Sündenbock ist das richtige Stichwort. Es wird wohl aus Gründen der Psychohygiene immer jemand oder eine Gruppe gesucht, der man die Schuld für das eigene oder das gesellschaftliche Versagen geben kann.
Warum aber Lehrkräfte und keine andere Gruppe? Meiner Meinung nach gibt es dafür mehrere Gründe:
- Die Gruppe muss groß genug sein, um gesellschaftlich wahrnehmbar zu sein (ca. 800.000 Lehrkräfte)
- Jeder muss mit dieser Gruppe Erfahrungen gemacht haben (allgemeine Schulpflicht)
- Sie muss ideologisch von der Gesellschafts-Mehrheit in eine bestimmte Ecke gestellt werden können (Lehrer = "links, 68er-Ideologie", insbesondere, da sie alle "von Staatsgeldern leben")
- Sie muss wirtschaftlich eine Sonderrolle einnehmen, d.h. außerhalb des "kapitalistischen" Produktionsprozesses stehen (die Erziehung und Ausbildung von Heranwachsenden ist in unserem Wirtschaftssystem nur über die Kosten darstellbar; ein (noch) nicht Erwerbstätiger hat in diesem System keinen in Euro bezifferbaren "Wert")
- Die Gruppe muss leicht mit offensichtlichen/vermeintlichen Problemen in Zusammenhang gebracht werden können (Staatsfinanzen (Lehrer="überbezahlt"), mangelnde Ausbildungsfähgkeit / schlechte Erziehung vieler Jugendlicher (wer ist Schuld? Klar!), mangelnde Sprachkenntnisse vieler Zugewanderter (Deutsch lernt man doch in der Schule, oder?), Zunahme von Gewalt, Rechtsextremismus, Fettleibigkeit (Wo hat da wohl die Erziehung versagt? Genau!),...)
- Konnotation mit anderen von der Bevölkerungsmehrheit negativ besetzten Begriffen ("Beamte = Viel Geld für wenig Arbeit")
- Verhalten der Meinungsführer in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien (Stichworte: "Faule Säcke", "Ungeeignet", "Schlechteste Abiturienten werden Lehrer", "Lehrer jammern", ...)
- Und ganz wichtig: Das "Opfer"/der Sündenbock darf sich nicht wehren (können): Einerseits durch das Beamtengesetz (Streikverbot, kippt aber evt. dank EU), andererseits durch Einstellungen innerhalb der Lehrerschaft selbst ("Wenn wir uns wehren, leiden die Kinder. Die können doch nichts dafür"). Dazu kommt die Entwicklung hin zum durch die Ehepartner subventionierten Teilzeitjob (Stundenreduzierungen nehmen massiv zu), was das Interesse an Verbesserung der Arbeitsbedingungen /des gesellschaftlichen Ansehens reduziert.
Zitat
Original von TeslaMein Rat: Sollte sich irgendeine lukrative Gelegenheit ergeben, in der Wirtschaft oder der Wissenschaft einzusteigen, nutze diese. Lehrer kann man immer noch werden, gerade mit deinen Fächern.
Muss man leider heutzutage so sehen!
Gruß !