... wohl auch abseits des TE, deshalb ggf. auslagern...
Auch ich (ebenfalls aus Gymnasiallehrersicht) frage mich aber häufig, mit welchem Ziel der Schrifterwerb an manchen Grundschulen stattfindet.
Es geht eben nicht darum, Buchstaben zu malen, sondern schnell, mit wenig Anstrengung und lesbar zu schreiben. Beides wird zunehmend seltener, was hier (so vermute ich) daran liegt, dass alle Grundschulen die unsägliche vereinfachte Ausgangsschrift eingeführt haben, manche Grundschulen aber nur noch als "Sahnehäubchen", die Schüler dürfen dort auch gleich bei Druckschrift bleiben.
Die Grundschulen halten sich an den Lehrplan. Da steht, dass es darum geht, flüssig und leserlich zu schreiben.
Ein Blick in die Curricula hilft:
Für die 2. Klasse
galt von 2006-2018 "schreiben in einer formklaren, gut lesbaren Schrift" und "Druckschrift als Ausgangsschrift schreiben und eine verbundene Schrift kennen"
seit Sommer 2018, rückwirkend in dem Schuljahr veröffentlicht und ohne Übergangszeit, gilt: "
- "schreiben Buchstaben in einer Druckschrift als Erstschrift normgerecht."
- "lernen und üben eine verbundene Schrift." angegeben sind die 3 Ausgangsschriften LA, VA, SAS als Beispiele für eine verbundene Schrift, weitere verbundene Schriften sind möglich
Für die 4. Klasse
galt von 2006 - 2018: "Die Schülerinnen und Schüler schreiben flüssig eine gut lesbare Handschrift." Sie sollen "in einer zunehmend automatisierten und individualisierten Handschrift schreiben" können,
seit Sommer 2018, rückwirkend in dem Schuljahr veröffentlicht und ohne Übergangszeit, gilt: "schreiben automatisiert und in angemessener Geschwindigkeit eine individuelle Handschrift formklar, flüssig und gut lesbar."
In den bundeseinheitlichen Bildungsstandards Deutsch steht seit 2004 "eine gut lesbare Handschrift flüssig schreiben".
Zu den Schreibgeräten gab es in den CuVo 2006 keine Vorgaben, in 2017 steht in den knappen Anmerkungen "angemessene Auswahl von Schreibgeräten anbieten (Bleistift,Tintenroller, Füllfederhalter)",
Weiteres kann man in den insgesamt ca. 300 Seiten Vorgaben für den Deutschunterricht in der Grundschule in Niedersachsen (70 Seiten Bildungsstandards, 55 Seiten KC Deutsch, 176 Seiten Handreichung Orthographie) sowie in den Handreichungen für besondere Förderungen (38 Seiten KC DaZ, 87 Seiten KC-LE Deutsch, 276 Seiten KC-GE) nachlesen.
Die Leistungsbewertung wurde 2006 vollkommen umgekrempelt, um 2018 wieder komplett geändert zu werden.
In den Curricula 2018 wird das Üben der verbundenen Schrift wieder stärker betont, gleiches gilt für die Rechtschreibung, Aufsatzerziehung dafür weit geringer.
Demnächst hört man dann die Klagen, mit welchem Ziel der Deutschunterricht stattfinde oder "die Grundschule" würde keinen Wert auf das Verfassen von Texten legen.
Ganz ehrlich:
Ich finde den vorwurfsvollen Ton ziemlich schrecklich und angreifend.
Grundschullehrkräfte machen sich ALLE Gedanken um die Schreibentwicklung. Tatsächlich kümmern sie sich tagtäglich darum.
Sie bilden die Schreibmotorik aus, sie lernen mit den SuS das Schreiben an sich und die Schrift - mindestens 1 Jahr lang und immer wieder in den weiteren Jahren,
sie verbessern, üben, lassen neu schreiben, üben noch einmal, binden Motorikübungen in den Unterricht ein, verteilen weitere als Übungsmaterial für den häuslichen Bereich, verweisen auch auf Ergotherapeuten oder geben den Eltern nützliche Tipps an die Hand, z.B. auch eine Beratung hinsichtlich Schreibgeräten und Schreibhilfen, zusätzlichen Griffen, Unterlagen etc.
Sie entscheiden auch über die Schrift, die eingesetzt wird, nach bestem Wissen und Gewissen im Rahmen der Vorgaben.
Tatsächlich gibt es 3 mögliche Ausgangsschriften UND ja, es gibt auch die Option der Grundschrift.
Sie alle sollen am Ende, wie oben zitiert, zu einer individuellen, formklaren, flüssigen und gut lesbaren Handschrift führen. Deshalb nennt man sie AUSGANGSschrift und nicht ENDschrift.
Alle haben Vor- und Nachteile, die man generalisieren oder je nach Schülerschaft differenziert betrachten kann.
Wer qualifiziert ausgebildet ist oder sich in dieser Richtung weiterbilden möchte, darf sich gerne daran beteiligen. Die weiterführenden Schulen sind ja derzeit aufgefordert, die notwendigen Abordnungen in die Grundschulen zu stellen. Da kann man sich ja dann bei vollem Deputat in die Grundschule begeben und dort eine 1. oder 2. Klasse übernehmen und eigene Erfahrungen beim Schrifterwerb von Beginn an sammeln.