Wurden diese Kinder denn auch in anderen Fächern individuell unterstützt? Also z.B. in Mathe bei Textaufgaben?
Man kann z.B. ein Partnerkind einsetzen, das die Aufgaben vorliest oder die Aufgaben in einer Gruppe bearbeiten lassen, in der es Rollenkarten gibt. Der „Leser“ fällt dann an andere Kinder, der „Schreiber“ auch. Oft sind in Klasse 2 die Textaufgaben zudem bebildert und häufig nach immer gleichem Schema.
Alternativ kann man eine Arbeitsgruppe begleiten, während andere allein arbeiten, gerade bei Textaufgaben gibt es mehr Kinder, die Schwierigkeiten mit den Formaten haben.
Und wie werden Kinder unterstützt, wenn sie noch große Schwierigkeiten haben, Wörter zu schreiben, aber in der dritten Klasse gefordert wird, Aufsätze zu schreiben? Formuliert man für diese Kinder differenzierte Lernziele?
Bisher ging es um ein Kind Ende 1. Klasse, nun geht es um die 3. Klasse. Dazwischen liegt ein ganzes Jahr, das für Förderung und Abklärung genutzt werden sollte. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder Ende 1 im Lesen noch nicht so weit sind. Es ist aber etwas anderes, wenn sie auch nach der Förderung nur geringe Fortschritte zeigen oder Schwierigkeiten in anderen Bereichen, in Klasse 2 sichtbar beim Abschreiben oder beim Aufbau des ZR 100 oder beim Einmaleins (oder, oder, oder).
für Niedersachsen:
Bis zum 3. Schuljahr sollte man deshalb klären (und mit Elterngesprächen begleiten), was der Knackpunkt ist und was es nach sich zieht.
a) das Kind hat gravierende Auffälligkeiten in mehreren Bereichen, dann muss man über ein Gutachten (ab Februar möglich) nachdenken. Das Gutachten braucht viel Vorbereitung schon vor Februar, sonst wird es abgeschmettert. Ist das Gutachten durch, wird das Kind zieldifferent unterrichtet, bleibt in der Klasse und rückt in den 3. Jahrgang auf.
b) das Kind schwankt zwischen Fortschritten und Rückschritten, es sieht immer kritisch aus oder ein Freiwilliges Zurücktreten in Klasse 1 wurde von den Eltern nicht beantragt (trotz Empfehlung): Im Zeugnis gibt es eine Versetzungsbemerkung, es gibt entsprechende Elterngespräche und am Ende der 2. Klasse kann das Kind sitzen bleiben und die 2. Klasse wiederholen.
c) das Kind hat im Lesen und Schreiben Schwierigkeiten. Dazu gibt es in NDS einen Erlass. Es besteht die Möglichkeit, einen Nachteilsausgleich einzusetzen. Dieser ist an Bedingungen geknüpft. Er gilt dann für alle Fächer, also auch für Textaufgaben oder Musikarbeiten. Der Nachteilsausgleich ist in NDS nicht an eine externe Testung gebunden.
d) die Förderung hat geholfen und die Probleme sind nach einem Jahr geschmolzen.
Immer ist es deine Aufgabe, alles in die Wege zu leiten, alles zu dokumentieren (ILE und Förderplan, ggf. Arbeitsproben, ggf. Testungen), notiere, dass du den Eltern Arztbesuche angeraten hast (Augenarzt, Pädaudiolige- erläutern und Adressen bereithalten). Erläutere den Eltern die Dringlichkeit und was die nächsten Schritte sein werden.
Zu den Testungen: Du kannst in der Schule selbst etwas machen, z.B. Stolperwörter-Test (kostenfrei, kann man in wenigen Minuten mit allen machen und ist ein gutes Screening) oder PLT - kann die Schule anschaffen oder die Lese-Teile aus dem alten Lisum-Test.
Die Eltern können das Kind bei einem Psychologen testen lassen.
Du kannst die Schulpsychologin einbeziehen - zumindest versuchen, die stellt fest, kann aber keine Ergo/Logo verordnen, dann müssen die Eltern das über den Kinderarzt oder erneut über einen niedergelassenen Psychologen versuchen.
Du kannst die Eltern bitten, das Kind in einem SPZ vorzustellen, die Wartezeiten sind meist mehr als ein halbes Jahr, deshalb muss man das dann Ende 1 oder Anfang 2 anraten, wenn man im Ablauf des 2. Schuljahres Ergebnisse benötigt.