Hallo miteinander,
ich bin in Baden-Württemberg aufgewachsen, unterrichte jetzt aber in Schleswig-Holstein. Aus meiner eigenen Schulzeit bin ich bei Klassenarbeiten Beurteilungen in Viertelnoten-Schritten gewöhnt (1; 1-; 1-2; 2+; 2 usw, entspricht 1,0; 1,25; 1,5; 1,75; 2,0 usw.). Hier in SH und sicher auch in vielen (?) weiteren Bundesländern sind Zwischennoten nicht erlaubt (vgl. ZVO SH) und es fällt mir schwer, hierfür in geringstem Maße Verständnis aufzubringen.
Noten werden ja nicht zum Spaß vergeben, vielmehr ist die Leistungsbewertung eine zentrale Aufgabe der Schule. Noten sollen Leistungsvergleiche ermöglichen, sollen motivieren, sollen der individuellen Leistungserziehung dienen. Im Grundschulbereich bewegen sich die Noten für den Großteil der Schülerschaft im Bereich von 1-3, ab und zu gibt's auch eine 4. Wie ein valider Leistungsvergleich möglich sein soll, solange signifikant unterschiedliche Leistungen mit ein und derselben Note bedacht werden, ist mir schleierhaft. An allen Ecken und Enden wird differenziert, dauernd werden Hefte und Arbeitsblätter eingesammelt und durchgesehen, Schülerinnen und Schüler stecken eine Menge Zeit in die Vorbereitung von Lernkontrollen und Klassenarbeiten und das, was wir am Ende übrig haben, ist entweder ein super (1), gut (2), mittelmäßig (3) oder das-kannst-du-aber-besser (4). Ich halte das für ziemlich faul und für völlig absurd, bei diesem Raster von individueller Leistungsrückmeldung zu sprechen.
Zwar sind angeblich Abstufungen erlaubt (z.B. "schwach ausreichend", das Gegenteil ist wohl "stark ausreichend"!?). In der ZVO finde ich dazu aber nichts. Völlig unklar ist, wie Abstufungen eingesetzt werden - eine bewährte Methode ist wohl die Vergabe nach Bauchgefühl - und wie diese Abstufungen in die spätere Notenfindung fürs Zeugnis einfließen (eine starke 2 kann wohl alles zwischen 1,5 und 1,9 sein).
OT: Auf die Spitze getrieben wird das Ganze noch von festen Notenquotienten, wie z.B. hier oder hier. Von Schule zu Schule also durchaus unterschiedlich, aber im Sinne absoluter Transparenz muss meine evtl. anspruchsvollere Klassenarbeit exakt nach dem gleichen Maßstab bewertet werden wie die Wischiwaschi-Aufgaben der Parallelklasse
Mir ist unbegreiflich, weshalb Zwischennoten unerwünscht sind, eine sinnvolle Begründung habe ich bisher noch nicht gehört. Der Mehraufwand tendiert gegen 0 (Notenrechner anschmeißen, max. Punkte eingeben, fertig). Bleibt nur die Vermutung, dass Grundschullehrkräften eine differenzierte Bewertung nicht zugetraut wird.
Mich würde sehr interessieren, wie die Notenvergabe in euren Bundesländern aussieht, ob das Modell BW oder SH überwiegt. Vielleicht kann mir jemand schlüssig erklären, warum auf Zwischennoten verzichtet werden sollte.
Vielen Dank.