Zweiter Teil:
Gleich zu Anfang räumt PF ein: „ ...ich hatte Mitschuld an meinem Scheitern“ ...Dies entspricht zum einen ihrem an sich selbst angelegten Maßstab, ist andererseits aber auch wohl das Ergebnis der Lehrerausbildung, die den Anteil des Verschuldens des Lehrers an schulischem Misserfolg hoch bewertet. Die Aufforderung Selbstkritik zu üben gehört zum Pflichtteil jeder Nachbesprechung bei UBs. Ob die Zuweisung von eigener Schuld gerechtfertigt oder überhaupt sinnvoll ist, wird dabei nach meiner Erfahrung nie betrachtet.
Als Gründe für ihr Scheitern nennt sie ihre pädagogischen Defizite, Vorfälle, die nicht hätten sein dürfen, ihr Selbstbewusstsein dahingehend, weil sie Fehlverhalten von Schülern anders als Kollegen und Vorgesetzte interpretiert habe.
Ich denke pädagogische Defizite sind normal bei Referendaren. An diesen Defiziten sollte während der Ausbildung gearbeitet werden, und zwar so, dass der zukünftige Lehrer eines Tages selbständig daran weiterarbeiten kann. Denn defizitäres Verhalten hört nie auf! Vorfälle, die nicht hätten sein dürfen, sind sicher auch in diesem Zusammenhang zu einzuschätzen. Auch hier gilt: Referendare sollten lernen können, auf das, was sie als defizitär, bzw. veränderungsbedürftig erleben hinzuschauen und zwar genau hinzuschauen und dann gründlich nachzudenken.
Schuldzuweisungen, die berühmte gut gemeinte Kritik von Anleitern, Kollegen und Ausbildern verhindern das gelassene und ruhige Hinschauen, weil sie persönlich verletzen. Der Kritisierte fühlt sich angegriffen und verteidigt sich entweder laut oder schweigt hilflos. Schließlich nennt sie - zwar ironisch, doch so hat sie es erlebt -, ihre aus guten Gründen abweichende Sichtweise über Fehlverhalten von Schülern, als Grund für ihr Scheitern. Ich halte eigene begründete Sichtweisen für äußerst wertvoll. Denn nur aus Eigenem kann auch eigenes Handeln erwachsen. „Behinderungen verstärken das Risiko für Disziplinstörungen“ nennt sie als weiteren Grund für ihr Scheitern. Jede Abweichung von der Normalität – dazu gehören z.B. auch Glatzen, dicke Brillen, im Grunde jede den Schülern fremde Eigenart eines Lehrers usw. - ist für Schüler Anlass, um spontan zu reagieren, und Spontaneität stört immer die Disziplin eines herkömmlichen Frontalunterrichtes. Nach einem verursachenden Schuldigen zu suchen, halte ich hier für kontraproduktiv, weil derartiges einfach passiert, weil die Dinge so sind wie sie sind, und eben ausagiert, besprochen und vielleicht verändert werden sollten.
Ich kann hier beim besten Willen nichts entdecken, das mich veranlassen könnte, jemandem zu raten, die Ausbildung zum Lehrer aufzugeben. Im Gegenteil: Hier handelt es sich um Aufgaben, die die Ausbildung anpacken sollte!
Ganz anders die Sichtweise der beteiligten Ausbilder. Da werden „Rüffel“ verteilt, hektische Betriebsamkeit gezeigt, elementare Regeln der Hospitationskunst verletzt und die Referendarin kritisiert. Schließlich erteilt man ihr den Rat, ihre Ausbildung abzubrechen. Leicht könnte man der Versuchung erliegen, diesen Damen und Herren Schuld zuzuweisen. Doch weil auch diese durch das schmiedende Feuer einer ähnlich fatalen Lehrerausbildung gehärtet worden sind, - womit ich nicht der Verantwortungslosigkeit das Wort reden möchte – wollen wir sie als das nehmen, was sie sind: Ausbildende Pädagogen, die keine Anleitung zum Lehrberuf erfahren haben, sondern so – wie sie es mit pf machen – zu einem funktionierenden Rädchen im Gefüge der Schule verbogen, d.h. verleitet worden sind. Es gilt, sie aufzuklären! Denn das, was aus ihrer Sicht plausibel erscheint, ist bei genauem Hinsehen Unsinn. Hier wird einer Referendarin die erfreulicherweise, auf Grund eigenen Hinschauens eigene Urteile fällt, die – was sie soll und darf – Fehler macht, Ausbildung verweigert. Man signalisiert ihr lediglich, dass sie funktionieren soll. Sie soll keine Beschwerden verursachen, und das in einem doppelten Sinne. Weil sie aber beharrlich weiter ausgebildet werden will (Sie will eine brauchbare Lehrerpersönlichkeit entwickeln. Siehe unten.), indem sie widerspricht (aufmuckt), selber denkt, vermutlich auch experimentiert wird sie als ungeeignet für diese Ausbildung gehalten. Ich frage mich (nicht zum ersten Mal in meinem Leben), welchen Wert hat eine solche Ausbildung?
Die Folgen für powerflower und für jeden, der ähnliches erlebt, sind verheerend. Die Verunsicherung durch die Aufforderung zu funktionieren, beeinträchtigt ihren Unterricht. Sie wird unsicher, nervös. Sie hat sogar Angst um Hilfe nachzusuchen, weil sie negative Konsequenzen befürchtet.
Aber sie macht nicht nur sehr schwere Zeiten durch, nein, die Geschichte nagt an ihrer Selbstachtung. Sie beschuldigt sich weiterhin selbst am Scheitern beteiligt gewesen zu sein, sie empfindet ihre Behinderung, ich weiß nicht zum wievielten Male in ihrem Leben als schuldhaft, Sie sieht sich gebrandmarkt, stigmatisiert sollte sie das Referendariat noch einmal aufnehmen wollen.
Dabei bringt sie viele Vorrausetzungen mit, die sie im Lehrberuf dringend brauchen kann: Sie besitzt Beobachtungsgabe, Urteilsfähigkeit, weiß um ihre Defizite und Lernbedarf. Und noch eins: Sie weiß, dass ihre eigene Persönlichkeit von großer Wichtigkeit ist. Sie wollte lernen an sich das zu entwickeln, was ihr als Ideal eines Lehrers vor Augen stand. Doch sie erhielt nicht die entsprechende Ausbildung. Denn sie scheiterte letztlich „an den Vorgaben, die ... als Referendarin einzuhalten“ waren.
Am Anfang ging es ums Versagen. Frage: Wer oder was hat hier versagt?
monika