Vielleicht habe ich auch nur die falschen Schulen gesehen. Ich hänge fachlichen Anspruch auch eher hoch und daher irritiert es mich bestimmt stärker, wenn der gefühlt niedrig ist. Andere mag das weniger stören. Hoffentlich meldet sich für die Ausgewogenheit noch jemand mit anderen Erfahrungswerten.
Ganz grob: Du sollst in HH wöchentlich nie mehr als 29 Stunden unterrichten, das ist offiziell gedeckelt. Ich habe es aber bei einem Bekannten mitbekommen, dass er am Gymnasium 32 Stunden unterrichtet, weil‘s ,,halt nicht anders ging‘‘. Beides sind aber bereits Zahlen, bei denen einem schwindelig werden sollte. Die Unterrichtsstunden sind faktorisiert, sodass du für Sek1 Unterricht einen geringeren Faktor bekommst als in der Oberstufe. Scheint erst mal gerecht zu sein, allerdings sind die Fakoren im Allgemeinen zu knapp angesetzt. Ebenfalls faktorisiert sind außerunterrichtliche Tätigkeiten wie Mentor für Referendare oder Arbeitsgruppen. Eine Strategie, um Unterrichtsverplichtung zu reduzieren, besteht also in der Teilnahme an möglichst vielen Arbeitsgruppen. Diese waren an meiner alten Schule in HH erbärmlich gering faktorisiert und haben viel mehr Arbeit bereitet.
Und nun der Knackpunkt: An einer STS gibt es viel mehr pädagogische Arbeit, d.h. Mehr Arbeitsgruppen zu pädagogischen Schwerpunkten der Schule und mehr multiprofessionelles Personal (Schulsozialarbeiter, Schulbegleiter), mit denen du zusammenarbeitest. Erst mal kein Problem, aber da gibt es zwei Probleme: 1) diese Tätigkeiten haben einen viel zu geringen Faktor, sprich du arbeitest zu viel und 2) an der STS ist die Gefahr hoch, dass du neben dem Unterricht viel in solchen Gruppen sitzt. Beides zusammen ist eine in diesem Beruf mehr als toxische Mischung. So kommen einem dann Aussagen wie ,,Ich würde gerne mal wieder Stunden richtig planen.‘‘ wie von der einen Förderkoordinatorin auch nicht mehr seltsam vor.
Durch diese hohe Anzahl an Arbeitsgruppen kreisen Schulen in Hamburg gefühlt auch immer um sich selbst, weil fast jede dieser Gruppen auf Konferenzen einen Piep von sich geben muss. Mich überkam in diesen Konferenzen eine Aggressionswelle nach der anderen.
Ebenfalls schockiert hat mich folgendes: Ich nahm einmal an einer Fortbildung zu Gewaltprävention teil. Wir waren ca. 20 Lehrkräfte, davon zwei vom Gymnasium (davon einer ich). 80% Stadtteilschule, der Rest dann Berufsschule. Es war unglaublich, was die erzählt haben. Meine damalige stellvertr. Schulleitung in Hamburg am Gymnasium hatte mal eine Zeit lang an einer STS gearbeitet. Sehr toughe autoritäre Person, wurde aber auch bepöbelt und wurde von einem Schüler auch ins Gesicht geschlagen. Und solche ähnlichen Bedrohungssituationen wurden auf der Fortbildung auch geschildert. Also ich kann Lehrkräften, die sich sowas jeden Tag antun, nur meine Hochachtung aussprechen. Ich möchte STS nun nicht als dystopisches Schlägerparadies darstellen. Aber diese Fälle existieren dort in einer Ausprägung, die ich zumindest nicht akzeptabel in diesem eh schon stressigen Beruf finde.
Vertretungen sind übrigens auch ein Problem in Hamburg. Die werden auch faktorisiert und Schulleitungen können ggf. geschickt tricksen, um dich zu mehr Vertretungen zu verpflichten. Ich musste pro Woche 2-3 Stunden vertreten und meine andere KuK auch.