ahja. in vielen spannenden jobs sind deine chancen ohne ein jahr im englischsprachigen ausland deutlich reduziert. und vielleicht wohnt ihr auch nur in der falschen region, von wegen fachkräftemangel sei eine erfindung. hier ist der sehr, sehr real.
Beiträge von keckks
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ja, eben. wenn ich über nutzen rede, dann auch über nicht-nutzen, aber eben nicht über selbstzweck, weil die leitunterscheidung (nutzen/nicht-nutzen) deines posts das nicht vorsieht. es ging mir um diese unterscheidung, die du als prämisse nutzt, was in der ganzen kompetenzdiskussion so ist, was in unserer welt allgemein so ist (weil so die logiken des kapitalismus funktionieren), was auch seit dem 19. jahrhundert schon mainstream ist.
das war aber nicht immer so in der moderne, siehe humboldt, allgemeinbildung, humanismus, menschenbild der deutschen klassik oder des humanismus allgemein, und das finde ich schade. chemie hat quasi imo auch nutzen, wenn sie gar keinen "nutzen" jenseist der persönlichkeitsbildung des einzelnen hat.
meine beispiele mit bioethik und co waren schlecht gewählt, die gehen eher in die "nutzen als mittel zum zweck"-semantik statt zu "nutzen als selbstzweck". my bad.
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du diskutierst da vor allem nutzen, zweck-mittel-zusammenhänge. ich würde eher die bildung an der schule als selbstzweck sehen, allgemeinbildung als bildung des individuums vor allem zweck, nur um der bildung willen, für den einzelnen, für die volle entfgaltung seiner persönlichkeit. vor hundert jahren wäre das noch selbstverständlich gewesen, so über bildung zu reden, vgl. humanistische bildungstradition, deutsche klassik und so. das ist leider mit dem pragmatismus des 19. jahrhunderts und v.a. dem kapitalismus und der industrialisierung und allsowas komplett hintenruntergefallen im öffentlichen diskurs. das ist fatal für das leben des einzelnen, der sich da teilweise nur noch als humane ressource konzipiert.
aus geisteswissenschaftlicher sicht ist chemie sehr sinnvoll. ganz egal, ob ich später mal irgendwelche bindungstypen unterscheiden oder redoxgleichungen lösen kann (jaja, lk chemie!), die art und weise des chemischen denkens hilft einem ganz viel. man versteht, wie eine verbindung funzt. damit kann ich verstehen, wie ganz grob dna funktioniert und was die leute da mit epigenetik irgendwie meinen. damit kann ich ein bisschen kompetenter evolutionspsychologische und bioethische debatten führen, um nur mal zwei teilgebiete zu benennen, die ich im unterricht unmittelbar brauche.
und ich kann verstehen, warum du sofort empirische zusammenhänge betrachtest. weil du chemikern bist und wie eine zu denken und zu argumentieren gelernt hast. das wäre mir ohne schulischen chemieunterricht ein sehr viel größeres rätsel.
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spaßig vielleicht nicht, aber freude, die sollte arbeit ab und an doch machen. sonst ist irgendwas total falsch. also klar, vermutlich ist einfach die entfremdung das falsche aka der spätkapitalismus, und es gibt ja angeblich kein richtiges leben im falschen, aber gefühlt, gefühlt gibt es das eben doch. gerade unter geisteswissenschaftlern recht oft. aber das ist wirklich jetzt nur meine subjektive erfahrung mit meiner subjektiven stichprobe.
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es geht überhaupt nicht um unterstellungen. es geht um die beobachtung von semantiken, rahmungen, wissensordnungen, modi des argumentierens... ich bin recht sicher, dass je nach "denkausbildung" (im studium erlernten und eingeübten, irgendwann automatisierten denkpraktiken) sogar unterschiedliche "fakten" gesehen werden. das ist irgendwo trivial, aber auch ganz hübsch und durch "interpretation" dieses threads sehr schön aufzeigbar.
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ich glaube, er (?) wollte dich nicht angreifen, er hat nur versucht, den hier offensichtlichen unterschied in der art und weise des denkens und damit auch der diskussion und der "beweisführung" (für die geisteswissenschaftler: "argumentation") von geistes- und naturwissenschaftlern zu veranschaulichen anhand deiner aussagen.
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nein, aber es sind deine erfahrungen. es gibt eben auch andere. in meinem umfeld war das wirklich für fast alle kein großes problem. das kann andere mitursachen haben - habitus durch elternhaus, glück, prosperierende wirtschaftsregion und entsprechener arbeitskräftemangel, kluge praktika von anfang an, gute interimsstudiengänge, die sofort wirtschaftskontakte herstellen usw. - es war und ist hier sehr schwer, keinen job zu finden, wenn du aufrecht stehen, halbwegs denken, reden und schreiben und pünktlich zuverlässig erscheinen kannst... will heißen, es tut mir leid, dass das dir so ergangen ist. irgendwann wird man ja auch zur persona non grata, wenn zu lange lücken im lebenslauf auftauchen, motto "wieso soll ich den nehmen, den wollten so viele andere nicht". persönlich fand ich es immer sehr wichtig, wie die leute ihre geschichte erzählen: eher kohärent als erfolgsgeschichte oder eher linear ehrlich a la "da wurde ich nicht genommen". die anderen sehen einen oft so, wie sie sich selbst sehen und nehmen vor allem leute, die so sind wie sie/mit denen sie gefühlt was gemeinsam haben. wenn das nicht die abschlüsse sind, muss man eben anderswo ansetzen.
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es ist nice, wie sich hier im prinzip das hermeneutische denken (was denkt wer worüber warum und wie beeinflusst das seine äußerungen in allen formen, auch sein handeln usw.: was denken wir, und warum ist das wichtig) und das naturwissenschaftliche denken (empirie, erklärung durch allgemeines gesetz, fertig, schau: studienpläne!) spiegeln.
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ich glaube, naturwissenschaftler brauchen das tiefere verständnis für ihre fachsemantiken auch, sie wissen nur nicht, dass sie die überhaupt selbst in der simpelsten anfängerstunde nutzen, weil ihre fächer ihnen nie vermittelt haben, auf rahmungen ("framing"), semantiken, leitunterscheidungen, wissensordnungen, horizonte oder wie man es immer nennen mag, zu schauen. sie lernen, diese rahmungen zu benutzen ("praktiken"), sie lernen nicht, sie explizit als solche in den blick zu nehmen. blinder fleck halt, führt dann zu den obigen äußerungen. ist aber irgendwie logisch, man sieht sowas ja eigentlich nur, wenn man sich länger und intensiver mit sozial- oder geisteswissenschaften befasst. schulunterricht ist im sinne der wissenschaftspropädeutik vor allem die vermitlungen solcher praktiken/rahmungen, und wenn der lehrer diese praktiken selbst nicht wirklich reflektiert hat, ist/er sie - zumindest in den geisteswissenschaften - zum kochrezept verurteilt. kennen die sprachenkollegen doch alle, den einen kollegen, der immer oberstufe macht, und immer eigentlich gute oder sehr gute sus notentechnisch abtraft, weil sie es wagen, das kochrezept sinnvoll weiterzudenken.
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man studiert doch als geisteswissenschaftler keinen "beruf"? das ist keine ausbildung, das ist bildung. insofern kann man gar nicht in einem anderen bereich als dem studierten arbeiten, insofern man außer schlüsselkompetenzen (denken im weitesten sinne: abstrahieren, themengebiete schnell erschließen und strukturieren und zielgruppenorientiert aufbereiten, inhalte rasch erfassen, verbindungen sehen, kontexte und ihre relevanz erfassen und bewerten, analysiere, transfer, alles im kontext von worten und bildern...) in diesen studiengängen eigenlich nur recht zufällige schnipsel des abendländischen kanons aka exemplarische inhalte kennenlernt, und manchmal nicht mal das, wenn man an einen kulturwissenschaftlichen lehrstuhl gerät. in meinem umfeld sind wirklich weit über 75 prozent sehr gut oder gut beruflich untergekommen (alte magisterstudiengänge geistes - und sozialwissenschaften).
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ratet mal, was ich gerade eigentlich mache, unterbrochen von ausbruchsversuchen wegen extremer (!) langeweile in richtung forum... möchte jemand spannende klausuren über straftheorien korrigieren? derselbe schmarrn 27x hintereinander, mal mehr, mal weniger falsch? alternativ auch faszinierende und teils sehr opake unfallberichte meiner 5er.
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...ich hab mal geschichte fachfremd 6 unterrichtet am gym. ich hab ähnliche fächer studiert und vorher sogar eine geschichtsdidaktik durchgearbeitet. es war eher unschön. also, sehr spannend, aber viel aufwand für wenig ertrag. die fachdidkatik fehlte mir komplett, und das kann man sich auch nicht mal eben so draufschaffen, zumindest nicht den praktischen teil. von meinem rudimentären wissen zu den gegenständen mal ganz abgesehen. ich finde es sehr schwer, die relevanz von irgendwas bei den sachinhalten einzuschätzen, wenn ich nicht weiß, was da die gängigen forschungsdiskussionen sind, was also das fach selbst für relevant hält und was nicht, wohin das mal führen soll im fall des falles.
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ad überschriften: die sind eine kunst. man kann das üben. ich nenne das schon bei den 5ern "kreative überschrift" (wortspiele, kernaussage/pointe des textes als wortspiel als königsweg), vs. manchmal aber auch "informierende überschrift". informierende überschriften sollen jemandem, der gerade keine zeit hat ("krank war"), den inhalt des textes /bildes usw. knapp und klar unmd treffend vermitteln. dann machen die sus genau, was sie sollen: sie denken über die kernaussage nach und fassen diese dann in kurzform. so sind auch in nicht-unterhaltungs-zeitungsseiten eigentlich alle überschriften formuliert ("feuerwehr rettet katze aus baum").
ich übe das immer und immer wieder, bei jedem einstieg, bei jedem text (selten texte mit titel ausgeben, den kann man selbst finden, notfalls auch als untertitel), mit linearen und nicht-linearen texten. geht auch mit "lustige überschrift", "unwichtiges detail betonende und daher irreführende überschrift" usw.
alternativ geht auch immer (alte idee hier aus dem forum) bei nicht-literarischen texten: "erkläre den inhalt deiner nervigen kleinen schwester/kleinem bruder, der die doofe nachfragen in kinderart stellt - "warum"? "hä?" "wieso ist das so?"..."). das dann als rollenspiel, recht beliebt bei größeren.
oder "unterstreiche den wichtigsten satz und begründe deine wahl".
oder "markiere die fünf/zehn/fünfzehn wichtigsten wörter". usw.
antizipierend den prozess umdrehen: die 10 wichtigsten wörter vorher rausgeben, sus erschließen sich selbst eine sinnstiftende narration zum zusammenhang, dann text bearbeiten und abgleich des textinhalts mit der eigenen antizipierten idee.
oder anticipation guide schriftlich. das fordert etwas vorbereitung, ist aber großartig wiederverwendbar und funktioniert sehr gut. und ist nicht weit verbreitet, finden sus spannend, führt eigentlich immer zu interessanten gesprächen. selbst mit minis.
für literarische texte: alle szenischen verfahren, v.a. darstellung der inneren handlung z.b. durch tagebuchtext, brief, einsprechen im vortrag, rollenbiographie usw. blabla (spinner helau) und standbild und heißer stuhl.
für den alltag gibt das zusammen mit dem reziproken lesen soviel her, dass wirklich oft erfreulich viel vorangeht, ohne dass man sich zu tode vorbereitet.
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das mit den sehr schlechten beruflichen aussichten für geisteswissenschaftler stimmt so nicht. es gibt solche fälle und es ist nicht das am besten bezahlte segment des arbeitsmarktes. es gibt aber auch sehr viele, sehr erfolgreiche geisteswissenschaftler. du musst nur wirklich gut sein und frühzeitig praktika und kontakte veranstalten. das erfordert geld, aus eigenen anderen jobs und/oder elternhaus, da die meisten praktika nicht bezahlt sind/schlecht bezahlt sind. aber dann wird das schon. für leute mit ausgeprägtem sicherheitsdenken ist der bereich aber sicher nichts.
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ich sammle mal für dich (ja, ich möchte nicht korrigieren):
- du magst die sprachen und kommst da gut an der uni zurecht. mach doch erstmal da weiter.
- setz dich im kommenden semester - auch, wenn du dann weniger credit points in deinen eigentlichen aktuellen fächern sammelst - in wenigstens drei fachfremde veranstaltungen. dabei darfst du unterwegs die veranstaltungen wechseln, aber zu keinem zeitpunkt weniger als drei fachfremde sachen besuchen. lass dich überraschen. ich bin so zur politikwissenschaft gekommen, eine ganz großartige sache. ich hätte ohne das nie mitbekommen, dass es das überhaupt gibt, sozialkunde kam an meiner schule in der oberstufe leider nicht mehr zustande. es ist völlig okay, über die regelstudienzeit zu geraten und es ist auch völlig okay, ein paarmal die fächer, v.a. nebenfächer, zu wechseln. die verschulung hat das studium nicht verbessert; versuche, dich dem so gut es geht zu entziehen. du bist in der luxeriösen situation aufgrund des fehlenden wirtschaftlichen drucks dir das leisten zu können.
- such dir einen nebenjob als aushilfe in einem brautmodenladen. und wenn es nur ist, um glückliche bräute in tollen kleidern zu betrachten, wenn dich das glücklich macht. lern da leute kennen, schau dir an, wie der markt in diesem bereich in deiner stadt/deiner region/deutschland/weltweit aufgeteilt ist, wer produziert, wer verkauft warum was wo wieviel, welche noch nicht bespielten nischen gibt es, vielleicht kannst du mal auf eine messe mitfahren...
- schau dir ein paar bwl-veranstaltungen des grundstudiums an, das kannst du mal brauchen. vielleicht kann man an deiner uni auch bwl im nebenfach machen? sonst für nach dem abschluss auch das ziel mba im auge behalten, von wegen brautmodenladen.
- mach praktika in geisteswissenschaftlichen bereichen, die dich interessieren: medien aller art (du kennst die hälfte sicher nicht mal), guck, dass du eine jorunalistische mappe zusammenbekommst mit deinen ersten publikationen, kulturbereich - museen, theater, agenturen, stiftungen, staatliche stellen, gerade auch die städte und ihre referate, pr, werbung, personalwesen, mode... was auch immer dich anlacht. kontakte schaden nie. erwarte keine bezahlung, dafür musste andere jobs vorher/nachher machen.
- genieß das studentische leben in vollen zügen. geh ins theater, ins kino, zum feiern, so oft es geht mit wem auch immer cafe trinken, verfolge spannende seitenprojekte, du bist nur einmal jung. diese freiheit kommt nie wieder und dich selber finden kannste nur selbst.
- hör weniger auf deine eltern. du wirst mit 40 eh zu einer sehr ähnlichen variante deiner eltern mutiert sein.
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mach doch einfach mal. du bist noch sehr jung und in der luxeriösen situation, notfalls auf die ressourcen deiner eltern zurückgreifen zu können. das hat nicht jeder. wenn du möchtest, studier eine geisteswissenschaft, mach viele praktika, vor allem auch einen studentischen job in den bereichen, die dich interessieren, auch, um kontakte aufzubauen. wenn du gut bist (!), kommst du da auch unter. durchschnittliche geisteswissenschaftler haben es schwerer auf dem arbeitsmarkt, aber auch das geht. nur machen musst du, das kann dir keiner abnehmen. sicherheiten gibt es keine, nur erfahrungen.
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schau dir doch mal eine mittelschule (hauptschule) von innen an. du wirst dann schon merken, ob das was für dich ist.
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ich finde law and order-denke gruselig, sorry. das ist nicht die welt, in der ich leben und die schule, an der ich arbeiten möchte. (und nein, ich persönlich gebe nie im leben mehr raus als meine dienstmail. aber menschen sind verschieden.)
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ihr seid beide erwachsen. vielleicht versuchst du nochmal, mit einer offenen und lösungsoreintierten haltung (anstatt konfrontativ) mit der kollegin zu reden. wie ist deine und ihre vorgeschichte, menschlich und so? gibt es alte konflikte, die euch im weg sind? war es eventuell einfach nur ein missverständnis? viele kollegen geben ihre kontaktdaten sehr unbefangen raus, da sind einfach die leute sehr verschieden, und nicht immer denken wir alles zuende, vor allem nicht aus der perspektive anderer, die unserer sehr entgegenläuft, wenn wir im alltag schnell eine von vielen hunderten entscheidungen im lehreralltag treffen. da kann sich wohl keiner ausnehmen.
falls das scheitert, würde ich nicht zum chef gehen, sondern zum personalrat und dann gemeinsam nach einer lösung suchen, auch für das ganze kollegium. zum chef und einen kollegen anschwärzen - da muss für mich schon deutlich mehr passieren. zudem bleibt dir dieser schritt ja immer noch, wenn es wirklich nötig sein sollte, das derart arg zu eskalieren. das klingt aber nicht so.
ps: was machst du bitte für einen spannenden sport? ich boxe mit einem ex-schüler und mache eine randsportart mit ehemaligen berufsschülern von mir, auch schon, als der eine oder andere noch bei mir im kurs saß, ich hatte da noch nie probleme. im gegenteil, für meine berufliche rolle war das immer extrem von vorteil, die hatten direkt ein paar kilometer mehr respekt und sympathie. mit noten hat das gar nichts zu tun.
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...man tut, was man kann.
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