Ach komm, hier geht es nicht ums Englische! Und ob dir das nun als "untypisches Verständnis" erscheint oder nicht oder ob ich "absichtlich etwas missverstehe", ist mir recht egal. Ich kann hier ja nur meine persönliche Sichtweise darstellen und die ist eben so und nicht anders. Punkt.
Das Englische mit der von Grund auf geschlechtsneutralen Form friends verdeutlicht ziemlich klar, dass es hier zwischen den drei verschiedenen Vorkommen (männlich/weiblich/gemischt) klare Unterschiede im Gebrauch gibt. Das ist im Deutschen gleich. Deine Interpretationsweise deckt sich einfach nicht mit dem üblichen Gebrauch, mit dem man zwangsweise im Leben zu tun hat. Deswegen ist es schlicht ungewöhnlich und es stellt sich die Frage, woher es stammt.
Ich könnte diesem Sprachgehabe generell mehr abgewinnen, wenn ich im realen Leben feststellen würde, dass es zu Nachfragen oder Verwechslungen zwischen generischem und spezifisch männlichem Gebrauch käme. Das ist aber einfach in keinster Weise auffällig. Die paar häufig zitierten Studien sind sehr weit weg vom normalen Sprachgebrauch. Die psychologische Forschung steckt ja generell in der Replikationskrise, weswegen solche Ergebnisse sowieso mit Vorsicht zu genießen sind. Da bin ich also auf die Alltagserfahrung zurückgeworfen.
Ich stelle vielmehr fest, dass auch Frauen sich und andere Frauen ständig mit der Grundform bezeichnen. Zwei Beispiele dazu:
(1) In einer Klasse mit zwei Frauen als KL spricht die Englischlehrerin mal von Klassenlehrern oder Klassenlehrerinnen, wenn es um die beiden geht. Die Schüler korrigieren sie nicht einmal, wenn sie Klassenlehrer sagt.
(2) Eine Kollegin zu Klassenfahrten: "Ich möchte mir nicht mit einer Kollegin das Zimmer teilen. Auch wenn ich die anderen mag; es sind und bleiben immer noch Kollegen!" [Sie kann hiermit nur Frauen meinen, denn alles andere gibt der Kontext nicht her.]
Wenn also die sprachliche Zugewinn gen Null geht, muss man sich fragen, warum es bei manchen trotzdem so einen Anklang findet. Da ist für mich schon klar, dass es dazu dienen kann, politische (linke) Gesinnung zu kommunizieren (sogar innerhalb der einzelnen Formen: Doppelnennung/Binnen-I vs Sonderzeichen), sich gegen möglich Angriffe zu schützen, Tugendsignalisierung, klassisches Mitläufertum usw.