Beiträge von keckks

    gewagte allgemeineinschätzung: wenn man wert auf menschenrechte legt, schneiden nicht-individualisierte, jedoch industrialisierte gesellschaften i.a. nicht gut ab. suizidraten, exekutionen usw. sind da dann doch deutlich, du bist dann nicht du als einzelner, sondern du bist die gemeinschaft. du musst tun, was die gruppe von dir erwartet, sonst bist du verwerflich und mies und letztlich verzichtbar. repression helau, man kann ja dann schön den ganzen staat als familie stilisieren, und schon hat man die bürgerlichen freiheiten in die tonne getan. da muss man auch gar nicht bis china heute schauen, da tut es schon das 19. jahrhundert in europa (das volk der körper, der monarch der kopf und all sowas, organische metaphern gingen gut).


    soll nicht heißen, dass alle individualisierten gesellschaften irgendwie pauschal menschenfreundlicher sind, aber die chancen auf ein menschenfreundliches miteinander ist dort größer.


    individualisierung ist nichts schlechtes, eher sowas wie das wetter. dauert ja auch schon ein paar jahrhundert an und hat sich mittlerweile dann doch globalisiert. ist immer das, was man drauß macht, siehe die ungeordneten ideen oben, von wegen bildung, medien, sozialstaat.-


    wer spaß an krassen beispielen hat: japan und südkorea sind sehr interessant, da hat sich der europäische prozess der individualisierung in wenigen jahrzehnten vollzogen oder halt auch nicht, jedenfalls sind sehr traditionelle gesellschaften plötzlich in was ganz anderes gestürzt. sehr spannend.

    jein. mir ging es mehr um die faktoren, die das von dir beschriebene erklären (nicht ursachen, es ist ja eher eine wechselwirkung zwischen verschiedenen fatoren, denke ich, keine eindeutige wirkrichtung). du nennst ja bereits einige, die sicher sehr richtig sind (siehe mein zitat aus deinem post oben), und ich habe die eben um fortschreitende individualisierung und stark zunehmenden ökonomischen druck auf den einzelnen ergänzt. das, was du hier nochmal zitierst, sind meines erachtens eher ausdrucksformen der individualisierung, also beobachtbares, was man durch diese struktur erklären kann. das sind aber nicht die punkte, wo man allein für vielleicht (!) wirksame gegenmaßnahmen ansetzen kann. dazu brauche ich immer auch (!) den blick auf die struktur, und die verändert sich in der zeit, seit ein paar jahrhunderten in richtung individualisierung, und da kam in den letzten zehn jahren eben nochmal ein recht krasser schub.

    Die dem zu Grunde liegenden Faktoren sind sicher vielfältig - angefangen über eine Erziehung zum Prinzen und Prinzesschen, verstärkt durch die Like-Kultur der sozialen Medien, die nicht nur bei Jugendlichen einen derart großen Einfluss auf Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein haben, wie man es kaum fassen kann, bis hin zu einer Veschiebung des Sag/Denk--->(damit auch Durchführ)baren durch den medialen Dauerbeschuss durch die extremen Pole der Gesellschaft, die durch Obiges, aber auch durch einen zunehmend unter Druck stehenden Jounalismus, der sich gegen Verschwörungsportale und Filterblasen durchsetzen muss, und sich zum Teil statt dessen anpasst, befeuert werden. Dann glauben plötzlich Menschen, sie könnten eigene Reiche gründen und Polizisten niederknallen, oder den Lehrer, oder den Nachbarn.


    Die interessante Frage wäre, ob's da noch einen Weg raus gibt.

    das sind sicher alles wichtige faktoren, um dieses entitlement vieler leute zu erklären. ich würde gerne eine ziemlich weit fortgeschrittene individualisierung hinzufügen (ganz ohne wertung, mehr als soziologischer fakt, quer durch alle theorierahmen), einhergehend mit einer starken konzentration auf das gefühl, einzigartig und besonders zu sein, und deshalb entsprechende behandlung nach eigendefinition und gusto zu verdienen (ganz guter aktueller überblick bei reckwitz) und ein ganz stark gestiegener ökonomischer druck auf sehr viele (das aber sehr wohl mit deutlicher politischer wertung), von hohen mieten bis stagnierendes lohnniveau und extrem rückgebauter sozialstaat, die berühmte schere zwischen arm und reich, neoliberales denken ohne alternative, präsentiert als "sachzwang" etc.. schulerfolg und damit verbundene träume von sozialer mobilität sind sehr viel verbreiteter als noch vor zehn jahren, der kampf um die noten ist da ja nur ein symptom von vielen.


    insofern, auswege, wilde assoziationen:
    empathieerziehung, dachten wir. scheint aber nicht so alleine wirksam zu sein, man kann auch als mobber sehr viel empathie haben, man nutzt sie dann halt als perfides planungstool, um besonders viel leid beim anderen zu produzieren (psychopathen sind meist auch sehr gute empathen; sie wissen genau, wie du dich fühlst, es ist ihnen nur sch**** egal, solange sie diese gefühle nicht zum eigenen vorteil ausnutzen können).


    insofern: demokratieerziehung, persönlichkeitsbildung im weitesten sinn (von allgemeinbildung über frustrationstoleranz bis zum antirassismustraining), dafür mehr geld für bildung, vor allem frühkindlichen bereich, aber auch in den schulen. friedenserziehung, erziehung zur solidarität mit allen menschen (aka menschenwürde, kategorischer imperativ). wie man es auch nennen mag.


    insofern: sozialstaat stärken, von mieten deckeln und konsequenter verfolgung von steuerverbrechen an der allgemeinheit von großkonzernen und leuten mit zuviel geld bis hin zu mehr hilfen und mehr großzügigkeit in der unterstützung jener, die der leistungsgesellschaft nicht gewachsen sind. keine religion des freien marktes, der angeblich alles von selbst zum besten für alle regelt. mehr unterstützung für alle, sich miteinander (!) frei zu entfalten.


    insofern: eine informierte medienpolitik, mit starkem öffentlich-rechtlichem rundfunk mit bildungsauftrag, der sich auch in den sozialen medien sichtbar und deutlich einbringt.

    es gibt in ganz deutschland für diverse olympische sportarten sogenannte eliteschulen des sports. man kann aber auch als normale schule unterstützen - besonders wichtig sind unkomplizierte freistellungen für überregionale wettkämpfe und trainingslager/lehrgänge der kader (landeskader, bei älteren auch bundeskader). leistungssportler sind i.a. sehr unkomplizierte sus mit sehr gutem timemanagement und viel disziplin und leistungsorientierung. das beschränkt sich dann nicht nur aufs training. ich hatte noch keinen kader, der sich nicht vorher verabschiedet hat und dann parallel mitlernte per whatsapp-unterstützung durch mitschüler und/oder später alles selbstständig nachgeholt hat.


    die anbindung an einen osp ist was anders. das heißt einfach nur, dass man deren dienstleistungen gratis in bestimmtem umfang in anspruch nehmen kann, sobald man in bestimmten kadern ist. da geht es um berufsberatung, hilfe bei der wohnungssuche, wöchtenliche physio, arztkontakte, ein ordentlicher kraftraum, trainingshallen für die stützpunkte vor ort, wo wöchentlich oder manchmal auch öfter die kadersportler gesammelt werden usw..

    ...platttypus, stell die vor, unterschiedliche Leute finden Unterschiedliches belastend. Ich finde neben Korreagieren vor allem bürokratische Verwaltungstätigkeiten sehr belastend. Insofern fände ich diese mögliche Regelung zum Kotzen. Milde ausgedrückt. Sowas macht mich platt und müde, langweilt mich aber gleichzeitig endlos im Sinne von Widerwillen pur dabei, und vor allem will ich es nicht tun, muss aber. Das trifft sonst auf keinen Teil meines Jobs zu, und das ist (korrigieren) bzw. wäre (Zeiterfassung) sehr belastend für mich sowie für manch anderen, der hirnlose Tätigkeiten, für die man aber aufmerksam und voll konzentriert sein muss, ebenfalls nicht schätzt. Du darfst das gern anders sehen, ich erlebe es eben so.

    haha, jetzt stell ich mir gerade ein klassenzimmer vor, in dem man die tische an den rand geräumt und in der mitte mit mehreren bänken einen schmalen durchlass gebaut hat, und dann tanzt die klasse das grobi-lied aktiv mitsingend durch, während das am beamer läuft. alle rennen vor zur tafel und wieder hinter und wieder vor, und durch, und unter den tischen durch und drüber und... :DD

    ...ich fände das ganz schrecklich. ich mag nicht ständig aufschreiben und erfassen und dokumentieren. es reicht schon, dass ich kilometer von beratungsgesprächen und dergleichen dokumentieren muss. das ist ein aufwand, der mich nur nervt und ganz furchtbare routine ist. einer der großen vorteile am lehrerberuf ist doch gerade, dass man sein eigener herr ist und eben nicht nach der uhr eines anderen tanzen muss, von den tatsächlichen präsenzstunden im unterricht oder bei vertretung und manchen dienstterminen mal abgesehen. diese freiheit macht für mich (und viele meiner kuk) mit die große attraktivität des berufs aus.

    ...klingt einfach nach einem sehr jungen kind für gym. ich würde ihr zeit geben, allerdings ihr auch sehr deutlich machen, dass sie an eine "langweiligere" (oder "noch langweiligere") schulform wechseln wird, wenn sie nicht lernt und mittut und auch dinge erledigt, die ihr in dem moment wenig oder keine freude bereiten - konkrete ziele gemeinsam formulieren, konsequent durchsetzen, je nachdem, wo momentan die probleme sind. ggf. aufmerksamkeits- und konzentrationstraining. etwas mehr führung schadet meiner erfahrung nach bei echten hochbegabten gar nichts, solange man auf augenhöhe altersgemäß kommuniziert. das alles in enger absprache und zusammenarbeit mit allen lehrkräften, aber nicht mit "anna ist ja hochbegabt, deshalb...", sondern "ich mache mir sorgen um anna. sie ist ja ein jahr jünger als ihre klassenkameraden und daher sozial-emotional noch nicht so weit wie die meisten. wir haben den eindruck, dass sich das auch auf ihr lern- und arbeitsverhalten auswirkt. wir hatten x und z geplant, um sie hier mehr zu unterstützen. was denken sie darüber?"


    die allerallermeisten hochbegabten sind aber eher keine underachiever, wenn ich da die studien noch richtig im kopf habe.


    bei uns ist es so, dass sich i.a. die meisten 5er um weihnachten rum eingewöhnt haben und sich dann auch notenmäßig dort einpendeln, wo sie sich eben einpendeln. fast (!) immer sind noten konstant schlechter als 3 vor der pubertät wo auch immer bei uns grund zur expliziten beratung in richtung schulformwechsel (realschule). hier scheint aber wirklich ein einzelfall vorzuliegen. aber das ist wirklich ein seltener einzelfall vs. allgegenwärtiger elternehrgeiz und völlig überforderte kinder. insofern verstehe ich das vorgehen der schule sehr und würde nicht raten, auf konfrontation zu gehen, sondern das gespräch zu suchen.

    himmel. wenn ich biodeutsche zusammen mit anderen biodeutschen über uns biodeutsche das sage, dann ist das nicht abwertend. außer, du willst das so hören. dann ist das deine bewertung unseres begriffgebrauchs, den wir aber nicht teilen. semantik is a bitch. gerüchteweise sind begriffe auch vieldeutig, selbst in der alltagssprache.

    mh? musst du doch auch nicht, kannst du doch halten, wie du magst, wie jeder (und ich) andere auch.



    ich mag den begriff, ich höre ihn oft, daher nutze ich ihn. er trifft auf selbstironische art und weise einen wichtigen sachverhalt: er fällt auf, weil er die übliche mehrheitsperspektive auf die minderheit (almans blicken auf und urteilen über nicht almans, i.a. zu deren nachteil, vgl. diskriminierung von nicht-almans z.b. bei wohnungssuche aufgrund des namens) umkehrt, es ist jetzt eben die perspektive der minderheit auf die privilegierte mehrheit, gegossen in einen begriff. das ist nice, da ist in einem begriff die gesamtproblematik enthalten und wird zugleich vorgeführt (normalisierung des blicks der mehrheit und große empfindlichkeit, sobald die eigenen privilegien, die dadurch für die mitglieder der mehrheit entstehen, sichtbar gemacht werden, eben durch die begriffsverwendung; welcome to nicht-alman-welt, die erleben das jeden tag und immer so, immer definiert durch den blick der anderen, nie eigene deutungsmacht). daher sage ich nicht "ausländisch klingende namen". das ist die perspektive der mehrheit, die oft zum teil des problems wird (nicht werden muss), weil sie die eigenen privilegien unreflektiert nutzt und ausübt (und in der folge so häufig - nicht immer - diskriminierende praktiken fundiert), oft zum schaden der minderheit(en). sprache bildet bewusstsein.

    nochmal: das wort verwenden sehr viele leute hier als eigenbezeichnung, etwas selbstironisch, versteht sich. wenn du dich davon angegriffen fühlen willst, kannst du das natürlich machen. es liegt mir sehr fern, dich zu beleidigen, fühl dich dann bitte einfach nicht angesprochen. wenn ein nicht-alman almans alman nennt, kann er das wegen mir auch gern machen, mir egal. wenn es dich stört, sprich bitte die betreffenden an.


    nochmal: es geht hier gerade um die sehr reale diskriminierung von leuten mit nicht-alman-namen bei der wohnungssuche in münchen, und eigentlich ist das auch schon offtopic.

    was ist daran beleidigend? wir nennen uns selber so. gemeint sind mit alman namen typisch deutsche namen, z.b. müller oder schmidt, vs. namen von deutschen, die nicht alman klingen, z.b. öztürk. auf deutsch ist alman auch gern die "kartoffel" oder "biodeutsch". ich kenne das unter akademikern im alltag (in real und im netz) als eigenbezeichnung. keiner meint das beleidigend. wenn du dich davon beleidigt fühlst, anja, nehme ich dich gern aus.


    es geht hier außerdem darum, dass leute ohne alman-namen diskriminiert werden, und zwar aufs übelste, da sie z.b. sehr viel schwerer eine wohnung finden als leute mit kartoffel-namen. das wünscht man echt keinem, da geht es dann um mehr als um befindlichkeiten.

    man findet eine wohnung, es ist nicht einfach, aber man findet. zumindest, wie gesagt, mit deutschem namen und ohne kinder und tiere (ja, ist mies, ist aber so) und doppeltem akademiker-einkommen. ja, teuer, aber da ist in allen attraktiven großen städten so, von hamburg über frankfurt bis new york und london. in london wohnten schon vor zehn jahren die ärzte und anwälte in wgs mit zimmern, die bei uns den studierenden zu klein gewesen wären. alles andere war nicht bezahlbar. das ist heute siche nicht besser, und von solchen zuständen ist muc gottseidank weit entfernt. am ehesten hilft vitamin b. im norden sollte es machbar sein. zum mutmachen: wir haben jedes halbe jahr neue refis und viele neue kollegen, und die haben bisher alle was gefunden. oft hilft auch zwischenmiete für die ersten monate, damit man dann irgendwo reinrutscht. wird schon.


    politisch gegen den spekulationswahnsinn vorzugehen ist sicherlich sehr sinnvoll, keine frage, aber es ist wirklich nicht so, dass man als gs-lehrer hier keine wohnung zahlen kann oder findet. es ist nur ungleich schwieriger als in augsburg, deggendorf oder hof.

    wohnungstechnisch ist es nicht so schlimm. ihr müsst halt damit rechnen, dass ihr als neue mieter bis zur hälfte eures einkommens für miete ausgeben werdet (bei einer zwei bis drei zimmer wohnung). solange ihr kein kind habt, ist es sicher leichter, was zu finden. alman namen helfen auch sehr.
    im norden ist es i.a. billiger als im süden der stadt. durch die stadt zur arbeit ist nicht so wild, als lehrer fährst du ja vor dem berufsverkehr, das geht also. mit den öffis ist es auf vielen strecken auch ganz okay, manchmal auch mit dem rad gut machbar.
    gruselig finde ich persönlich eher die ganz reichen viertel, als die brennpunkte, aber das ist nun wirklich geschmackssache. schulen sind okay ausgestattet, bisschen viele container, aber die sind nur hässlich, innen kann man gut arbeiten. problematisch ist imo v.a. der lehrermangel an den gs. da der bedarf so hoch ist, sind die stellen sehr viele, und daher sind deine chancen auf dein wunschviertel recht hoch, höher als irgendwo anders im bayerischen schuldienst, wage ich mal zu behaupten.

    vielleicht sollte man auch drüber nachdenken, dass vor allem der medienwandel und die damit schnelle mobilisierungsfähigkeit von sus dafür sorgt, dass jetzt so ein aufstand ist. abitur schwankt immer in der qualität der aufgaben von jahr zu jahr. ich denke nicht, dass das vor zehn jahren oder so sehr viel anders war. ich glaube nicht, dass wir hier wirklich über ein richtiges sachproblem reden. unsere waren jetzt, nach dem, was ich in der aufsicht am freitag so gesehen habe, nicht besonders arg gestresst. die bereits fertig korrigiert habenden berichten von 15 punkten bei sehr guten sus, aber auch von 0 punkten im stochastik-teil bei so fleißigen, mittelguten sus, die dafür im leichten analysisteil sehr gut waren. da das abi für alle gleich war, gleicht sich das dann wieder aus. jetzt momentan halten die sus ein zehntel ihrer abinote für das wichtigste in ihrem leben für immer, in einem jahr sehen sie das viel gelassener, in fünf jahren ist es ein thema für nach zehn beim bier.


    vielleicht wäre es eher angebracht, von der absurden abiturquote und dem gefühlten druck auf den sus zu reden, der vor allem daher kommt, dass in deutschland bildung immer noch und immer mehr als einziger weg neben erbschaft zu sozialer absicherung gesehen wird (und es defacto wohl auch ist). stichwort neoliberalismus, sozialstaat bzw. dessen abbau, steigende mieten, fortschreitende stratifizierung der gesellschaft...

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