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CDL: Letzens im Reflexionskreis erzählte ich den Schülern auch, dass ich bei Häufung wohl mal mit den Eltern in Kontakt treten müsse. Und dass evtl. die Störenfriede ein paar mehr Hausaufgaben bekommen, sodass sie sich in Zukunft stärker zusammenreißen. (...)
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@Krabappel: Es liegt vor allem daran, dass kein Mensch einen auf diese Situationen vorbereitet und es einfach heißt "Mach mal. Du MUSST das jetzt können." Woher um Himmels Willen? Dass das Studium nicht sonderlich auf die Praxis vorbereitet, war klar, aber es ist schade, dass das Referendariat in meinen Augen seinen Zweck als Ausbildung verfehlt.
Zumindest so wie du das hier schreibst Lehramtsstudent klingt das nach sehr unbestimmten Ansagen ("Ich muss dann wohl mal mit euren Eltern Kontakt aufnehmen." / "Eventuell müssen die Störenfriede ein paar mehr Hausaufgaben bekommen, damit sie sich in Zukunft zusammenreißen."). Falls du das deinen Klassen gegenüber ähnlich formulierst, achte darauf klare Ansagen zu machen, z.B.: Wer dauerhaft stört muss in die Parallelklasse den Vormittag über. Die Eltern werden mittags direkt darüber informiert (Email?). / Wer den Unterricht wiederholt stört muss die an der Tafel notierten Zusatzaufgaben bis Montag machen.
"Wohl", "eventuell" - das klingt nach Verhandlungsspielraum und danach, dass du selbst nicht hinter deinen Maßnahmen stehst. Ich verstehe, dass du aktuell ein fremdes System umsetzt, das nicht unbedingt deinen Überzeugungen entspricht. Sieh es als Lernschritt im Ref an, dich einfach mal mit einem anderen System auseinanderzusetzen und dieses auszuprobieren. Ich nehme an gerade in der GS kann es einem immer wieder passieren, dass man die Klassenführungsregeln von Kollegen anwenden muss, wenn man als KV in einer fremden Klasse kurzzeitig eingesetzt wird. Vielleicht irre ich mich da, aber ich nehme an, bei den Kleinen ist es nicht immer möglich neben der Bezugsperson auch das komplette Klassenführungssystem zu verändern, zumindest, wenn es nur um einen sehr überschaubaren Zeitraum geht.
Zum Ausbildungswert des Refs:
Grundlegend gibt es in den meisten BL und Schularten ja 1-x Schulpraktika, um zumindest eine Vorstellung zu erlangen von der Herausforderung die gelernte Theorie und das gesammelte theoretische Wissen in der Praxis in guten Unterricht zu verwandeln und diesen auch entsprechend zu halten. Dennoch ist das Ref sicherlich für alle Anwärter eine gänzlich neue Erfahrung, ganz gleich wie viele Erfahrungen man ggf.bereits in der Lehre gesammelt hat. In meinem Kurs sind inzwischen fast 30% der urprünglichen Anwärter nicht mehr dabei. Rund 20% waren Verlängerer die nicht in den eigenständigen Unterricht entlassen werden konnten. In Einzelfällen tragisch, weil einfach nur die Lernzeit im Ref zu kurz war und die Leute mit einem Jahr mehr Ref bestehende Lücken (v.a.bei der Unterrichtsplanung) sicherlich hätten schließen können, mehrheitlich Leute bei denen schon das Bestehen der Schulpraktika knapp war und die auch ihr 1.Staatsexamen mit 3,x bestanden hatten, wo es also auch fachlich dünner war. Man könnte jetzt einfach behaupten, dass bei diesen Leuten das Ref sein Ausbildungsziel verfehlt hat oder aber -so tragisch das für manche ehemalige Anwärter persönlich auch ist- anerkennen, dass der Schuldienst kein Beruf ist der jedem und jeder liegt, dass manchen frühzeitig die kritische Selbsterkenntnis fehlte entweder einen anderen Beruf zu ergreifen oder aber sehr konsequent an sich selbst zu arbeiten, um den Anforderungen dieses Berufs gerecht werden zu können. 12-24 Monate (je nach BL und Ausbildungsmodus im Ref) sind eine verdammt überschaubare Zeitspanne um sich einem hochkomplexen Beruf zumindest insoweit annähern und diesem gerecht werden zu können wie man das am Ende des Refs legitimerweise erwarten darf ("fertige" Lehrer erwartet zu diesem Zeitpunkt niemand).
Die Qualität des Refs hängt natürlich von Menschen ab, allerdings von vielen Menschen, so dass man auch viele Möglichkeiten hat sich den benötigten Input zu holen: Wo Mentoren das nicht ausreichend leisten (weil sie vielleicht Schwerpunkte haben und man in anderen Bereichen noch etwas benötigt oder in Einzelfällen man tatsächlich mal Pech mit einzelnen Mentoren hat) hat man mit Seminar, Mitanwärtern, Kollegen an der Schule genügend Möglichkeiten sich ergänzenden Input zu suchen und steht als erwachsener Mensch mit erfolgreich abgeschlossenem Fachstudium auch in der Verpflichtung das selbständig zu machen. Wir sind schließlich keine 16jährigen Azubis mehr..
Nun ja.Es ist nicht nett, einen Referendar in so eine Klasse zu stecken. Wenn ich das richtig verstanden habe, ja nicht nur mit einem Fach, sondern sogar mit zwei Fächern. Das klingt für mich sogar einen Hauch nach "Da sind Stunden offen - ach, wir bekommen doch einen Referendar, der soll mal zeigen, was er kann."
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Stimmt, nett ist es unter Umständen nicht, ggf.hat man aber keine Wahl, gerade bei einem Fach wie Englisch mit sehr begrenzter Stundenzahl an der GS.
Ich bin ehrlich gesagt zwiegespalten was den Einsatz in "anfängerunfreundlichen" Klassen während des Refs anbelangt (habe auch schon mit einem Kollegen an meiner Schule darüber diskutiert, der der Auffassung war, dass man Refs in bestimmte Klassen keinesfalls stecken dürfe, weshalb er als Mentor seinen Ref vor dem Einsatz in solch einer Klasse im eigenständigen Unterricht bewahrt hatte.): Einerseits sind solche Klassen natürlich eine Herausforderung, die einen konstant an die Grenzen bringt (wo man im Ref sowieso schon oft genug an seinen Grenzen ist, die es zu erweitern gilt), andererseits lernt man gerade aus solchen Erfahrungen unglaublich viel für die weitere Klassenführung. Nach dem Ref kräht schließlich kein Hahn mehr danach, ob man das kann oder nicht, dann muss man es leisten. Im Ref hat man im Idealfall die Unterstützung der Mentoren und oft auch die Unterstützung weiterer Kollegen in der Klasse. Wenn alle wissen wie problematisch die Klasse ist- wie Lehramtsstudent schreibt- kann das ja auch eine Entlastung sein, denn das Grundproblem liegt nicht an ihm als Ref auch wenn er seine Klassenführung verbessern kann (und wird). Schwierig ist hier dann die geschilderte Erwartungshaltung der SL.
Zum ersten Absatz: Das ist mir klar. Ich erhoffe mir halt immer, dass durch die Reflexion ein Bewusstsein "besseres Verhalten = bessere Lernatmospähre = ich profitiere davon" entsteht, bin aber durchaus "praxisschockiert", dass Kinder das nicht so mal eben umsetzen, nur weil es für uns Erwachsene logisch ist. (...)
Was für uns Erwachsene logisch ist oder wir zumindest als gesellschaftliche Logik zu akzeptieren gelernt haben muss eben in Kinderohren und Kinderherzen überhaupt nicht logisch sein. Viele unserer erwachsenen Logiken berücksichtigen die Bedürfnisse und Entwicklungsschritte von Kindern ja nur sehr unzureichend, wenn überhaupt. Ich glaube jeder Referendar muss sich während des Refs schrittweise seiner Zielgruppe annähern um zu lernen, wo Kinder des jeweiligen Alters tatsächlich stehen, was man in der Realität voraussetzen kann. Das ist einfach etwas völlig anderes als in der Uni in einem Seminar darüber zu diskutieren. Je mehr Unterrichtserfahrung du sammelst, desto leicher wird dir dieser Zugang fallen. Erfahrene Mentoren wissen, dass das etwas Zeit braucht und gebe im Idealfall in Reflexionsphasen Hinweise, wie man die Voraussetzungen der Zielgruppe bei Unterrichtsplanung oder Klassenführung besser hätte berücksichtigen können bzw.könnte.