Ganz herzlichen Dank für eure Antworten
Ich werde jetzt eher nicht auf jede einzelne Aussage ganz genau eingehen, greife mir aber einige mal heraus und will aber noch dazusagen, dass mir alle Antworten wirklich weitergeholfen haben und für die Selbstreflexion nicht unerheblichen Input boten.
Zitat von Krabappel
Ich wusste früh, was ich werden will, Praktika habe ich vorher keine gemacht. Ich wäre auch nicht auf die Idee gekommen, mehrere Lehrer, andere Bekannte und Unbekannte im Netz danach zu fragen.
Warum dir deine Lehrer abraten, weißt du nicht sicher, oder? "verschenktes Potential" wäre ein sehr trauriger Grund für einen, der selbst Lehrer geworden ist.
Vielleicht würde ich auch einer 17-Jährigen abraten, die mich und 50 andere zweifelnd fragt.
Wie wär's mit einem Jahr Au-pair und dann weitersehen?
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Für mich ist es eigentlich auch schon länger klar, DASS ich Lehramt studieren will, jedoch gab es eben in letzter Zeit Gründe, die mich in meiner Wahl eher bedenken ließen. Ich habe mir meinen Ausgangstext gerade noch einmal durchgelesen, du hast recht, es wirkt etwas zweifelnd, aber ich wollte eine möglichst objektive Meinung hören, die bei Personen, die mich gut kennen, eher nicht gegeben ist (die dafür natürlich andere Dinge und die persönliche Eignung besser beurteilen können)
Nein, das weiß ich leider nicht, es kann natürlich sein, dass das nur ein vorgeschobener Grund ist, jedoch könnte ich es mir bei einigen auch vorstellen, dass diese eher bereuen, sich für das Lehramt entschieden zu haben und nicht wollen, dass es ihren Schülern ähnlich ergeht (bzw. natürlich auch, dass der Grund wirklich nur der ist, dass sie meinen, dass ich "es wirklich zu was bringen könnte", aber das lasse ich mal außen vor).
Das Problem an Au-Pair/Work and Travel/etc. ist leider, dass ich eben erst mit 17 maturiere und man für all diese Sachen volljährig sein muss, weswegen auch meine Frage mit den Praktika und dem Alter diesbezüglich war.
Ich glaube deine Lehrer haben nicht ganz Unrecht mit der Vermutung dass du an deiner Erwartungshaltung an junge Menschen scheitern könntest weil du selbst so übermotiviert bist. Ich arbeite z B mit einer sehr pflegeleichten Schülerschaft, praktisch keine Disziplinarprobleme. Allerdings macht bei uns niemand freiwillig an einer Chemieolympiade oder sowas mit. Unsere Schüler haben zum Teil sehr lange Anfahrtswege, die sind am Abend einfach nur froh wenn sie zum Sport gehen können und ihre Ruhe haben.
Ich habe letzte Woche mit einer Abschlussklasse ein Quiz gemacht, da wusste die Hälfte nicht mal wie viele freie Elektronenpaare ein Wassermolekül hat. Denen ist das einfach vollkommen egal, die haben andere Prioritäten im Leben als Wassermoleküle. Bei uns in der Schweiz ist die Maturnote halt auch vollkommen unwichtig, Hauptsache bestanden.
Mit sowas musst du umgehen können auch wenn es einen hin und wieder nervt. Du bekommst Geld für den Job und zwar unabhängig vom Erfolg Vergiss in dem Zusammenhang auch ganz schnell dieses "ich kann toller erklären als ein gestandener Lehrer". Die Kinder finden dich gut weil du jung bist und es bei dir halt was anderes ist als beim Lehrer. Der Effekt nützt sich erschreckend schnell ab. Mich finden auch viele Schüler cool, die Noten sind deswegen aber nicht besser als bei den Kollegen und auch meine Schüler haben eben keine Ahnung von freien Elektronenpaaren bei Wassermolekülen.
Keine Sorge, ich bin mir natürlich bewusst, dass diese Übermotivation nicht generalisiert werden darf, damit bin ich auch an meiner Schule eine absolute Ausnahme. Und die Frage mit den freien Elektronenpaaren wäre bei uns wahrscheinlich noch schlechter ausgefallen, da Chemie das am meisten gehasste Fach der meisten Schüler ist und dass jene in vielleicht 10 Jahren, wenn ich mit der Uni fertig bin, nicht motivierter sein werden.
Dass der Fall in der Nachhilfe auf diesen Effekt zurückzuführen ist, ist mir denke ich auch klar gewesen, aber es erfreut einen dann doch, wenn man es zumindest schafft, es so zu erklären und dass in der Nachhilfe eine ganz andere Situation als im Unterricht vorzufinden ist, dem bin ich mir auch bewusst, aber wie gesagt hat es mich einfach gefreut.
Die Kombination Mathe/Chemie ist sehr erfolgsversprechend, was die Arbeitsplatzsituation betrifft (Chemielehrer gibt es fast gar nicht....). Aufgrund des neuen Lehrerdienstrechtes kann ich dir von einem Lehramtsstudium aber nur abraten: Ab dem Bacchalaureat mußt du eine volle Lehrverpflichtung (mit 24 Wochenstunden) erfüllen und gleichzeitig innerhalb von 6 oder 8 Semestern den Master machen. Finanziell wird es dann auch noch schlechter, als es ohnedies schon ist; die Betreuung erfolgt dann nur noch über "Mentoren", die fachfremd bis zu sechs Leute "betreuen" (das Unterrichtspraktikum wie bisher wird es dann nicht mehr geben). Also such dir lieber etwas anderes, oder warte, bis dieses neue Lehrerdienstrecht wieder geändert wird.
An sich finde ich es aber toll, daß du jetzt schon so genau weißt, was du machen willst. Lehrer zu sein ist eine sehr schöne Sache - das neue Lehrerdienstrecht kann es einem aber vergällen.
Ja, ich wäre natürlich gerne im alten Dienstrecht, aber das ist für mich halt leider keine Möglichkeit und ich glaube auch (auch wenn ich da vielleicht als Schülerin nicht immer das neueste weiß), dass das Dienstrecht in naher Zukunft nicht noch einmal geändert wird.
Okay, das mit den Mentoren wusste ich gar nicht, irgendwie konnte mir dazu noch niemand was Genaueres sagen bzw. findet man glaube ich dazu auch sonst nicht wirklich Informationen. Auch wenn das jetzt vielleicht eher wenig mit der generellen Entscheidung zu tun hat: Wie lange dauert diese Betreuungsphase denn eigentlich? Und ist es nicht möglich, den Master nicht berufsbegleitend zu absolvieren? Ich stelle es mir irgendwie ziemlich schwer vor, insbesondere in den ersten Dienstjahren, in denen die Unterrichtsvorbereitung wahrscheinlich noch am aufwändigsten ist (?), nebenbei noch zu studieren.
Aber ich werde mir das alles nochmal durch den Kopf gehen lassen, vielen Dank jedenfalls für die Antwort.
- deine Motivation, wieso du Lehrerin werden willst, kann ich zumindest zum Teil nachvollziehen, aber die Realität kann deutlich anders aussehen als die Nachhilfestunde, noch dazu in der behüteten Kleinstadt.
- Die Fächer, und auch spezifisch, was du an denen besonders interessant findest, klingt sehr nach Oberstufe oder sogar schon Uni-Stoff. Von daher kann ich auch zum Teil nachvollziehen, was deine Lehrer meinen könnten. Vermutlich würdest du sehr gerne nur Sek II unterrichten (tue ich zB größtenteils), das kann - je nach Fächerwahl - klappen, aber garantieren wird dir das niemand. Gerade nicht bei Mathe...
- Ich weiß nicht, wie die Chancen auf einen entsprechend "behüteten" Arbeitsplatz stehen - hier ist das, was am ehesten frei wird, natürlich Brennpunkt, weil da quasi keiner hin will...
Auf die drei Punkte möchte ich jetzt noch einmal besonders eingehen...
Ja, vor dem Realitätsschock habe ich, wenn ich ehrlich bin, ein wenig Angst. Einerseits will ich ziemlich sicher unterrichten, aber denke auch, dass ich in Hinsicht auf Schülermotivation, etc. eher realitätsfern bin (mir ist zwar bewusst, dass die Schule in meiner Kleinstadt sicher nicht repräsentativ ist, aber denke auch, dass ich mir dem Ausmaß an anderen Schulen nicht bewusst bin).
Mathe und BiU (und 1 Jahr Chemie) sind die Fächer, die auch in der Unterstufe (5.-8. Schulstufe) unterrichtet werden - Chemie wird zumindest bei uns hauptsächlich im naturwissenschaftlichen Zweig in der Oberstufe unterrichtet (9.-12. Schulstufe) und PsychoPhilo sogar nur in der 11. und 12. Schulstufe. Dadurch würde ich zwar mit Ch wahrscheinlich hauptsächlich in der Oberstufe eingesetzt werden, aber ich würde ehrlichgesagt auch gerne in der Unterstufe unterrichten (zumindest nach jetzigem Stand), weswegen ich z.B. nicht nur Chemie und PsychoPhilo wählen würde (wobei ich dann in PPP wsl. gar nicht eingesetzt werden würde)
Der dritte Punkt ist eigentlich auch der, der mich wie gesagt noch am ehesten zweifeln lässt, weil ich nicht weiß, ob ich an einer solchen Schule zurechtkommen würde und, wie ich glaube, auch keine Ahnung von der dortigen Realität habe.
Ich habe jetzt doch etwas mehr geschrieben, als ich zu Beginn eigentlich wollte, aber es war mir einfach wichtig zu manchen Punkten noch einmal Stellung zu nehmen. Prinzipiell möchte ich mich noch einmal bei allen, die geantwortet haben, bedanken, da die eher objektive Sichtweise und die gestellten Fragen mich auch zum Nachdenken gebracht haben.
Vielen Dank also nochmal und liebe Grüße