heißen:
    Es gibt Klassen, die verwüsten deshalb, weil sie Unterrichtszeit einsparen wollen, weil sie wissen, dass sie's mit manchen Lehrern machen können.


    Es gibt Klassen, die verwüsten deshalb, weil auch das eine Form von Provokation ist und man einfach mal austesten will, wie weit man gehen kann.


    Wenn man Schüler dabei erwischt, wie sie ihren Müll genau dort entsorgen, wo er gerade anfällt, dann wird einem glaubhaft versichert, dass das zuhause genauso gemacht wird und wenn man das im Elterngespräch anspricht, wird einem das von dieser Seite auch noch bestätigt.


    Ich bin deshalb absolut für ein Lehrerklassenzimmerkonzept an weiterführenden Schulen. Nur so hat man die Kontrolle darüber, wer was gemacht hat....

    Zwar nicht NRW, aber mal zum Vergleich:
    In Bayern (Gym) läuft's so:


    Pro Beurteilungszeitraum (d.h. 3 Jahre) müssen 3 Beurteilungsbesuche stattfinden. Zwei davon macht der Schulleiter, einen sein Stellvertreter. Die Beurteilungsbesuche sind unangekündigt. Anschließend findet ein beratendes Gespräch über die Stunde statt. Dies führt grundsätzlich der Schulleiter, auch wenn sein Stellvertreter allein in der Stunde anwesend war. Die Besuche sind Grundlage für die Regelbeurteilungen, die alle 3 Jahre fällig sind, hinzu zählen aber auch Dinge wie Engagement für's Schulleben, Übernahme von Zusatzaufgaben usw.
    Regelbeurteilungen wiederum sind Grundlage für eventuelle Bewerbungen für Funktionsstellen und entscheidend für die Dauer von funktionsstellenunabhängigen Beförderungen. (Bei uns ist die Beförderung nach A14 zum Oberstudienrat/-rätin eigentlich fest vorgesehen, auch ohne Funktion, die Note der Regelbeurteilung entscheidet darüber, wie schnell dies passiert.)


    Das gleiche Verfahren kennt man bei uns auch bei der Probezeitbeurteilung (d.h. vor der Verbeamtung auf Lebenszeit) und auch schon im Referendariat, auch dort sind alle Beurteilungsbesuche unangekündigt (Ausnahme sind nur die 3 zusätzlichen Prüfungslehrproben).

    Ja, es ist bedingt etwas dran.
    Eine Kollegin, die während der Probezeit 15 Tage gefehlt hatte, wurde nochmals zum Amtsarzt geschickt, weil die 15 Fehltage Einzelfehltage an Montagen bzw. Freitagen waren. Sie war eben so doof und hat sich immer bis zum Wochenende durchgeschleppt, anstatt sich gleich auszukurieren.
    Ihre Art der Fehltage legte also den Schluss nahe, dass sie eine Blaumacherin wäre (sie war es nicht). Und der Amtsarzt hat ihr eine Verlängerung aufgebrummt.
    Ich kommentiere das mal nicht.
    Nach der Verlängerung wurde sie dann aber anstandslos verbeamtet.


    Nach diesem Fall war es an meiner Stelle üblich, dass man sich zur Not auf allen Vieren in die Schule schleppte, solange man noch auf Probe war. Dafür durfte man dann die Lebenszeitverbeamteten, die bekanntermaßen nach Klausuren immer 2 Tage unpässlich waren, in seinen Freistunden noch vertreten. Wenn man noch nicht mal mehr auf allen Vieren zur Schule gekommen wäre, hat man auch bei einem einzigen Fehltag sofort ein ärztliches Attest vorgelegt (auch wenn erst ab dem 3. Tag eines verpflichtend ist).


    Es ist wohl so, dass es einen Unterschied macht, ob du viele Einzelfehltage hast oder ob du mal 15 Tage am Stück krankgeschrieben bist. Das Gerücht (gestreut durch meinen Schulleiter) lautet, dass man ab 11 Fehltagen im Ministerium nochmals genauer hinschaut, ob man dich doch noch ein zweites Mal zum Amtsarzt schickt, bevor man dir das Lebenslänglich gibt.


    Mein Tipp: Wenn du krank bist, bleib zuhause und lasse dir ein ärztliches Attest geben.

    Meines Wissens nach kannst du deine Beiträge zur Rentenkasse der Angestellten nur dann zurückerstatten lassen, wenn du nicht mehr als 60 Monate Beiträge eingezahlt hast. Ab einer Beitragszeit von 5 Jahren hast du einen eigenen Rentenanspruch, zuvor noch nicht, deshalb kann man alles unter 60 Monate zurückfordern.


    Hier gibt es weitere Informationen:


    http://www.deutsche-rentenversicherung-bund.de (vormals "BfA")


    Der Antrag auf Beitragsrückerstattung heißt "V900" und kann dort auch direkt heruntergeladen werden.

    Ich bin mir auch unsicher, ob ich mich derzeit impfen lassen könnte.
    Wir haben ja gerade (seit heute, noch für diese Woche) Herbstferien und ich habe es in den letzten Jahren nie geschafft, mich gegen die normale Grippe impfen zu lassen, weil ich jedes Jahr um diese Zeit eine fiebrige Erkältung mit mir herumschleppe, die meinen Hausarzt daran hindert, mich zu impfen.


    Ehrlich gesagt geht mir schon ein bisschen der Allerwerteste auf Grundeis. Wir hatten an der Schule letzte Woche eine knapp zweistellige Zahl von bestätigten Schweinegrippefällen, allein in der Klasse, in der ich am meisten Zeit verbringe, waren es mehrere Fälle und gut 50% der Klasse waren erkrankt. Testen ließen sich allerdings nicht alle, weil sie es wohl selbst zahlen müssen. Darüber hinaus habe ich meine schwangere Kollegin (die zuhause bleiben durfte) in einer anderen Klasse vertreten, in der es auch zwei bestätigte Fälle gab.


    Unser Gesundheitsamt schließt unsere Schule nicht. Ist wohl in der Gegend normal, dass die Schulen bis zu 20 bestätigte Fälle haben und der Betrieb weiterlaufen muss.
    Was mich aber wirklich auf die Palme bringt, ist, dass trotzdem die Seife auf den Toiletten nur 1x die Woche nachgefüllt wird und sich der Hausmeister weigert, in den Klassenzimmern Seife an die Waschbecken zu stellen. Das Reinigungspersonal wurde ebenfalls reduziert (aus Kostengründen) und die Waschbecken wurden schon seit Wochen nicht mehr gereinigt. Ich finde es wirklich unzumutbar, unter derartigen Bedingungen arbeiten zu müssen, habe aber die gleichen Bedenken wie hier schon genannt: Was, wenn ich mich impfen lasse, die Impfung noch nicht wirkt, ich mich aber trotzdem anstecke?


    Außerdem rege ich mich auf, dass einerseits schwangere Kolleginnen zuhause bleiben dürfen, Kollegen mit schwangeren Frauen zuhause bleiben dürfen, aber Kollegen mit schwerkranken Partnern oder Kinder mit schwangeren Müttern trotzdem in die Schule kommen müssen. Wenn es gefährlich ist, dann sollte gleiches Recht für alle gelten und nicht die Gesundheit der einen schützenswerter sein als die Gesundheit der anderen.

Werbung