Tatsächlich kann ich von unserem aktuellen "Draußenunterricht" an der Grundschule bisher nur Positives berichten:
Das Projekt begann hier im November und wir waren alle zunächst etwas skeptisch, wie das "bei dem Wetter" in dieser Jahreszeit funktionieren soll. Wir sind angewiesen worden, nur bei extremen Wetterlagen den Unterricht nach drinnen zu legen. Das war bisher noch nicht notwendig. Auslöser war in unserem Fall wirklich die Idee, den Kindern und Lehrkräften in der aktuellen Lage Zeit zum sprichwörtlichen Durchatmen zu verschaffen.
Unsere Grundschule liegt ländlich, das ist der große Vorteil. Die Kinder kommen fast alle sehr gut ausgestattet (warm genug, regenfest gekleidet). Jede Klasse hat einen verbindlichen Tag im Stundenplan ausgewiesen, dazu eine fest verantwortliche Lehrkraft (meist die Klassenleitung). Dazu kommt i.d.R. ein Elternteil mit. Offiziell ersetzt Draußenunterricht bei uns aktuell den Sportunterricht vollständig und dazu noch einen Teil des Sachunterrichts. In der Realität habe ich mit meiner Klasse aber auch anteilig Mathematik-, Deutsch-, Kunst- und Musikunterricht draußen gemacht. Dabei füllen diese Inhalte aber nie den ganzen Vormittag. Es ist, neben den Wegstrecken, die wir zurücklegen, auch ausreichend Zeit zum Freispiel in der Natur geblieben. Wir sind in der Gestaltung dieser Unterrichtstage grundsätzlich völlig frei, tauschen unsere Ideen aber immer gegenseitig aus.
Meiner Beobachtung nach tun diese Tage der Klasse auch an den folgenden Unterrichtstagen im Schulgebäude nachhaltig gut: es entstehen neue Kontakte und Freundschaften, die Kinder helfen sich im Wald bei ihren Bauvorhaben und übertragen diese Einstellung mehr und mehr auf den Schulalltag. Auch die Beziehung zu mir als Klassenleitung kann nochmal ganz anders wachsen, was sich wiederum auf die Mitarbeit im Unterricht auswirkt. Wenn ich es mir aussuchen dürfte, würde ich auch "nach Corona" gerne an diesem Projekt festhalten. Wenn ich anderen davon erzähle, komme ich regelmäßig fast ins Schwärmen.
Ich weiß aber auch, dass wir nahezu ideale Ausgangsbedingungen hier haben. Dass dies an vielen Schulen nicht der Fall ist, kann man nicht von der Hand weisen. Dennoch finde ich, dass man es anderen gönnen können muss, ohne sich selbst in die Ecke gedrängt zu fühlen, weil man sich zur Umsetzung selbst (gerade) nicht in der Lage sieht.