Tom123
Mir ist schon klar, dass Kinder Verbreiter/Anstecker sein können und das oftmals ohne es zu merken. Aber wir können doch jetzt nicht über Monate hinweg die Kinder einsperren. Sorry ich muss das jetzt mal einsperren nennen.
Ich habe selbst 3 Kinder. Die kommen gut mit der Situation klar und wir haben auch einen großen Garten. Aber trotzdem merke ich, dass geht nicht lange gut. Und ihc halte uns für eine relativ priviligierte Familie. Ich darf mit den Kindern ja nicht mal mehr einkaufen gehen. Die wollen jetzt nach 4 Wochen doch auch mal wieder Freunde sehen. Sicher geht jetzt nicht. Aber Schule hin oder her. Zu den Einschränkungen gehört ja auch noch mehr. Der ganze Freizeitbereich.
Auch wenn die Schulen wieder öffnen, wird der Infektionsschutz beachtet werden müssen. Da wird es dann 1,5 m Abstand geben, kein Treffen der Freunde auf dem Schulhof, eventuell Maskenpflicht. Und Freizeitbereich? Das wird ganz am Ende der Lockerungen stehen. D.h. zur Schule fahren, Abstand halten und Unterricht und direkt nach Hause.
In Nds. darfst du übrigens auch Freunde privat treffen. Halt keine Gruppen. Aber ich kenne viele Einzelkinder, die sich halt mit einem Freund noch zu Hause treffen. Kann ich verstehen und ist besser als mit XY Leuten in der Schule.
Natürlich gibt es Kinder mit problematischen Hintergrund. Kleine Wohnung. Schwierige Verhältnisse. Ja, um die müssen wir uns kümmern. Aber dafür brauchen wir nicht alle wieder zur Schule schicken. (Und vor Corona hätte man sich auch schon besser um sie kümmern müssen).
Die Testkapazitäten konnten doch in den letzten Wochen schon massiv ausgebaut werde, auch in der Behandlung wurden schon viele, viele Fortschritte gemacht. (was ja zum Teil auch an den geringen Todeszahlen in Dtl sehen kann.)
Und im Bezug auf die Überlastung der Krankenhäuser. Hier wurden Schwestern und Ärzte (mein Onkel) schon nach Hause geschickt, weil alles herunter gefahren wurde.
In unserem Kreis gibt es 90(!) Infizierte auf 100.000 Einwohner. Darunter 4 in Behandlung.
Die sogenannte Verdopplungszahl liegt in Thüringen bei 15 Tagen.
Wir sind noch weit von dem entfernt, was wir bräuchten. Guck dir mal die Empfehlungen der Leopoldina genau an. Ja, sie wollen die Schulen öffnen, wenn ... u.a. genug Testkapazitäten vorhanden sind. Auch gibt es doch schon genug Berichte, dass Labors nicht testen können, weil Materialien fehlen. Bei uns wird übrigens nur getestet bei schweren Verläufen oder wenn du systemrelevant bist. Dazu besondere Härtefälle. Wenn dein Kind zum Beispiel Krebs hat. Alle anderen werden mit der Auflage 14 Tage Quarantäne nach Hause geschickt. Alles, weil noch nicht genug Testkapazitäten zur Verfügung stehen. Auch Antikörpertest werden gerade erst verfügbar. Nach der Empfehlung müssten wir alle potentiell Infizierte testen, damit wir wissen, wen wir isolieren müssen.
Über Fortschritte in der Behandlung weiß nicht. (Außer Remdesivir für alternativlose Fälle). Vielleicht kannst du uns da ein paar Quellen nennen?
Die niedrigen deutschen Zahlen liegen nicht an irgendwelchen neuen Behandlungsmethoden. Dann würden andere Länder, die ja auch nutzen. Es gibt imho vor allen vier Gründe:
a) Im Vergleich zu manchen Ländern testen wir relativ viel. Daher ist bei uns die Dunkelziffer niedriger. Wenn wir 2000 Tote haben aber 200.000 Fälle gefunden haben ist Quote besser als wenn wir nur 100.000 Fälle bestätigt haben. Trotzdem ist das Virus in beiden Fällen gleich tödlich.
b) Es haben sich bei uns anfänglich vor allem junge aktive Menschen, die oft aus dem Skiurlaub wiedergekommen sind, angesteckt. Diese haben wiederum ihre Freunde und Bekannten angesteckt, die auch eher jung waren. Entsprechend hatten wir lange eine sehr gute Letalität. Jetzt erwischt es auch die Älteren. Gleichzeitig steigt die Dunkelziffer. Also steigt die Quoute.
c) Wir haben grundsätzlich ein sehr gutes Gesundheitssystem. Es steh auch ärmeren kostenlos zur Verfügung.
d) Das wichtigste Argument ist aus meiner Sicht, dass wir bisher keine Überlastung des Systems hatten. Jetzt gibt es immer das tolle Argument, der Kurzarbeit im Gesundheitssektor. Das liegt aber daran, dass man Kapazitäten auf Reserve frei halten möchte. Wir haben auch genug Krankenhäuser an der Kapazitätsgrenze. Und wir sind immer noch weit davon entfernt genügend Schutzkleidung zur Verfügung zu stellen. Und das auch in D schnell zu Problemen kommen kann, sehen wir gerade in Potsdam oder in Hamburg. Du darfst auch nicht vergessen, dass ein Covid-Internsivpatient im Schnitt 14 Tage auf der Stadtion bleibt. Selbst wenn wir jetzt 8000 freie Plätze haben, reichen die im Falle einer erneuten exponentiellen Steigerung nur kurz.
Und was passiert, wenn die Krankenhäuser überlastet sind, sehen wir in Mailand.
Grundsätzlich bin ich bei dir, dass wir dort wieder öffnen können, wo die Zahlen gut sind. Wir sollten aber auch nicht vergessen, wie die jetzigen Hotspots durch einzelne Veranstaltungen entstanden sind. Da reicht ein Infizierter. Daher müssen wir auch beim Öffnen versuchen sehr vorsichtig vorzugehen.
Ich finde nicht, dass du egoistisch bist. Ich finde nur, dass du ein wenig naiv an die Sache gehst. Man sieht halt nicht, was gerade passiert. Man guckt raus und sagt alles ist gut. Aber zu frühe Öffnungen könnten viele Menschenleben kosten und auch wirtschaftlich eine Katastrophe sein. Wir haben nichts gewonnen, wenn es irgendwann eine neue Welle gibt.