Vielen Dank noch einmal für die ganzen Antworten!
Ich versuche in der Kürze der Zeit, die mir bleibt, auf alles einzugehen:
Für alle (und es waren erfreulicherweise wenige), denen ein Leben mit einem chronisch kranken Kind fremd ist: versucht einmal jede Nacht, drei Monate lang, nur zwei bis drei Stunden zu schlafen. Nicht am Stück, das ist zu einfach. Stellt euch bitte jede Nacht für diese paar Stunden alle zehn Minuten einen Wecker. Die Angst, die ihr habt, weil euer Kind nur schlecht Luft bekommt, kann man leider nicht auf diese Weise simulieren. Warum wir dann nicht ins Krankenhaus gehen? Weil wir mittlerweile das halbe Krankenhaus zu Hause haben. Weil sie uns oft dort auch nicht anders helfen können, als mit den Methoden, die wir selbst durchführen. Das ist leider so, und das mussten wir auch erst akzeptieren lernen, denn VORHER waren wir auch nur Menschen mit der naiven Vorstellung, dass einem schon irgendwie geholfen wird wenns brennt, und wenn nicht, brennt es nicht genug.
Versucht bitte dann, rund um die Uhr genau dieses Kind am Tag zu versorgen, nebenbei ein anderes Kleinkind mit Kita-Keimen aufzufangen, und selbst nicht vor Erschöpfung krank zu werden. GENAU SO kommen nämliche viele Kranktage zusammen! Von den ganzen Krankenhausaufenthalten, OPs und der damit verbundenen Organisation mal abgesehen...da gelingt es auch nicht immer ( mit eigentlich nur mir als Person) alles aufzufangen.
Ich fände es schön, wenn mein Mann die Nachmittage zu Hause und verfügbar wäre, wirklich! Ist und kann er jedoch nicht, und es liegt mir fern jetzt auch noch den Arbeitsalltag meines Mannes auszubreiten, um das zu unterstreichen.
Was auch oft ausgeblendet wird: es gibt auch auf der Seite eines chronisch kranken Kindes viel zu organisieren, nicht nur im Berufsalltag. Ich bin zwei Tage die Woche nur damit beschäftigt, Rezepte, Verordnungen und Hilfsmittel einzuholen, zu organisieren und bezahlt zu bekommen. Von wichtigen Therapien, die sich nicht unbedingt mit einem zweiten Kind verträglich zeigen, mal abgesehen. Ehe es zu Missverständnissen kommt: mein Mann ist da nicht involviert. Ich möchte nur aufzeigen wie man auch "nur in Elternzeit" ständig unter Spannung stehen kann.
Davon abgesehen ist unser Alltag extrem aufgrund der Pflege durchgetaktet, weshalb ich auch langsam zum Ende kommen muss. Wenn ich einmal (durch irgendetwas) ausfalle, muss mein Mann das auffangen. Unseren direkten Nachbarn habe ich gestern vorm Küchenfenster gesehen, auf der Bahre, Richtung Leichenwagen. Er ist an Krebs gestorben, und ich denke nicht dass seine Frau gerade Lust hat, kleine Kinder zu hüten. Die restlichen Nachbarn in der Nähe sind entweder selbst arbeiten oder ich kenne sie kaum. Ich denke mal, da kommt aus einer bestimmten Ecke gleich der Vorschlag, wir sollten dann eben umziehen
Wir versuchen uns schon seit einiger Zeit anderweitig zu organisieren, aber ich kann die Pflege meiner Tochter, wenn ich ausfalle, nicht jemand x-beliebigen aufdrücken. Wenn mein Sohn hingegen krank wird (und somit nicht die Kita besuchen kann), betreut ihn auch keiner außer mir.
Die Pflege zu tauschen, also dass mein Mann pflegt und ich arbeite, ist leichter gesagt als getan. Es hat Monate gedauert, ehe ich ich als Pflegeperson in allem eingetragen und eingearbeitet war. Würden wir tauschen, hätten wir einen sehr "schönen" Papierkrieg vor uns. Hinzu kommt die nette Krankenhausregelung, dass in erster Linie immer überall die Mutter eingetragen wird. Wir haben einmal versucht das zu ändern, und es ist möglich, ja, aber das machen wir bestimmt nicht jedes Mal! Spontan dann wieder zurücktauschen geht ebenfalls nicht, da hier wieder mein Arbeitgeber nicht mitmachen würde. Ich habe eigentlich eine verantwortungsvolle Position inne, die während meiner Abwesenheit mit Mühe und Not von Kollegen aufgefangen wird. Ein Ersatz konnte in den drei Jahren nur für kurzen Zeitraum gefunden werden. Der Tausch wäre also unter großen Umständen möglich, aber unflexibel. Und ändert nichts daran, dass der Pflegende irgendwann einfach auch körperlich fertig ist oder Unterstützung braucht. Eine Haushaltshilfe hilft im Haushalt, ja..schön. Wenn man eine bekommt. Aber das wurde ja schon vorher geschrieben. Diese Haushaltshilfe kann aber keine Pflege übernehmen.
Ja, ich bin in "Elternzeit". Ich habe meinen geplanten Wiedereinstieg um ein Jahr nach hinten schieben müssen, weil wir anders der Sache nicht Herr geworden wären. Eigentlich ist es ein Pflegejahr, und hat mit Elternzeit nicht mehr viel zu tun. Vor der Geburt der Kinder war ich diejenige, die einen Großteil des Einkommens erwirtschaftet habe, da ich einfach eher mit dem Studium fertig war. Ich habe immer, in meinem ganzen Leben, "die Arschbacken zusammengekniffen", ehrgeizig meine Ziele verfolgt und auch erreicht. ja...und dann kommt es eben doch anders, als man dachte.
und speziell zu lamaison2: Menschen wie dich gibt es leider sehr viele. Solche Menschen sind der Grund, warum man in so einer Situation verzweifelt, warum es so wenige Kinderkranktage gibt und keine Ausnahmeregelungen für Sonderfälle. Uns zu unterstellen, wir würden den Beruf als Lehrer nicht als vollwertig ansehen oder glauben, man müsse es mit der Anwesenheit nicht so ernst nehmen, ist einfach unterste Schublade. Ich wünsche keinem, in unserer Haut zu stecken, auch wenn ich oft dankbar bin dass es unsere Tochter nicht noch schlimmer erwischt hat! Ich hoffe deine Kinder leben diese Intoleranz gegenüber anderen Lebensumständen nicht weiter. Und es kann doch nicht wirklich dein Ernst sein, dass mein Mann in Teilzeit gehen soll ? Nach allem, was ich schon zur finanziellen Situation geschrieben habe. Natürlich ist Teilzeit keine Option! Aber ich erzähle hier dem Blinden etwas von Farben.....Wenn neben eigenen Erfahrungen auch die Emphatie fehlt, kann ich noch so viel schreiben, es macht ja doch keinen Sinn!
Jetzt endlich zu meinem Mann: die Tage sind in der gesamten Probezeit angefallen. Er hatte bereits die letzte Beurteilung hinter sich gebracht, wurde von seiner SL über den Klee gelobt, auch hinsichtlich seiner Belastbarkeit und seines Engagements. Danach kam der Bescheid zur Verlängerung. Er hat Kontakt zur Gewerkschaft aufgenommen und sich da bereits beraten lassen. Ob die Tage jetzt am Montag/ Freitag zustande kamen, kann ich nicht mehr sagen. Auf so etwas schaue ich nicht....das hat man vielleicht eher im Hinterkopf, wenn es ein vermeidbarer Umstand ist, weswegen man fehlt.
Und jetzt noch einmal ein großes Danke an (fast) alle, die mir hier geantwortet haben! Ich bin bereits mit meinem Mann alle Antworten durchgegangen und er hat sich einige gute Infos holen können.
Sorry für den sehr langen Text.