Hallo an alle.
nehmen wir an, dass in einem beliebigen Bundesland eines Tages die erste schwarz-blaue Landesregierung an die Macht kommt.
Was würdet Ihr dann tun?
Würdet Ihr Euch weiter von einer zum Teil rechtsextrem regierten Land weiter alimentieren lassen?
Würdet Ihr um Entlassung aus dem Dienst bitten?
Würdet Ihr auswandern?
Ich frage deshalb, weil es mich interessieren würde, ob der Beamtenapparat immer noch so handeln würde wie vor 90 Jahren, oder ob man bei gleichzeitiger Ungewissheit ob der künftigen Lebensbedingungen die entsprechenden Konsequenzen ziehen würde. Würden wir durch unser Handeln eine ganz andere Antwort auf die Frage unserer SchülerInnen geben, wieso man ein solches System unterstützen konnte, oder würden wir wie selbstverständlich im Unterricht Wasser predigen und privat Wein trinken?
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Ich habe ja auch größere Bauchschmerzen mit der AfD als Partei, aber ich halte diese Doomsday-Phantasien ehrlich für übertrieben. Erstens ist nicht jeder AfD-Landesverband so wie in Thüringen oder Sachsen. Es gilt also auch zu differenzieren. Zweitens haben wir nicht 1933. Im Podcast Vorpolitisch habe ich ein interessantes Interview mit Philipp Hübl gehört, der sich auch zur AfD geäußert hat. Er berichtete von dem rhetorischen Gepolter, das man noch so vor 30 Jahren aus der CDU gehört hat. Das würde man laut Hübl in dieser Qualität nicht einmal heute in der AfD hören.
Man muss sich auch einfach mal vor Augen führen, dass Alice Weidel als verheiratete Lesbe Teil einer männlich-weiblichen Doppelspitze ist. Vor 30 Jahren wäre das nicht einmal in der SPD vorstellbar gewesen! In Gesprächen mit Freunden und Bekannten kann man gerne mal die Frage stellen, wie lange es die Ehe für alle denn gibt. Offiziell eingeführt wurde sie im Juni 2017, also gerade einmal vor 6 Jahren. Die meisten sagen mir, dass es das schon viel länger gäbe. Gut, es gab diese eingetragene Lebenspartnerschaft, aber rechtlich war es nicht das gleiche - nämlich gleiche Pflichten aber keine gleichen Rechte.
Ich finde den Fokus auf die AfD als einzige Gefährdung für reichlich einseitig, denn es wird von allerhand Seiten versucht, die Demokratie zu untergraben. Ich kann das lediglich in jedem Bereich anreißen:
Die letzten Einschränkungen der Grundrechte sind nicht allzu lang her (Corona) und sie wurden von der politischen Mitte getragen. Einiges davon wurde von Gerichten kassiert und einiges war schlicht überzogen, wie wir heute klar wissen. Ein Blick in die Facebook Files, Twitter Files, den Prozess gegen Fauci (USA) und die Lockdown Files (UK) haben gezeigt, wie Regierungen das Internet zensiert oder sanft zensiert haben, damit sie ihren Stiefel durchziehen konnten. Das viel gescholtene Schweden, weil ja viel zu freiheitlich und liberal, steht in den Statistiken genau so da wie wir, eher besser. In Deutschland verweigert sich die Politik weitgehend einer ehrlichen Aufarbeitung dieser Zeit. Brandenburg ist das einzige Bundesland, wo es einen Untersuchungssausschuss gibt.
Schaue ich zur identitätspolitischen oder grünen Linken wird mehr sowieso schlecht. Da habe ich das Gefühl, dass man nur noch freidreht. Da herrscht ja schon wortwörtlich Weltuntergangsstimmung, obwohl sich der Chef des Weltklimarats von Untergangsszenarien dieser Art distanziert. Im Ausland gilt die deutsche Energiewende als krachend gescheitert und als abschreckendes Vorbild (teuerster Strompreis beim zweitdreckigsten Energiemix in der EU), das Wallstreet Journal bezeichnet unsere Energiepolitik als die dümmste der Welt und im britischen Economist werden wir als der kranke Mann Europas gehandelt. Das beeindruckt die hiesigen Grünen und Sozen Null Komma Null. Es wird strikt am eingeschlagenen Kurs und der Rhetorik festgehalten. Auch wer sachlich Einwände hat, fängt sich in Null Komma Nichts das Label "Klimaleugner" ein.
Beim Thema Migration ist es leider auch ein Trauerspiel, was die Realitätsverweigerung angeht. Ich frage mich immer, ob so eine Katrin Göring-Eckhart oder Claudia Roth irgendeine Ahnung haben, welche Einstellungen der Durchschnittsmigrant so hat. Sowohl schulisch als auch in der Beratung habe ich mit einigen zu tun. Ein grünes Welt- und Familienbild ist denen reichlich fern. Wer in diesem Bereich schlichte statistische Evidenzen wiedergibt, handelt sich garantiert einen Rassismusvorwurf ein. Bei Christian Lindners Rede im Bundestag zur Kindergrundsicherung mit den entsprechenden Statistiken wurde das wieder eindrucksvoll bewiesen. Die Täterdaten bei Angriffen auf Schwule, Lesben und Transmenschen sprechen leider eine eindeutige Sprache. Es ist mir schon öfter aufgefallen, dass die Frage der Täterschaft einfach verweigert wird. Die Erkenntnis wäre zu unbequem, da hier zwei Minderheiten offenkundig nicht so gut miteinander können oder widerstrebende Interessen haben - ein Szenario, das linke Identitätspolitik konzeptionell schlicht nicht vorsieht. Wer jedoch nicht einmal die Probleme benennen kann, findet auch keine Strategien im Umgang damit. Daran krankt es derzeit leider überall.
Zusammengefasst: Ja, die AfD bereitet mir Sorgen, aber da ist sie bei weitem nicht alleine! Sie sägen schlicht an einem anderen Stuhlbein.