Bist du dagegen, dass bestimmte Worte komplett aus dem Sprachgebrauch verschwinden, auch wenn man sie satirisch, selbst-ironisch oder kritisch-analytisch verwendet, denn lehnst du den Sprache-beeinflusst-das-Denken-Ansatz ab - genauso wie ich.
Bist du dafür, dann hältst du den Ansatz für gut.
Du sprichst hier offenbar über die Sapir-Whorf-Hypothese, dass das Sprechen unser Denken determiniert. Da das eine linguistische These ist, geht es nicht um „gut finden“, sondern um „zutreffend oder nicht“.
Diese Hypothese ist nämlich bei weitem nicht unumstritten, wie man sogar bei Wikipedia nachlesen kann (anderes würde hier zu weit führen):
„Der Linguist Guy Deutscher urteilt über die Annahme, dass die Sprache, die wir zufällig sprechen, ein Gefängnis ist, welches unsere Vorstellungskraft beschränkt. […] Es ist kaum begreiflich, wie eine dermaßen groteske Ansicht derart weite Verbreitung finden konnte, da einem doch so viele Gegenbeweise in die Augen stechen, wo immer man hinblickt. Fällt ungebildeten Englischsprechern, die nie von dem deutschen Lehnwort „Schadenfreude“ gehört haben, die Vorstellung schwer, dass sich jemand am Unglück eines anderen Menschen weidet?“
Du siehst, aus dem Verbot eines Wortes resultiert nicht nach jeder Auffassung ein Denkverbot.
Zutreffend und ziemlich unumstritten ist m. E., dass man bestimmte Worte in bestimmten Kontexten „nicht sagt“. Da sind sprachliche Konventionen, die sich natürlich im Laufe der Jahre verändern in Abhängigkeit von dem, was gesellschaftlich anerkannt ist.
So betitele ich z. B. meine SuS niemals als „Arschloch“, obwohl ich das bisweilen sehr wohl denke. Tatsächlich finde ich es richtig, auch den Jugendlichen bestimmte Wörter in der Schule bzw. im Unterricht zu untersagen, auch wenn ich weiß, dass sie diese Begriffe ansonsten verwenden und immer behaupten würden, dass sie ja nicht als Beleidigung gemeint seien.
Derlei Wörter lassen sich aber nur schwer katalogisieren, da es sehr fließende Grenzen gibt. Ob z. B. das Wort „Scheiße“ als spontaner Ausdruck o. k. ist, wird heute sicher anders gesehen als noch vor 50 Jahren.
Insofern halte ich es für legitim, die Verwendung mancher Wörter/Redewendungen zu kritisieren, da sie (zur Zeit) bestimmte Konnotationen haben, die bestimmten moralischen Vorstellungen zuwiderlaufen.