Es gibt im Osten eine grundsätzliche Skepsis gegenüber einem großen Bruder. Wie der nun heißt, ist dabei egal. Insofern mag die Gleichgültigkeit, mit der Russland als ebenso verlässlicher, egoistischer, machtpolitisch kalkulierender "Partner" wahrgenommen wird wie die USA aus einer gewissen Perspektive als Russlandfreundlichkeit interpretiert werden.
Und eventuell spielt es eine Rolle, dass man sich in einem Boot wähnt, wenn es darum geht, wer bei den 2+4 Verträgen und bei der Wiedervereinigung profitiert hat und wer nicht. Mir noch sehr präsent ist die Rolle der amerikanischen Geheimdienste, als es um die Plünderung der MfS Daten ging. Der BND durfte erst sehr viel später rein. Eine solche "Schutzmacht" war man im Osten unter Opfern gerade erst losgeworden.
Gewissermaßen wird das Bild einer immer noch stark Einfluss nehmenden Besatzungsmacht USA ja fast tagtäglich bedient. Ausspionieren des Kanzleramtes unter "Freunden", todbringende Drohnen werden aus Deutschland heraus gelenkt, sich unfassbar gebärdende Botschafter, unmittelbare Einflussnahme auf Nordstream, NSA Tätigkeit am Internetknoten in Frankfurt etc.
Eigentlich ist nicht die Skepsis im Osten verwunderlich, sondern die Duldsamkeit und Langmütigkeit im Westen.