Der Hausarzt klingt wirklich nicht hilfreich und scheint entweder wenig Ahnung zu haben von Lipödemen oder sich maximal ungünstig ausgedrückt zu haben.
Natürlich ist Adipositas nicht hilfreich bei Lipödemen. Diese verstärkt den Druck auf die Nervenbahnen und kann damit die Schmerzbelastung deutlich verschärfen (Gewichtsabnahme bei begleitender Adipositas ist deshalb eine zentrale Empfehlung des Fachverbandes der Phlebologen). Darüber hinaus geht man davon aus (das ist also noch nicht ausreichend erforscht und gesichert), dass bestimmte Ernährungsweisen, die eine Adipositas weiter „füttern“, auch bei der Veranlagung zur Lipödembildung sehr ungünstig sind und Lipödemschübe auslösen können.
Das Gewicht alleine macht die Entwicklung von Lipödemen aber nicht „natürlich“. Wer die Veranlagung zu Lipödemen nicht hat- wie die meisten Männer beispielsweise-, der wird auch mit Adipositas keine Lipödeme entwickeln. Adipöse Männer sind ein sehr gutes Beispiel dafür, dass es diese Art Wirkungszusammenhang nicht gibt, die Erklärung des Arztes also zu stark verkürzt und dadurch falsch ist.
Das ist leider häufig so, dass man A) als Mensch mit Übergewicht und Lipödem abgestempelt wird von Ärzten, statt ernstgenommen zu werden (ich habe inzwischen bereits zwei Ärzte, die mich, seit ich abgenommen habe deutlich respektvoller, freundlicher, wertschätzender behandeln als davor und Symptome ernster nehmen
), B) auf Ärzte trifft, die keine oder zu wenig Ahnung von Lipödemen haben, nur um C) dann unter Umständen auch noch einfach deshalb nicht ernst genommen zu werden, weil man eine Frau ist. Dass gerade wir Frauen eine gute Ahnung von Schmerzen haben, diesbezüglich auch - Periode sei Dank- oftmals eine deutlich höhere Schmerztoleranz ausgebildet haben als Männer, vergessen viele Ärztinnen und Ärzte dabei gerne.
Soweit zur Kritik am Hausarzt, jetzt die Aspekte, in denen er vernünftig geantwortet hat, auch wenn es sich für dich anders anfühlt:
Länger als vier Wochen am Stück kann dich der Hausarzt nicht krankschreiben. Wenn diese Zeit aber nicht ausreichend ist, was gerade bei psychischen Problemen sehr häufig der Fall ist, dann wird im Anschluss einfach wieder um vier Wochen krankgeschrieben und das so lange weiter, bis es dir wieder gut genug geht für eine Wiedereingliederung. Dass dein Hausarzt angibt, er sehe nur überlastete Lehrkräfte aktuell kann auch einfach bedeuten, dass er als Arzt sieht, wie überlastet zahlreiche Lehrkräfte durch den Beruf sind und dass Burnout- Symptomatik sehr häufig sei. Das hilft deiner Krankschreibung eher würde ich annehmen.
Manchmal reagieren Hausärztinnen und Hausärzte sehr einseitig auf Belastungen. Meine Hausärztin hat mir so im letzten Jahr, als ich mit ihr über meine weitere Gewichtsabnahme sprechen wollte erklärt, dass eine Abnahme gerade kein Thema sei bei mir (trotz damals noch BMI über 40), da ich mich erst auf meine psychischen Probleme konzentrieren müsse. Die sind allerdings größtenteils nicht komplett heilbar, also hätte ich nach der Logik nie abnehmen können… Ich habe dann mit meiner Therapeutin (ebenfalls Dr.med.) alles Nötige besprochen für die weitere Gewichtsabnahme, habe rund 25 kg abgenommen inzwischen, weniger Schmerzen vom Lipödem, weniger psychische Probleme (dabei haben Ernährungsumstellung und der Sport als gezieltes psychisches Therapeutikum nämlich ebenfalls geholfen) und einen BMI, der inzwischen bereits mit der 35 liebäugelt (und weiter sinkt).
Was ich damit sagen möchte: Nutz den Hausarzt für das, was er vernünftig anbietet und mach den Rest mit anderen Fachärzten ab. Wenn es dann um den GdB geht, dann sind sowieso alle deine behandelnden Ärztinnen und Ärzte relevant und der Hausarzt nur eine Stimme von mehreren.
Wenn der Hausarzt so einseitig auf dein Gewicht schaut, dann könntest du ihn einfach um eine Überweisung an ein Adipositaszentrum bitten. Dort wird mitnichten einfach nur fröhlich losgeschnibbelt, sondern es wird immer erst einmal an den Stellschrauben Ernährung, Bewegung, Verhalten gearbeitet. Letzteres dann nach dem, was ich gelesen und gehört habe auch therapeutisch. Entweder du bekommst also dann darüber eine Überweisung zum Therapeuten oder- wenn du privat versichert oder nicht im Hausarztprogramm bist- du suchst dir einfach direkt selbst jemanden.