Nö passt schon würde ich sagen im selben Thread. Erstmal gibt es natürlich nicht nur den einen Weg, wie man Fremdsprachen lernen kann. Menschen sind verschieden, menschliche Gehirne ebenfalls und wir haben verschiedene Stärken und Schwächen. Der klassische Grammtik-Übersetzungs-Unterricht hat klare Stärken bei der Vermittlung von Grammatik und Syntax, hilft aber natürlich auch dabei Wortschatz äußerst zielgerichtet einsetzen zu lernen. In vieler Hinsicht ist das für mich bis heute die Königsklasse der eigenen Spracharbeit, weil es ein außerordentlich hohes Maß an analytischer Arbeit, Sprachgefühl und Wissen erfordert, will man einem Text tatsächlich gerecht werden. An der Uni hat sich nicht ganz grundlos in Romanistik in der Übersetzung Mittelstufe die Spreu vom Weizen getrennt mit 30-40% der Studentinnen* die zuverlässig den Studiengang wechseln mussten.
Wirklich Sprechen gelernt habe ich darüber aber nicht, steht bei der Methode auch nicht im Vordergrund. Da ich zumindest in Französisch genau so auch meist während meiner Schulzeit unterrichtet worden bin, hatte ich zwar ein gutes Fundament (Grammatik-Grammatik-Grammatik), Sprachfreude habe ich aber erst entwickelt, als ich in Frankreich war und gemerkt habe, dass es im Land selbst nicht auf den einen grammtikalisch perfekten Satz ankommt, sondern zuallererst darum geht die Zähne auseinander zu bekommen. Das konnte ich wirklich gut und habe meine Liebe zur Sprache (und zum Land) entdeckt. Sprache kommt nunmal zuerst von Sprechen nicht von anaysieren, verkopfen, perfekt lösen wollen- was akkurate Übersetzungen einem in vieler Hinsicht abverlangen. Wichtig wird das als Vorbereitung auf ein Abitur und ein mögliches Fachstudium, weil es für angehende Romanisten/Anglisten/etc.eben nicht einfach nur isoliert ums Sprechen geht, sondern um eine deutlich tiefgreifenderes, analytischeres Sprach- und Kulturverständnis.
An Grundschule, Hauptschule, Realschule geht es zuallererst darum SuS ein gewisses Maß an Sprachfreude zu vermitteln, sie zum Sprechen zu animieren. Die Mehrheit unserer SuS wird nämlich kein Abitur machen und auch ganz bestimmt nicht Anglistik oder Romanistik studieren. Sie werden aber mal im Urlaub (oder bei uns hier im Grenzraum auch im Alltag) nach Frankreich, England, Australien etc. kommen und sollten ganz einfach nur imstande sein sich sprachlich ausreichend verständlich zu machen bei Bedarf. Am Ende der Realschule (BW) haben die SuS in der 1.Fremdsprache B1 als Zielniveau, in der 2.Fremdsprache A2+. Das ist nun wirklich nicht viel und (A2+) in vielen Bereichen dann eben nur besserer Pidgin.
Der stark kommunikative Ansatz modernen Fremdsprachenunterichts ist gerade für uns Sek.I-Lehrer also in ganz vieler Hinsicht begrüßenswert: Statt akkurater Übersetzungen wird mit Mediationen gearbeitet, die realitätsnäher sind im Alltagsgespräch. Gerade im Unterricht wird auf einen maximalen fremdsprachigen Anteil geachtet, der es SuS abverlangt sich einzuhören und dabei ganz nebenbei zu lernen, dass sie eben gerade nicht jedes Wort wörtlich übersetzen können müssen, um dennoch im Kontext ein Gespräch nachvollziehen und daran aktiv teilnehmen zu können. Das hilft Sprechhemmungen abzubauen (auch wenn der Weg in manchen Klassen natürlich länger ist, als in anderen).
Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass Grammatikarbeit oder saubere Wortschatzarbeit unwichtiger geworden wären. Sie werden nur anders eingebettet.
Und nach aller Theorie zum Fremdsprachenunterricht, dem, was ungeachtet persönlicher Überzeugungen schlichtweg auch der gültige Bildungsplan und die aktuellen Abschlussprüfungen verlangen gibt es dann eben auch immer noch die eingangs erwähnten verschiedenen Lerner: Manche lernen ganz besonders gut über einen stark kommunikativ angelegten Sprachunterricht, andere brauchen ungeachtet aller Empirie, wie Mehrheiten besonders effektiv lernen könnten einen besonders analytischen Zugang, sehr klare Regeln die sie anwenden können, weil Sprachgefühl nichts ist, was ihnen leicht zu entwickeln fallen würde. Nicht wenige derartige Lerner sind am Ende dennoch erfolgreich im Sprachstudium (zumindest in Romanistik an der Uni, wo die Mehrheit der Seminare auf Deutsch abgehalten wurde. In Französisch an der PH gab es mehrheitlich muttersprachliche Dozenten und französischsprachige Seminare. Übersetzungskurse musste dort niemand bestehen.- denn einen fiel die saubere Grammatikarbeit erfahrungsgemäß leichter, die anderen konnten spontaner und freier sprechen im Regelfall) , auch wenn mein Eindruck oft war, dass bestimmte Bereiche der Idiomatik, die vor allem mit dem Herzen nachempfunden, gefühlt und eingesetzt werden müssen statt nach kognitiver Analyse an der passenden Stelle eingesetzt zu werden diesen Lernern verschlossener blieb als anderen. Das ist aber erstmal nur eine völlig indivuelle Beobachtung ohne empirische Relevanz.
(*nein, kein generisches Femininum, nur die Realität angesichts von 99% Frauen, die Romanistik studieren. Nicht grundlos waren Partys immer gemeinsam mit den Physikern...)
EDIT: Ooooops, schon wieder ein Beitrag der Marke "extralang und ausführlich"