Beiträge von elCaputo

    Mich erstaunt Eure Verbissenheit. Der Versuch, den jeweils anderen in dieser Sache zu bekehren, belehren, umzustimmen oder zu läutern ist doch von Anfang an zum Scheitern verurteilt.


    Wenn die Einen den Anderen ihre persönliche Meinung ebenso gönnen würden, wie sie deren jeweiligen persönlichen Umgang mit dem Gender-Thema in Wort und Schrift tolerierten, dann wären wir an einer offenen, pluralistischen, toleranten und vielleicht auch gleichberechtigten Gesellschaft näher dran, als wenn man hier die Keule schwingt und sich aufregt.


    Und enorm viel Energie, Lebenszeit und Nerven würden überdies geschont.

    Gemacht oder machen lassen?

    (Je nach Bundesland ist man als Lehrkraft ja gleichzeitig "Testzentrum". Präzise Formulierungen sind manchmal sehr wichtig.)

    Anfangs durften das ja nur Fachkräfte machen, so mit richtig tief drin und lange. Inzwischen machen wir ja die Selbsttests, wo man nur so ein zwei Zentimeter rein muss.


    Wer jetzt Bilder hat, der darf sich bei seiner eigenen Fantasie bedanken.

    Heute durfte ich vom Schulleiter (ja sein Geschlecht ist eindeutig) sinngemäß folgendes lesen: "Die SuS wurde getestet und nach Hause geschickt."


    Und bei DIESEM Schulleiter weiß ich nicht, ob das die Macht der Gewohnheit oder nicht vielleicht ein stiller Protest war.

    Hier ein gemischtes Bild. Diejenigen SuS, die immer schon fleißig und gut organisiert waren oder wo das Elternhaus hinterher war, stehen jetzt häufig sogar besser da oder sind eben auf dem geforderten Leistungsstand.


    Bereits zuvor unorganisierte und lernschwache SuS, bei denen es häufig an jeglichen Strukturen oder elterlichem Interesse fehlt, sind extrem abgesackt. Das Bild, das sie im Unterricht abgeben, ist geprägt von Müdigkeit, Desinteresse und Überforderung mit der plötzlichen Einforderung von Leistung, Mitarbeit und den strikten Strukturen. Die schriftlichen Leistungen sind bei diesem Teil der Schülerschaft derzeit häufig im 6er Bereich. Es ist zum Heulen...

    @samu


    Du merkst ja vielleicht zwischen den Zeilen, dass mir die Entwertung des Fachs Englisch - und nichts anderes ist die Einordnung als Nebenfach bei den Hauptschulabschlüssen - auch gegen den Strich geht. Und ich bin ganz sicher nicht der Vertreter einer unbedingten Kuschelpädagogik.


    Nur stoße ich auf Rahmenbedingungen (Hausaufgabenverbot, garantierte und notenunabhängige Versetzung bis Jahrgang 9 und die o.g. Problematiken), die die "harte Gangart" im Keim ersticken. Ich denke also das System, in dem ich agiere, nur zu Ende. Ich bin kein Fan. Wirklich gar nicht!

    @samu


    Wo wird jemandem das "Anrecht" auf Englisch genommen, wenn das Fach statt verpflichtend zum Wahlfach gemacht wird?


    Und wer hätte behauptet, dass der Verzicht auf das Pflichtfach Englisch zu einem besseren Verständnis für deutsche Konjunktive führte?


    Bei dem Punkt ging es mir eher darum, dass meine Referenzsprache, nämlich das Deutsche, vielfach eben genau diese Referenz nicht darstellt, weil hier bereits die Lücken bestehen. Ein Verweis auf Ähnlichkeiten, Gleichheiten beider Sprachen oder gar auf grammatikalische Grundbegriffe verfängt da nicht.


    Und zuguterletzt mache ich Vorschläge, wie ich von mir beobachtete Zustände verbessern würde. Resignation sieht doch anders aus, oder nicht? Ich habe nicht den Anspruch, die wahre Lösung zu haben. Daher wäre ich für alternative Vorschläge dankbar.


    Ein bloßes Beharren auf dem Ist-Zustand, ohne eine Beschäftigung mit den geschilderten Problemen, hilft da nicht weiter.

    CDL


    Im Prinzip greifst Du ja meine Idee auf. Wahlpflichtfächer haben wir hier auch und die haben schizophrenerweise dann beim HsA nach 9 bzw. 10 tatsächlich den Stellenwert eines Hauptfaches. (anders als Englisch)


    Also den Rahmen der Wahlpflichtfächer für die Unterbringung des Fachs Englisch gäbe es bereits. Was mein Plan zugegebenermaßen nicht berücksichtigt, ist die derzeitige Verpflichtung zu mindestens einer Fremdsprache. Aber genau dort gäbe es meines Erachtens Änderungsbedarf. Das ist ja alles nicht sakrosant oder unumstößlich.


    Warum SuS mit doppelter oder gleich dreifacher Halbsprachlichkeit aus dem Schulsystem entlassen, wenn die Ressourcen besser verteilt werden können?


    Diejenigen mit Interesse, Ambition, Begabung (you name it) werden im Fach Englisch gefördert. Die anderen anderweitig. Und den "Spätberufenen" wird in Jahrgang 7 oder 8 der (Wieder-) Einstieg ins Fach ermöglicht (wie derzeit in Spanisch, Französisch, Latein etc. ja auch möglich).

    Mit meiner Eingangsfrage ist ja eigentlich die Katze schon aus dem Sack, aber so ganz ohne Erklärung geht's dann wohl doch nicht. Als Englischlehrer habe ich das Gefühl auf verlorenem Posten zu stehen. Ab dem fünften Schuljahr ist für unsere SuS das Fach Englisch verpflichtend. Bereits zu diesem Zeitpunkt gibt es gravierende Unterschiede, mit welchen Vorkenntnissen die SuS aus den Grundschulen zu uns kommen. Mindestens ebenso gravierend sind die Unterschiede hinsichtlich der Beherrschung der deutschen Sprache.


    Das Fach Englisch stellt für mindestens die Hälfte meiner SuS das "Hassfach" schlechthin dar. Unabhängig vom Lehrer oder Jahrgang. Die Leistungen sind bei der Hälfte schwach bis katastrophal. Das verschlimmert sich mit fortschreitender Schullaufbahn. Das Vokabellernen bekommen wir bei diesen SuS über die gesamte Zeit nicht etabliert, von zu Hause gibt es keine Hilfe, die Frustration beiderseits des Pults steigt und steigt. Ein immer stärker zu beobachtendes Phänomen ist eine undurchdringliche Verweigerungshandlung, nicht nur der Sprache gegenüber, sondern auch gegenüber der englischen/amerikanischen Kultur. Hat es einmal ein flächendeckenderes privates Interesse an englischer Musik, Filmen, Serien etc. gegeben, so ist das jetzt restlos weg. Ersetzt durch K-Pop und Gangsta-Rap der schlimmen "deutschen" Art.


    Ich bin per Lehrplan verpflichtet, sprachliche Kompetenzen und Fertigkeiten in einer Fremdsprache zu vermitteln, die viele meiner SuS nicht nur zum Zeitpunkt des Englisch-Themas in der deutschen Sprache nicht beherrschen, sondern bis zu ihrer Entlassfeier. Versucht's mal. Lasst die SuS im 10. Schuljahr mal Konjunktive bilden und denkt dann an den ollen elCaputo, der das mit Neuntklässlern auf Englisch machen soll. Von Textverstehensaufgaben will ich gar nicht anfangen. Oder will hier jemand dafür die Hand ins Feuer legen, dass alle seine Mittelstufenschüler einen Text von 10 Zeilen aus einer Zeitung auf Deutsch sinnentnehmend lesen kann?


    Lange Rede, kurzer Sinn - Englisch hat einen schweren Stand. Und was ich höre gilt das auch für die anderen Sprachfächer. Wie dramatisch die Lage ist, lässt sich daran ablesen, dass die zuständigen Stellen Englisch in Bezug auf den Hauptschulabschluss zum Nebenfach deklariert haben. Eine Fünf in Englisch hat den Wert einer 5 in Musik oder Sport. Ich persönlich bin da etwas pikiert, fühle mich bzw. mein Fach herabgesetzt, sehe aber gleichzeitig tagtäglich, dass es anders gar nicht geht. Ich möchte nicht wissen, wie viele Hauptschulabschlüsse sonst nicht erreicht würden.


    Kein Hauptfach mehr, geschenkt. Ich würde diesbezüglich gern noch einen Schritt weiter gehen. Sehen wir den Tatsachen ins Auge. Ein nicht geringer Teil wählt innerlich das Fach Englisch bereits sehr früh (und häufig vom Elternhaus mit wohlwollendem Verständnis gedeckt) in der Schullaufbahn ab und nur extrem selten gibt es eine Umkehr dieser Entscheidung. Das ist nicht weiter dramatisch, denn mal ehrlich, wer bereit ist, SuS mit Hauptschulabschluss auszubilden oder einzustellen, der verzichtet häufig auf elementare Fähigkeiten in der deutschen Sprache. Die Marginalität des Englischen kann ich da kaum beschreiben.


    Lasst uns Englisch von Anfang an zum Nebenfach machen. In den ersten beiden Jahren von mir aus verpflichtend und ab dann als Wahlfach für diejenigen, die tatsächlich auf den FOR oder gar FOR+Q zusteuern. Der Rest bekommt zusätzlich wertvolle Stunden zur Förderung ansonsten brachliegender Talente oder zur Vertiefung der Deutsch-Kenntnisse.

    Reise nach Jerusalem in der Fußgängerzone.


    In unserer Fußgängerzone (die den Namen nicht verdient) gilt, trotz NRW weit einer der niedrigsten Inzidenzen (unter 25), noch die Maskenpflicht draußen. Ist ja ohnehin Blödsinn, aber sei's drum. Die zahlreichen Außenbereiche der Cafés, Restaurants und Bäckereien sind davon verschont. Ich werde mir demnächst einen Sport daraus machen, von Außenbereich zu Außenbereich zu hechten, um den regelwütigen Schiedsrichtern vom Ordnungsamt zu entgehen. Der Sport ist zuletzt ja auch echt zu kurz gekommen.

    Wenn ich meinen beruflichen Alltag so sehe, werden lange vor dem Einzug irgendwelcher Gender-Komplikation die Artikel entfallen. Aber vielleicht hilft das ja auch bei Gleichberechtigung und so.

    Stimmt schon. Der Verzicht auf das Gendern ändert an den Problemen an anderen Fronten wohl unmittelbar und zwingend nichts.


    Vielleicht wäre aber mehr Energie, Wachheit, Veränderungswille u.a. Ressourcen dafür übrig. Während ich das schreibe, merke ich, dass es wohl nur geringfügig daran liegt, dass man vom Thema Gendern abgelenkt ist. Das Grundproblem ist wohl dramatischer...

    Ich habe nie behauptet, dass Geschlechtergerechtigkeit und von mir aus auch deren sprachlicher Unterbau kein Problem sei. Ich halte sie nur für verhältnismäßig geringwertiger, wenn ich mir anschaue, auf was wir unsere Energien und Aufmerksamkeit eigentlich lenken sollten.


    Ansonsten habe ich zu dem Thema die Einstellung, dass man da beiderseits etwas entspannter und nicht so verbissen dran gehen sollte. Leben und leben lassen. Sprache und Geschlechter sind Konstrukte - damit kann es keine einheitliche oder richtige Meinung geben.

    Wenn man den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage zum Gendern in Stellenanzeigen folgt, handelt es sich bei diesem Thema auch um einen Generationenkonflikt. Die jüngste der befragten Altersgruppen (20- bis 29-Jährige) befürworten mit knapper Mehrheit bereits jetzt das Gendern in Stellenanzeigen, während sich nur 25 % der 50- bis 59-jährigen dafür aussprechen. Dass ältere Mitbürger*innen gesellschaftlichen Veränderungen tendenziell eher ablehnend gegenüberstehen als die jüngeren Generationen, ist natürlich kein neues Phänomen. Möglicherweise wächst sich der Widerstand gegen das Gendern in den nächsten Jahrzehnten einfach 'raus.

    Dann klappt in 20 zwar das Gendern, aber der Antisemitismus (eigentlich wohl eher Antijudaismus) hat eben auch eine neue Hochzeit. Da sieht es bzgl. der generationsspezifischen Sensibilität nämlich genau entgegengesetzt aus.


    Ich habe eine recht feste Meinung darüber, womit ich eher leben könnte.

    Wir haben an allen Ecken größere Probleme als -Innen oder fünfte Geschlechter.

    Die Diskussion erinnert mich ein wenig an meinen Opa, der alles Mögliche als überflüssig und neumodischen Quatsch bezeichnete, nur weil ER keine Verwendung dafür hatte oder Gebrauch davon machte (Spülmaschine, Anrufbeantworter, Chinesische Restaurants, Trockner - alles unnötig). Sicherlich hätte er ähnlich vernichtend über Fitnessstudios, Sonnenbänke, Spieleland, Ponyreiten, Freizeitparks, die Kirmes u.ä. geurteilt.


    Für seine Engstirnigkeit und seinen Absolutheitsanspruch hatte ER aber eine Entschulding. Er war weit über 80.

    Da habe ich auch schon drüber nachgedacht: Theoretisch könnte ich ja dann auch für mich und meine Familie "Testzentrum" spielen und shoppen gehen, wenn ich Lust darauf habe, oder? Wenn ich befugt und kompetent genug bin, das für alle meine SuS zu machen, dann doch eigentlich auch für mich und andere? :gruebel:

    Das wird wahrscheinlich analog zu den Leistungsbewertungen gehandhabt. Die erarbeiten wir ja auch für Gott und die Welt, aber wehe wir wollen unsere eigene Beurteilung schreiben...

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