Dann nutze ich die Gelegenheit doch mal, für meinen ersten Beitrag hier im Forum:
Ich bin Lehrer für Sonderpädagogik, unterrichte aber an einer Grundschule im Gemeinsamen Lernen. Ich war schon zu zahlreichen Schulen abgeordnet und kenne den Einsatz neuer Medien daher auch praktisch von unterschiedlichen Schulen:
Die Fragestellung, was man vom Lernen am Tablet hält ist sehr undifferenziert. Man kann hier grob drei Richtungen unterscheiden. Für jede Zielgruppe und jeden Einsatzzweck kann man also auch durchaus unterschiedlich zum Medieneinsatz stehen:
Ein riesiger Block umfasst die Medienkompetenz mit den Hauptrichtungen: Technik verstehen (z.B. Programmieren) und Technik anwenden (z.B. Schreiben, Präsentieren). Hier will ich gar nicht erst auf alle Möglichkeiten und deren Wichtigkeit eingehen, denn NRW hat hier einen gut ausgearbeiteten Medienkompetenzrahmen, in dem man all diese Punkte gut nachlesen kann und eine gut gefüllte Webseite zum Thema: https://medienkompetenzrahmen.nrw. Die Frage, ob man das gut findet (das tue ich!), stellt sich gar nicht erst. Die Inhalte sind Vorgabe und sollten schon lange in die Medienkonzepte der Schulen Eingang gefunden haben, sonst wird es bei den meisten Schulträgern zu Recht auch schwierig mit den Fördergeldern.
Ein zweiter Baustein, der Im Medienkompetenzrahmen keine Erwähnung findet ist der Computerunterstützte Unterricht (CUU). Hier geht es darum, unterrichtliche Inhalte über neue Medien zu vermitteln.
Auch hier bin ich ein großer Freund des Einsatzes der Technik. Man muss aber sehr gut darauf achten, was in welchem Kontext und zu welchem Zweck eingesetzt wird. Viele der so genannten "Lernprogramm" haben einen ganz großen Haken: Die Qualität der Rückmeldung ist leider oft sehr schlecht und beschränkt sich auf ein "falsch! Versuche es noch einmal". Bestenfalls wird dann nach einer Anzahl von Fehlerversuchen die richtige Lösung eingeblendet und zur nächsten Aufgabe übergegangen. Bevor jetzt alle Computerfeinde jubeln, dass sie doch schon immer gewusst haben, wie schlecht die Lernprogramme sind: Die meisten kopierten Arbeitsblätter sind noch schlechter und können selbst "richtig oder falsch" nicht zurückmelden. Beim Computer besteht das besondere Ärgernis nur darin, dass diese eigentlich zu so viel mehr imstande wären. Dennoch bietet der CUU auch mit diesen einfachen Lernprogrammen ohne vernünftige Rückmeldung (z.B. das beliebte Anton) zwei erhebliche Vorteile gegenüber Papier:
Vorteil 1: Motivation und Ausdauer sind bei vielen Schülern enorm viel größer als beim Arbeiten auf Papier. Entsprechend steigt auch die effektive Arbeitszeit /Übungsanzahl pro Zeit enorm an. Das trifft nicht nur auf nett gemachte Lernprogramme zu. Selbst wenn man ein Arbeitsblatt inhaltlich unverändert einfach nur abscannt und das Kind auf dem Ipad mit Stift bearbeiten lässt, kann man die enorm gestiegene Motivation gut beobachten. Und anders als man meinen könnte, ist das auch keine Eintagsfliege. Ich warte immer auf den Tag, an dem es nachlässt. Aber ich warte schon seit Jahren.
Vorteil 2: Gerade bei den kleinen kennt man es, dass sie oft gar keine echten Fragen haben, sondern nur die Richtigkeit der Aufgabe bestätigt haben wollen. Für diesen Zweck reichen diese einfachen Richtig/Falsch-Meldungen aus. Dadurch kann man sich Zeit in der Unterrichtsstunde freischaufeln, in der man sich dann mit den Kindern zusammensetzen kann, die wirklich Hilfe benötigen. Ein Vorteil, der in heutigen sehr heterogenen Lerngruppen sehr wichtig ist.
Aber auch die Nachteile sollen nicht verschwiegen werden. Es bleibt immer noch ein Computer, der nicht individuell genug auf jeden Schüler eingehen kann. Nur bedingt geeignet sind die CUU-Programme für den Grundschulbereich daher meiner Meinung nach dafür, neue Inhalte zu vermitteln. Sie sind eher geeignet, schon bekannte Inhalte weiter zu festigen und zu üben.
Ein zweiter Nachteil vieler Lernmöglichkeiten gerade am Tablet liegt darin, dass Tablets von Haus aus nicht als Mehrbenutzersysteme ausgelegt sind und daher vielen Programme eigentlich erst richtig sinnvoll bei einer 1-zu-1-Ausstattung nutzbar sind.
Was ich jedoch schade finde ist (und jetzt mache ich mich mal so richtig unbeliebt): Die meiste Kritik am Einsatz von Tablets oder Computern im Unterricht auch in der Grundschule wirkt mehr als ein verzweifelter Abwehrversuch, sich als Lehrer nicht damit auseinandersetzen zu müssen. Denn hauptsächlich höre pauschale Medienkritik immer wieder von denen, die augenscheinlich selbst große Defizite in der Medienkompetenz haben und die auch einen OHP noch für ein neues Medium halten. Von denen die sich selber gut auskennen, kommt meist nur differenzierte Kritik an bestimmten Aspekten.