Ich bin in Hessen von einer IGS nach der 10. Klasse an ein Berufliches Gymnasium mit Schwerpunkt Wirtschaft gewechselt. Damals gab es noch kein Zentralabitur und kein G8. Das ist alles schon ein bisschen her, kann sich also durchaus geändert haben.
Wenn ich mir ansehe, was wir damals am BG gemacht haben, was Kollegen am BG machen und was ich jetzt am Gymnasium unterrichte, dann war und ist das Niveau am BG deutlich unter dem am Gymnasium. Vielleicht kennt jemand eine Statistik, ich meine nämlich auch, dass die Ergebnisse im Zentralabitur von BG Schülern schlechter sind, als die von "normalen" Abiturienten.
Dass das Niveau so niedrig war, lag daran, dass am BG Schüler aus allen möglichen Schulzweigen zusammen gekommen sind. Die waren dann nach dem Hauptschulabschluss auf der höheren Handelsschule und danach sind sie zum BG. Oder sie sind nach der Realschule gekommen, einige konnten auch nicht vernünftig Deutsch. Wir sind an der IGS sogar von unseren Lehrern gewarnt worden, nicht in die Oberstufen regulärer Gymnasien zu wechseln, weil wir da stofflich deutlich hinterhergehinkt sind.
Mehr Praxisphasen gibt es nicht. Wir hatten in den 3 Jahren BG keine Praktika mehr.
Dass der Unterricht anwendungsorientierter ist, würde ich nicht sagen. Der Unterricht am Gymnasium ist, zumindest so, wie ich ihn mache, auch nicht übertrieben theoretisch.
Der Reiz liegt sicher darin, dass man schon mal etwas zielgerichteteres macht, als am Gymnasium. Wenn man weiß, dass man sich für kaufmännische Berufe interessiert, egal ob Ausbildung oder Studium, dann ist es reizvoll, neben der allgemeinen Hochschulreife auch kaufmännische Kenntnisse zu erwerben. Mit dem, was ich am BG in Wirtschaftslehre und Rechnungswesen gelernt habe, konnte ich Nachhilfe für Büro- und Industriekaufleute geben, da die zumindest in diesen Bereichen nicht mehr gemacht haben. Dass BGs den Ruf haben, einfacher zu sein, kommt sicher noch hinzu.