Beiträge von keckks

    zudem ist political correctness ein kampfbegriff der neuen rechten, die finden, dass es so fies sei, dass sie ihre frauenfeindlichen, schwulenfeindlichen, rassistischen etc. begrifflichkeiten nicht mehr äußern "dürfen", ohne darauf hingewiesen zu werden, dass sie damit reaktionäre ziele befördern.


    ich halte es nicht für sinnvoll, den reaktionären die arbeit abzunehmen und ihren lieblingskampfbegriff weiter zu verbreiten.

    bitte lass das fass zu, die diskussion kennen wir doch alle zu genüge.


    ad heiliger hund: mir wurde in der gs vom pfarrer beigebracht, im religionsunterricht, dass sünder direkt vom blitz erschlagen werden können. und dass wir das kleine "t" nicht ohne den haken am ende schreiben dürften (obwohl das die normschrift, die wir lernten, so vorgab), weil das sonst ein kreuz sei, und das dürfe man nicht einfach so irgendwie ins heft schreiben. er war dann ganz schnell nur noch in 3/4 eingesetzt, weil er in einem anfall pädagogischer hilflosigkeit und kindern über und unter tischen und bänken ein kind am ohr gezogen hat. es war das kind einer kollegin, die hat sich dann da durchgesetzt. ethik war freitagnachmittag.


    lange her.

    der plattenspieler hat kirchenrechtlich recht. das ist aber den meisten katholiken, ob ausgetreten oder noch dabei oder sogar relilehrer, sowas von egal.


    die kirche verschickt auch in manchen diozösen drohbriefe, wo das alles genau aufgelistet wird, an alle, die ausgetreten sind. in dem laden gibt es offensichtlich viele wirre geister, die ernsthaft glauben, eine kirchenrechtliche belehrung gepaart mit einer himmel-hölle-predigt bewege irgendwen zur rückkehr in den schoß der kirche. ganz bestimmt.


    aber es gibt halt auch die anderen. und wenn wir den idioten den laden alleine überlassen...

    krabappel, mit sozialisation und erziehung und all sowas kann man sicherlich die genese einer individuellen glaubenshaltung erklären, aber eher nicht die glaubenserfahrung.


    das ist wie mit mind-body-problemen, man kann einigermaßen erklären, wie die empfindung "gelb" zustande kommt, von wegen elektrische erregung von irgendwelchen nerven und fröhliche neurotransmitter zusammen mit lichtwellen und was weiß ich noch allem, aber die empfindung "gelb" selbst erklärste mal einem blinden. eben.


    und ich bin mir nicht sicher, dass diese argumentation wirklich schlüssig ist.


    daneben gibt es im übrigen ja auch noch die kulturkatholischen, so ganz ohne glaubenserfahrung. auch schön.

    wollsocken, ich habe mich nicht empört über deinen menschenwürde-begriff, in keiner weise. das hast du vielleicht reingelesen, keine ahnung. ich finden deinen menschenwürdebegriff nicht mal falsch, ist halt nicht meiner. ich möchte den nur nicht vertreten, weil für mich (!) die implikationen eines schwachen menschenwürdebegriffs - wie du ihn vertrittst - nicht akzeptabel sind. das macht nichts, sondern ist in einer modernen gesellschaft zu erwarten und der normalfall, solange sich alle an die positiven rechtsregelungen halten und diese mit dem starken menschenwürdebegriff konform gehen. wo das nicht der fall ist, sollte man m.e. politisch aktiv werden.


    ich denke, man sollte eher also dort ansetzen, wo das positive recht nicht mit dem gg-menschenwürde-begriff übereinstimmt, vgl. bears beispiel. das betrifft dich, das betrifft mich, das betrifft bear. das ist empörend. wenn wir uns empören wollen, dann doch bitte über sowas konkretes.


    und ja, "alle chinesen" ist ein problem. eine nicht haltbare pauschalisierung, vorurteil. es gibt ja dann doch eine stattliche anzahl chinesen, die andere auffassungen vertreten und dafür oft genug mit dem leben bezahlen. das ist ein "finde den fehler" schon wert. bei den pauschalangriffen auf alle katholiken ist die sensibilität nicht so ausgeprägt. warum?

    ich finde, sexueller misbrauch ist immer inakzeptabel. dabei ist mir völlig egal, ob das im positiven recht der zeit eine straftat war oder allgemeine sitte, vgl. knabenliebe im alten rom. sexueller missbrauch ist falsch.


    ähnlich halte ich es mit verstößen gegen die menschenwürde im sinne des gg. das ist falsch. das können die chinesen noch so sehr anders sehen (überhaupt, "die chinesen", finde den fehler...), das ändert nichts daran, dass diese haltung falsch ist. die dadurch legitimierten taten sprechen für sich.


    im ethikunterricht behandeln wir das in der bayerischen oberstufe ausführlich, stichwort relativismusargument und menschenwürde. es kommt dann raus, dass man das mit kant begründen kann oder eben mit religion. manche finden auch den kant nicht ganz so toll wie die utilitaristen, und sind dann auch kant als begründungsoption los. auch zu diesem schluss kommen manche sus. das macht aber nichts. wir lernen das ja nicht im abstrakten raum allein, sondern auch am exemplarischen inhalt, also z.b. china als wichtiger handelspartner deutschlands und die menschenrechte, oder unsere flüchtlingspolitik und die menschenrechte usw. da muss man/frau sich dann zumindest innerlich platzieren und anfangen, eigene haltungen zu rechtfertigen, mit argumenten, mit glaubensinhalten, mit was auch immer. ziel also erreicht.


    wir lehren das gezielte fragen und argumentieren und erziehen zu werten, wir lehren aber keine antworten, schon gar nicht auf große fragen der zeit, die kontrovers diskutiert werden, wie die nach der möglichen relativität der menschenwürde. trotzdem hast du als lehrer werthaltung vorzuleben, und das finde ich extrem wichtig und richtig. inklsuive der damit einhergehenden letztbegründungsprobleme. die dürfen sie sus ruhig sehen.

    du findest also, die menschenwürde-definition der chinesen ist mindestens ebenso gültig wie unsere? kann man machen, aber mit dieser idee legitimieren die chinesen folter, todesstrafe, diktatur...



    inwiefern ist das dann besser, als den ideen der katholischen kirche, die sicherlich in einem weiten sinne mit ebensolchen schandtaten im laufe der geschichte und gegenwart zusammenhängen, tolerant gegenüber zu stehen?

    du gehst ernsthaft davon aus, dass die menschenwürde auch eine schnappsidee sein könnte? würde ich dir selbstverständlich nie unterstellen, aber bei den meisten ist die menschenwürde sehr viel stärker verankert (gottseidank!) als eine bloße hypothese. sie glauben dran.


    eine solche theorie (hypothesenansammlungen, stark intern verknüpft, vielfältig empirisch belegt) ist für mich z.b. die evolutionstheorie. eine hypothese. wir gehen mal davon aus, dass... lassen uns notfalls aber auch eines besseren belehren.
    versteh mich nicht falsch, ich glaube (!), so kommt man sehr weit, vgl. popper und der kritische rationalismus, aber ich glaube (!) nicht, dass hypothesen bis zum bitteren ende reichen. drunter ist bei den allermeisten doch irgendwas, was sie halt glauben. vielleicht geht es auch ohne, nur mit ratio, aber das stelle ich mir wahnsinnig anstrengend vor.

    natrülich versucht die kirche, wie jede institutionen, ihre pfründe zu sichern.
    und natürlich glaubst auch du. zum beispiel an die menschenwürde. oder? und an die ratio. und die empirie. und vielleicht auch an eine materialismusvariante. oder? auch die wissenschaftliche methode hat metaphysische grundannahmen dabei, und die metaphysik, die ganz ohne glaube in der realität operiert, die möchte ich erstmal sehen.


    auch ein atheist glaubt, halt, dass es nichts außer der welt hier gibt. nicht-existenz ist eine fast genauso starke annahme wie existenz. ("a" oder "nicht a", beides sind starke annehmen, wenn ich glaube (!), dass ich damit was über die realität sage). muss man schon agnostiker werden, wenn man sich dem problem entziehen will...

    naturwissenschaft und glaube sind keine widersprüche, aber sowas von nicht. also, jenseits der weltbilder irgendwelcher fundamentalistischer simpel aus dem freikirchlichen spektrum ("keine evolutionslehre in der schule!") oder anti-religionskrieger aus den usa.


    naturwissenschaftlicher haben, ganzganzganz grob gesprochen, vor der aufklärung gar nicht geforscht (das war superbia gott gegenüber, der die welt geschaffen hat; wir sollen uns mit dem bisschen bescheiden, das wir wissen, gott weiß schon, was gut für uns ist). also, in der antike schon, aber in der christlichen welt halt bloß nicht, sündesünde.


    dann kam die aufklärung, und forschung wurde legitimiert als die erkundung der wunderbarkeit und perfektion der göttlichen schöpfung. gott hat die beste aller welten geschaffen, greift jetzt aber nicht mehr ein, und freut sich, wenn wir seine wunder in der forschung nach und nach entdecken und sie für uns nutzbar machen ("macht euch die erde untertan", at, jetzt halt neu interpretiert).


    und dann kam die moderne welt, wo man sich im prinzip die aufklärerische position weiter zu eigen macht, aber sie abstrahiert und meint, gott habe das große ganze geschaffen, inklusive urknall und evoultion, aber das habe jetzt doch eher wenig mit unseren aktuellen naturwissenschaftlichen untersuchungen zu tun. es gibt einige ordensbrüder, die in personalunion naturwissenschaftler sind, aktiv in der universitären forschung.

    eine kirche ist kein verein, in den man mal eintritt und dann wieder aus. es ist auch keine vereiniguung von ein paar leuten, die ein paar werte teilen, wie eine hilfsorga. es ist viel, viel, viel mehr, eben eine glaubenseinrichtung. da tritt man nicht leichtfertig ein und wieder aus und tralala. glaube ist per definitionem nichts rationales und nichts, was man nachvollziehen kann jenseits der erfahrung. es ist aber auch was sehr menschliches, wir glauben alle. halt nicht unbedingt an die heilige katholische kirche, gemeinschaft der heiligen und auferstehung der toten, wohl aber an irgendwas. aktuell sind z.b. menschenrechte oder noch reduzierter humanismus (menschenwürde) sehr beliebt und erfolgreich, gottseidank. wenn man menschenwürde begründen will jenseits von gottesebenbildlichkeit oder humanismus (also jenseits des glaubens, folglich rein rational), dann bleibt nur kant und die selbstzweckformel des kategorischen imperativs, dann geht es auch ohne glaube. aber das verstehen die wenigsten, ist zu abstrakt und alltagsfern. der einfachheit halber glauben sie einfach an die menschenwürde.


    dieses "viel, viel, viel" mehr, das galube ist, passt nicht zur individualisierten gesellschaft der (post?-)moderne, daher die enormen reibungsverluste. normalisieren kann man diese spannung am ehesten durch die formel der säkularisierung: "glaube ist privatsache".

    @herr rauh: natürlich darf man da spektisch sein, was die katholischen leute angeht, und vermutlich ist es auch hier wieder sehr komplex. die dorfabteilung meint vermutlich was anderes mit "katholisch" als das alt68er-befreiungstheologie-messdienereltern-klientel aus dem speckgürtel ("kirche sind wir"... :) ), und die sehen es wieder ander als das katholische bildungsbürgertum, das man jetzt gerade in st.michael in der messe bei der predigt der jesuiten-partes beobachten könnte.


    und dann ist das auch noch regional sehr verschieden, man ist in eichstätt ganz anders katholisch als in münchen, nur so als beispiel.


    insofern habe ich mir "die katholische kirche ist..." ein ziemlich großes problem.


    und jetzt muss ich weiter drüber nachdenken, ob ich nicht doch nächsten monat austreten soll. andererseits sagt ja der herr lessing, an ihren taten solle man sie erkennen, statt über wahrheiten zu streiten. wie soll das gehen, wenn wir alle davonrennen und nur die idioten unter sich zurücklassen?

    nee, wären sie nicht, aber sie würden es zumindest differenzierter sehen. da wäre lessing vermutlich durchaus für zu haben.


    es ist richtig, dass sich viele deutschsprachige mainstream christen in erster linie an den zehn geboten orientieren.


    es ist von mir aus sehr grob auch richtig, dass die zehn gebote mit wenig nächstenliebe auskommen und eher ein bisserl neoliberal klingen.


    es ist ebenso richtig, dass die zehn gebote ja v.a. im alten testament zu finden seien und daher nicht als grundlage für das doppelgebot oder sonstige moralisch vorteilhafte empfehlungen des christentums herhalten könnten.


    es ist nicht schlüssig, aus diesen tatsachen zu schließen, dass die leute, die v.a. den zehn geboten pauschal anhängen ("der maistream"), nicht von der moralisch positiven wirkung des christentums profitieren könnten. das wäre nur richtig, wenn man das literal versteht, als "ich mache nur, was im alten testament wörtlich steht." dass die aussage dieser mainstream-christen so aber bestenfalls absichtlich falsch verstanden wird, zeigt sich, wenn man hinzunimmt, dass eben literale bibellektüre abseits der fundamentalisten in den freikirchen (gruselig! das sind die, die kranke zu heilen meinen, schwule umerziehen wollen und ein "komplimentäres" geschlechterbild haben, wobei sie den genderbegriff für des teufels halten) im christentum im deutschsprachigen raum nicht mehr üblich ist, schon im mittelalter ganz sicher nicht üblich war. ergo verstehen die meisten, die für sich das christentum auf "naja, moralisch wertvolle botschaften, mit den machenschaften der amtskirche identifiziere ich mich eher nicht" aka "die zehn gebote" reduzieren, darunter nicht, "ich mache nur, was genau so im at steht", sondern sie meinen vermutlich das, was man halt so assoziiert mit christentum: zehn gebote, doppelgebot.


    kurz: dein einwand mit dem at= eher neoliberal, nächstenliebe = eher nt ist nicht wirklich schlüssig als gegenargument meiner meinung nach.


    so besser? (und ja, stellenweise mag es unfreundlich klingen, wenn man das gefühl vermittelt bekommt, pauschal in kollektivhaft genommen zu werden für die perversen taten gewissenloser kinderf****). pauschalurteile und verallgemeinerungen erscheinen mir ziemlich populistisch. "alle juden sind...", "alle muslime sind...", "die katholische kirche ist ist ein haufen...")

    ja mei, man möge bitte ein bisschen bibelkunde hinzuziehen und entsprechend historisch lesen. es dürfte einleuchten, dass eine nomaden- und stammesgesellschaft andere semantiken für moral entwickelt als eine sesshafte agrar-gesellschaft. literale bibellektüre ist gottseidank außerhalb fundamentalistischer pfingstlerkreise (die ehemalige frömmigkeitsbewegung, frührer nannten die germanisten das fälschlicherweise gerne "pietisten"; heute v.a. bei jungen leuten sehr beliebt, manche kennen vielleicht den alphakurs und so, teilweise sogar unter dem dach der evangelischen landeskirche!; große zuwachszahlen in südkorea, ganzer afrikanischer kontinent, auch in südamerika, ebenso in den usa traditionell stark) im deutschsprachigen mainstream-christentum schon lange nicht mehr in, im katholizismus schon gar nicht.


    und bei der frage, ob die kirche auch gutes geleistet habe? jetzt mal ernsthaft? sie war offenbar funktional und ist es eingeschränkt immer noch, sonst wäre sie nicht mehr da. große institutionen halten sich nicht, wenn sie völlig dysfunktional sind. das heißt aber genau nichts für die frage nach der moralischen bewertung der verdienste der kirche. da müsste man dann doch vielleicht mal die geschichte geschichte sein lassen und die ethik befragen gehen.
    und ich möchte wetten, das ergebnis ist komplex, genau wie die geschichte der kirche oder jeder anderen großen institutionen. schwarz/weiß-wahrnehmungen sind i.a. falsch, wenn es um die bewertung gesellschaftlicher (vergangener und gegenwärtiger) realitäten geht. dafür ist das alles viel zu komplex.

    ich meine die überzeugung sehr vieler menschen in ostdeutschland, sie hätten kein naziproblem, während sie selbst neben einem kerl mit hakenkreuz auf dem oberarm sitzen und finden, die "elite", wer auch immer das sein mag, belüge sie nur. und das sind die harmlosen. und doch bitte nichts über die offene fremdenfeindlichkeit allüberall sagen, auch nichts über die bestrebungen zurück zum autoritären staat bzw. der völlig fehlenden identifikation mit gg und offener gesellschaft aka demokratie, überhaupt über das fehlen irgendeiner allgemeinen (! nicht nur gegenüber dem nachbarn, den man seit der kita kennt und der die passende hautfarbe hat) menschenliebe, das ist ja schlecht fürs image.


    die kirche kann sowas ein bisschen auffangen, zumindest hier klappt das ganz gut. man mag die zugereisten auch nicht, aber ob es nun die passende hautfarbe oder jemand aus sachsen oder baden-württemberg ist, das ist egal. und nach zwei bier ist es eh egal. "passt scho", lass uns die schwarzen wählen gehen. allemal besser als die afd and friends und der schlägertrupp. und das verdanken wir, zu einem großen teil, der kirche. sicher kein paradies oder so, aber die kirche hat normativ integrierende wirkung.

Werbung