Ich hab das erst letztens erlebt. Mir kommt es so vor, als wäre die Frauenbenachteiligung in der freien Wirtschaft noch stärker sichtbar als bei Lehramtsabsolventen.
Jedenfalls gehe ich so zum Bewerbungsgespräch und war guter Dinge, die Stelle zu kriegen, weil die Kriterien, die es zu erfüllen gab genau meinem Profil entsprachen. Meine Beweerbungsunterlagen sind tip top. Daran kanns nicht liegen.
Es ging angeblich um zwei Stellen die in Pflegeheimen in der Leitung besetzt werden sollte. Unbefristet und die Pflegeheime waren neu erbaut.
Ich saß also vor der Auswahlkommission, die aus einem Mann und vier Frauen bestand. Psychologisch spannend war schon, dass die Frauen jeweils 2 links und 2 rechts neben dem Mann saßen, als wäre er der Hahn im Korb.
Jedenfalls, ich erzähle also von mir und mitten während des Gesprächs wird mir plötzlich vorgeschlagen, dass sie noch 2 andere befristete Stellen haben für jeweils eine Schwangerschaftsvertretung für ein Jahr. Ich komme dort also wegen zwei unbefristeten Stellen an zwei Pflegeeinrichtungen hin und plötzlich schlägt man mir 2 Befristungen in ganz anderen Bereichen vor. Man nötigte mich regelrecht. Ich dachte nur: Ja, klar wenn ich jetzt ja sage, dann bin ich nur die Vertretung für irgendwen, der nach einem Jahr seine Stelle wieder haben will. Ich hab das bei meiner Schwester gesehen. Da lief es genauso und nach einem Jahr war sie wieder arbeitslos. Da hatte sie sich aber schon super im Team eingelebt.
Ich sagte, dass ich lieber eine unbefristete Stelle haben will. Ist ja klar: Wenn man gefragt wird befristet oder unbefristet, dann sagt man doch nicht befristet?
Was soll ich sagen? Ich hab die unbefristete Stelle natürlich nicht bekommen und bin letztendlich ganz leer ausgegangen.
So läuft das in Deutschland. Mit über 30 hast du einfach keine Chance auf einen unbefristeten Arbeitsplatz in bestimmten Bereichen. Da kannst du ein Kind oder 10 Kinder haben.
Da denken gerade männliche Arbeitgeber du bist eine potenzielle Gebärmaschine, die nur auf die passende Gelegenheit wartet.
Ein Professor bei uns an der Uni hat das mal ganz knallhart gesagt: "Von 25 bis 40 haben Sie als Frau kaum eine Chance Karriere zu machen."
Beim nächsten Bewerbungsgespräch hab ich dem Personaler gleich vorweg genommen, dass ich einen Sohn habe und keine weiteren Kinder möchte.
Da war dann plötzlich die Kinderbetreuung ein Problem. Oder: Er machte es zum Problem. Ich sagte, dass ich ein gut gehendes Netzwerk und zwei Paar Großeltern habe und dass das abgesichert sei.
Hab die Stelle nicht bekommen.
Hab mich mittlerweile abgefunden und arrangiere mich mit der Lage. Bevor ich jetzt 10 Jahre arbeitslos zu Hause sitze oder in Bereichen arbeite, die nicht meiner Quali entsprechen und unglücklich bin, mache ich lieber das, was mir wirklich liegt und wo das Verhalten der Vorgesetzten weniger asozial ist (Gegenteil von sozial).
Ist ja immer noch ein Unterschied endlich das zu machen was einem liegt und dafür in den sauren Apfel zu beißen und 20 Stunden als nicht Qualifizierte zu arbeiten oder 40 Stunden bis zum Rentenalter als Nichtqualifizierte und nicht das zu machen, was einem Freude bereitet.