Zitat
Original von SunnyGS
Ein Beispiel?
Stundenbeginn Klasse 1, 24 Kinder:
Kind 1 redet ununterbrochen die Straßenbahnansage, reagiert nicht auf Bittendies zu unterlassen
Kind 2 läuft durch den Raum, ist auf dem Stand einer 3jährigen, kann
keine, wirklich keine, Aufforderung umsetzen
Kind 3 ist familiär extrem gealtvorbelastet und daduch sehr agressiv,
Bitten werden mit "Halts Maul sonst setzts was!" beantwortet ...
konsequent, trotz aller Zuwendung un allen guten Willens
Kind 4 kommt in den Raum, wischt die die Arbeitsmaterialien des
Nachbarn vom Tisch, dieser beginnt zu weinen und tritt nach Kind 4,
dieses schlägt daraufhin dem Nachbarn ins Gesicht
2 Mädchen beginnen zu weinen weil sie die Situation überlastet
Und nun? Wem schenkst du Aufmerksamkeit? Wir hätten da
grad 7 Kinder die es ganz dringend bräuchten ..
die anderen leiden still.
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Das, was Du in Deinem Beispiel schilderst, kenne ich aus Zeiten des
'unterrichten'. Der Lehrer wartet darauf, dass alle Schüler still sitzen.
Dies schaffen viele, aber es gibt immer Kinder, denen dies aus den
verschiedensten Gründen nicht gelingt. Der Lehrer weist letztere an,
zu tun, was er von ihnen erwartet und hat damit keinen Erfolg.
Unter anderem hat diese 'Normalität' des Misserfolgs mich veranlasst,
zu überlegen, ob ich möglicherweise etwas anders machen kann.
Beim meinem gemeinsamen Lernen mit den Kindern kann der Tag,
die Stunde anders anfangen, als mit der Lehrerforderung "Alle auf
ihre Plätze!" oder so ähnlich. Am Morgen kann z.B. jeder Kontakt
mit seinen Mitschülern und seiner Lehrerin aufnehmen, wenn er
dies möchte. Auch in meinem Fachunterricht gehe ich auf das ein,
was die Kinder mir und anderen entgegenbringen möchten.
Dann erst beginnt die Lernzeit. Dies ist für mich normal, weil es
menschlichen Grundbedürfnissen entspricht, dass Menschen
aufeinander zugehen, wenn sie einen Raum, ein Tun miteinander
teilen sollen.
Mir wird dazu gern vorgehalten, dass dies doch 'wertvolle Unterrichtszeit'
koste. Deine Beispiel und meine unzähligen Beobachtungen zeigen, dass
die Erwartung, alle Kinder sollten bei Stundenbeginn still auf ihren
Plätzen sitzen, auch Zeit kostet Außerdem handelt der Lehrer erfolglos
und vergeudet seine Kraft. Und andere Kinder leiden darunter.
Bitten und Aufforderungen sind aus meiner Sicht keine Zuwendung.
Es handelt sich dabei um mehr oder weniger freundlich formulierte Befehle.
Jedes Kind – Kinder mit Störungen sind da besonders sensibel – merkt,
dass man von ihm nur erwartet, dass es funktionieren soll. Mit seinen
unmittelbaren Probleme, z.B. dass es noch nicht gewaltfrei mit anderen
umgehen kann, will sich der Lehrer in diesem Augenblick – vielleicht
überhaupt nicht – befassen. Der Lehrer will nur, dass er sich ruhig hinsetzt.
Wenn wir Lehrer die Realität ignorieren, brauchen wir uns nicht wundern,
wenn sie uns als Hindernis erscheint.
Mir ermöglicht mein Lernkonzept, dass es Raum für normalen menschlichen
Kontakt gibt. Dies entspricht meinem Ethos und den Rahmenkonzepten
und Bildungsplänen der Freien und Hansestadt Hamburg. Und ich habe
Vergleichbares auch in den Rahmenkonzepten anderer Bundesländer
gelesen.
Zweifel daran, dass es so geht, lassen sich nicht durch Worte ausräumen.
Ich kann da nur empfehlen, es handelnd und denkend herauszufinden.
Jeder Lehrer hat die Möglichkeit, sein eigenes Tun zu erforschen.
monika