Da ich diese Woche stimmlich ziemlich angeschlagen war, habe ich am Do tatsächlich aus der Not heraus - Stimme war zwischendrin immer wieder mal minutenlang nur noch auf Flüsterbasis vorhanden- eine Stunde zu 80% nonverbal gehalten. Gute Vorbereitung mit entsprechender Vorentlastung, ein paar fitte Schüler als 1.Ansprechpartner bei Fragen, ehe ich etwas sagen muss, klare Hinweise, wo im Buch oder auf dem Arbeitsmaterial Lösungshinweise zu finden sind- hat, da es eine entsprechend rücksichtsvolle Klasse war, sehr gut geklappt. So brav und ruhig sind die sonst nicht. (Dafür haben sie dann demnächst mal wieder einen "Pubertätskoller" gut in einer Stunde. )
Es ist natürlich völliger Unfug einem Lehrer eine dienstliche Anweisung zu geben künftig gefälligst nur noch nonverbal zu ermahnen. Das ist nicht nur schulrechtlich fragwürdig, sondern geht natürlich auch völlig an schulischer und unterrichtlicher Realität vorbei: In manchen Lerngruppen, an manchen Tagen und wenn es auch zur eigenen Lehrerpersönlichkeit passt ist das angemessen, aber eben nicht generell und als einzig seelig machendes pädagogisches Konzept. Einem Ref bei der Entwicklung eines pädagogischen Repertoires behilflich zu sein, indem man diesen dazu anhält auch bislang eher unübliche Wege der Klassenführung auszuprobieren ist dagegen ein wichtiger Teil der Ausbildung. Gute Mentoren und LBs unterstützen ihre Anwärter bei diesem Prozess, indem sie nachhaltige Denkanstöße in Form von "machen Sie in der nächsten Stunde mal xyz" geben. Manchmal braucht es das, um die eigene "Komfortzone" zu verlassen, auch wenn es sich verständlicherweise in manchen Momenten wie eine gehörige Zumutung anfühlen kann, nochmal etwas anderes auszuprobieren, wenn man gerade den Eindruck hat, es laufe endlich gut in den eigenen Klassen. Mich haben derartige Anstöße -auch wenn sie manchmal ekelig anstrengend waren- bislang immer voran gebracht.
(P.S. Im Hundetraining haben wir einmal Videoanalysen von Trainingssequenzen gemacht. Dazu mussten wir zunächst eine gut sitzende Sequenz mit dem eigenen Hund komplett nonverbal und ausschließlich mithilfe von Gesten durchführen. In der 2.Runde galt es möglichst sämtliche (bewussten) Formen der Körpersprache abzustellen und den Hund rein verbal zu steuern. Am Ende wurden beide Sequenzen analysiert. Zur Überraschung vieler TN, die ihre Hunde bislang zumindest bewusst rein verbal geführt hatten und die keinerlei bewusste Gesten verwendeten, funktionierte bei fast allen die Sequenz besser in der rein nonverbalen Variante, als in der verbalen Variante. (Mein kleiner Arbeitshund war der Streber, der die Regel sprengte, da ich viele nonverbale Gesten im Training verwende, ich aber auch meinen Hund "zulabere" im Training, die "verbale Toleranz" also sehr hoch ist, ohne, dass das Training davon beinträchtigt wäre.) )