Hallo Sylvie,
Zufällig bin ich auf Ihren Beitrag gestoßen, gehöre nicht ganz zu Ihrem Berufsstand - bin Dipl.-Psych. und arbeite psychotherapeutisch, hauptsächlich mit Erwachsenen, auch mit ADHS.
Ihre Situation ist wirklich nicht leicht. Sie haben es mit einem Kind zu tun, dass aus Konsequenzen nicht lernen kann. Es ist eine neurologische Störung, die alleine mit den bekannten pädagogischen oder psych. Methoden nicht sehr positiv beeinflussbar ist (sehr wohl aber negativ, wenn man das Kind Stress aussetzt). Was Ihre Kollegin Ihnen geraten hat, ist nur zum Teil richtig - sehr (!) kurzfristige Belohnung kann leicht lindernd wirken, Tokensystem im üblichen Sinne (Punkte sammeln und später eintauschen) würde nicht helfen, da ein Kardinalsymptom beim ADHS das Hier und Jetzt-Erleben ist (aufgrund eines gestörten Zeitgebers im Gehirn, vereinfacht gesagt. Deswegen u.a. haben diese Kinder auch Schwierigkeiten, die Zeit richtig einzuschätzen z.B bei schriftlichen Arbeiten). Verbote sind kontraindiziert, da sie a) nicht helfen werden, b) verheerend für die Beziehung zum KInd wären - und die gute Beziehung ist Ihre Chance und die des KIndes. Einzig und allein die pharmakologische Theraie ist effektiv am Anfang, damit man überhaupt einen kognitiven ZUgang zum Kind bekommt.
Elternarbeit: Auch ich habe nicht eindeutig verstanden, ob die Mutter bereits etwas unternommen hat. Wenn nicht, beachten Sie ev. die Grenzen der Kommunikation. wir haben es bei ADHS-Kindern häufig mit mindestens einem betroffenen Elternteil, was nicht unbedingt sichtbar ist - auch für Fachleute nicht auf Anhieb, da die Symptome im Erwachsenenalter etwas anders sind.
Ich bin kein Experte für ADHS bei Kindern, habe nu eine waage Erinnerung an eine CD (ADHS und /in der? Schule).
Denken Sie auch an sich - was würde Ihnen helfen, sich besser zu fühlen, sollte sich die Situation kurzfristig nicht ändern. Und wenn Sie sich die Frage beantworten können, würde das wahrscheinlich auch dem kleinen Räuber ein bisschen helfen.
Ave! dalibri